Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Rohirrim wurden besiegt, ihr Land überrannt; und alle, die nicht getötet oder versklavt wurden, flüchteten in die Gebirgstäler. Helm wurde mit großen Verlusten von den Isenfurten vertrieben und zog sich in die Hornburg und die dahinterliegende Schlucht zurück (die später Helms Klamm genannt wurde). Dort wurde er belagert. Wulf nahm Edoras ein, ließ sich in Meduseld nieder und rief sich zum König aus. Helms Sohn Haleth fiel dort als Letzter von allen bei der Verteidigung der Türen.
Bald darauf setzte der Lange Winter ein, und Rohan lag fast fünf Monate lang unter Schnee (von November bis März 2758/59). DieRohirrim, aber auch ihre Feinde, litten schwer unter der Kälte und der Hungersnot, die noch länger anhielt. In Helms Klamm hungerten sie schon seit Jul; und aus Verzweiflung unternahm Háma, Helms jüngerer Sohn, gegen den Rat seines Vaters einen Ausfall, um Nahrung zu erbeuten, doch er und seine Männer gingen im Schnee zugrunde. Helm wurde hager und grausam vor Hunger und Schmerz; und allein die Furcht vor ihm war bei der Veteidigung der Burg viele Männer wert. Ganz allein ging er bisweilen hinaus, in weißer Kleidung, schlich sich wie ein Schneetroll ins Lager der Feinde und tötete so manchen mit bloßen Händen. Man glaubte, keine Waffe könne ihn verwunden, wenn er selbst keine Waffe trug. Die Dunländer sagten, wenn er keine andere Nahrung finde, fresse er Menschen: eine Geschichte, die sich in Dunland lange hielt. Er hatte ein großes Horn, und bald wurde bemerkt, dass er vor seinen Ausfällen laut hineinstieß, sodass es aus der Klamm widerhallte; und die Feinde packte dann eine solche Furcht, dass sie ins Tal hinabflohen, statt sich zu sammeln und ihn zu greifen oder zu töten.
Eines Nachts hörten ihn die Menschen in der Klamm sein Horn blasen, aber Helm kehrte nicht wieder. Am Morgen brach ein Sonnenstrahl durch die Wolken, der erste seit vielen Tagen; und dann sahen sie eine weiße Gestalt reglos auf dem Damm stehen, ganz allein, denn kein Dunländer wagte sich heran. Da stand Helm, steifgefroren, aber ungebeugt in den Knien. Doch sagte man, das Horn sei noch immer bisweilen in der Klamm zu hören, und Helms Geist gehe dann unter Rohans Feinden um und töte Männer durch den Schrecken.
Bald darauf ließ der Winter nach. Dann kam Fréaláf, Helms Neffe, der Sohn seiner Schwester Hild, von Dunharg herab, wohin sich viele geflüchtet hatten; und mit einem kleinen Trupp verwegener Männer überraschte er Wulf in Meduseld, erschlug ihn und gewann Edoras zurück. Dann gab es große Überschwemmungen nach der Schneeschmelze, und das Tal der Entwasser wurde zu einem riesigen Sumpf. Die Eindringlinge aus dem Osten versanken darin oder zogen sich zurück; und endlich kam auch Hilfe aus Gondorüber die Straßen nördlich und südlich des Gebirges. Bevor das Jahr (2759) zu Ende ging, waren die Dunländer vertrieben, sogar aus Isengard, und Fréaláf wurde König.
Helm holte man von der Hornburg und bestattete ihn im neunten Grabhügel bei Edoras. Stets wuchsen dann die weißen Simbelmyne dort am dichtesten, sodass der Hügel wie schneebedeckt zu sein schien. Als Fréaláf gestorben war, wurde sein Grabhügel der erste einer neuen Reihe.«
Der Krieg und die Hungersnot, der Verlust von Vieh und Pferden hatten die Rohirrim bedenklich geschwächt; und es war ein Glück, dass nun viele Jahre folgten, in denen keine größere Gefahr sie heimsuchte, denn erst zur Zeit König Folcwines hatten sie ihre frühere Stärke wiedererlangt.
Zu Fréaláfs Krönung kam Saruman mit Geschenken und Lobsprüchen über die Tapferkeit der Rohirrim. Allen war er ein willkommener Gast. Bald darauf nahm er seinen Wohnsitz in Isengard. Dazu hatte ihm Beren die Erlaubnis gewährt, Gondors Statthalter, denn noch immer betrachtete Gondor die Festung als Teil seines Reiches und nicht von Rohan. Beren gab Saruman auch die Schlüssel des Orthanc in Verwahrung. Kein Feind hatte diesen Turm je zu beschädigen oder zu erstürmen vermocht.
Auf diese Weise begann Saruman als ein Fürst der Menschen aufzutreten; denn zuerst hatte er Isengard nur als Lehnsmann des Statthalters und als Verwalter des Turms inne. Aber Fréaláf war es ebenso recht wie Beren, Isengard in der Hand eines mächtigen Freundes zu wissen. Als Freund betrug Saruman sich lange Zeit, und vielleicht war er zu Anfang aufrichtig. Später allerdings bestand kaum mehr ein Zweifel, dass er sich in der Hoffnung dort niedergelassen hatte, den Orthanc-Stein noch
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