Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
hat mehr Mut bewiesen als die meisten.«
Mitten in dieses Gespräch kam Sam mit seinem Ohm hereingeplatzt. Der alte Gamdschie sah nicht viel älter aus, war aber noch schwerhöriger geworden.
»Guten Abend, Herr Beutlin!«, sagte er. »Freut mich wirklich, dich wohlbehalten wiederzusehn. Aber ich hab ein Hühnchen mit dir zu rupfen, wenn ich mal so sagen darf. Du hättest Beutelsend niemals verkaufen dürfen – hab ich doch schon immer gesagt. Damit hat das ganze Malheur angefangen. Und während ihr in fremden Gegenden herumtrampoliert seid und hinter schwarzen Männern her über die Berge gejagt, nach allem, was ich von meinem Sam gehört hab – aber wozu das Ganze, hat er nicht gesagt –, da haben die hier den Beutelhaldenweg umgegraben und meine Knullen kaputtgemacht!«
»Das tut mir sehr leid, Herr Gamdschie«, sagte Frodo. »Aber nun bin ich wieder da und will sehen, ob es sich wiedergutmachen lässt.«
»Na, wenn das nicht mal ein anständiges Angebot ist«, sagte der Ohm. »›Ein richtig vornehmer Hobbit ist der Herr Frodo Beutlin‹, hab ich immer gesagt, egal, was man von manchen andern, nimm’s mir nicht übel, aus der Familie auch denken mag. Und ich kann nur hoffen, mein Sam hat sich auch anständig benommen, und du bist mit ihm zufrieden?«
»Vollkommen zufrieden, Herr Gamdschie«, sagte Frodo. »Ja, wenn du mir das glauben kannst, er ist nun sogar eine der berühmtesten Persönlichkeiten in aller Welt, und über seine Taten werden schon Lieder gesungen, von hier bis zu den Meeresküsten und bis über den Großen Strom.« Sam errötete, aber mit einem dankbaren Blick zu Frodo hin, denn Rosie Hüttinger hatte leuchtende Augen bekommen und lächelte ihn an.
»Na, und das soll man alles glauben?«, sagte der Ohm. »Aber so viel seh ich, dass er in komische Gesellschaft geraten sein muss. Was ist denn aus seinem Wams geworden? Ich meine, muss man denn ein Hemd vom Klempner am Leib tragen, ob’s nun praktisch ist oder nicht?«
Früh am nächsten Morgen war Bauer Hüttinger mit seiner ganzen Familie und seinen Gästen wieder auf den Beinen. In der Nacht hatte man nichts gehört, aber sicherlich würde es noch heiß hergehen, ehe der Tag um war. »Scheint so, als ob von den Strolchen keiner mehr oben in Beutelsend ist«, sagte Hüttinger; »aber die Bande aus Wegscheid könnte nun jeden Augenblick da sein.«
Nach dem Frühstück kam ein reitender Bote aus dem Tukland. Er war in Hochstimmung. »Der Thain hat unser ganzes Land zu den Waffen gerufen«, sagte er, »und die Nachricht geht herum wie ein Lauffeuer. Die Menschen, die unsere Grenzen bewacht haben,flüchten nach Süden, soweit sie lebendig entkommen sind. Der Thain setzt ihnen nach, um die große Bande dort unten festzuhalten, aber Herrn Peregrin hat er mit allen Leuten, die er entbehren kann, hierher geschickt.«
Die nächste Meldung war nicht so gut. Merry, der die ganze Nacht draußen unterwegs gewesen war, kam gegen zehn Uhr zurückgeritten. »Ein großer Haufen ist im Anmarsch, etwa vier Meilen von hier«, sagte er. »Sie kommen auf der Straße von Wegscheid, und allerlei Herumstreuner haben sich ihnen angeschlossen. Sie müssen fast hundert Mann sein. Unterwegs legen sie Brände. Verfluchtes Pack!«
»Aha, die werden also nicht lange reden, sondern gleich dreinschlagen und töten, wen sie nur kriegen«, sagte Bauer Hüttinger. »Wenn die Tuks nicht vorher kommen, gehn wir am besten in Deckung und schießen, ohne erst zu verhandeln. Ganz ohne Kampf wird es nicht abgehn, Herr Frodo.«
Aber die Tuks kamen vorher. Bald darauf marschierten sie heran, Pippin an der Spitze von hundert Hobbits aus Tuckbergen und den Grünbergen. Merry hatten nun genug wehrhafte Hobbits, um mit den Strolchen fertig zu werden. Kundschafter meldeten, dass die Feinde sich dicht beisammenhielten. Sie wussten, dass das ganze Land sich gegen sie empörte, und gedachten offenbar, den Aufstand an seinem Herd in Wasserau rücksichtslos niederzuschlagen. Aber so wüste Burschen sie auch sein mochten, einen Führer, der wusste, was Krieg ist, hatten sie anscheinend nicht. Sie marschierten ohne irgendwelche Vorsichtsmaßnahmen heran. Merry hatte seinen Plan schnell fertig.
Die Strolche kamen auf der Oststraße und bogen, ohne anzuhalten, in die Wasserauer Straße ein, die hier ein Stück zwischen steilen, oben mit niedrigen Hecken bestandenen Böschungen bergauf führte. Hinter einer Biegung, etwa eine Achtelmeile hinter der Hauptstraße, stießen sie auf eine feste
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