Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Westen; aber es dauerte drei Jahre, bis die Zwerge ihr Heer beisammen hatten. Von Durins Volk kamen alle Waffenfähigen, und auch aus den Häusern der anderen Zwergenväter wurden ihnen große Scharen zu Hilfe geschickt; denn die Schmach, die man dem Erben ihres ältesten Urahns zugefügt hatte, erfüllte sie alle mit Zorn. Als alles bereit war, griffen sie alle Orkfestungen an, die sie fanden, eine nach der andern, von Gundabad bis zum Schwertel, stürmten und zerstörten sie. Beide Seiten kannten kein Erbarmen,und es gab Gemetzel und Gräueltaten im Dunkeln und am helllichten Tage. Die Zwerge aber siegten dank ihrer Körperkraft, ihrer unvergleichlichen Waffen und ihrer glühenden Wut, denn in jeder Höhle unter dem Gebirge suchten sie nach Azog.
Zuletzt hatten sich alle Orks, die vor ihnen geflüchtet waren, in Moria gesammelt, und das Zwergenheer, das sie verfolgte, drang ins Azanulbizar ein, das große Tal zwischen den Gebirgszügen um den See Kheled-zâram, das einst zum Königreich von Khazad-dûm gehört hatte. Als die Zwerge das Tor zu ihren alten Palästen am Berghang vor sich sahen, stießen sie einen lauten Kampfruf aus, der wie Donner durchs Tal hallte. Aber auf den Hängen über ihnen war ein großes Heer der Feinde aufgestellt, und Massen von Orks, die Azog für den äußersten Notfall in Reserve gehalten hatte, strömten zum Tor heraus.
Zuerst sah es für die Zwerge nicht gut aus, denn es war ein trüber Wintertag ohne Sonne, und die Orks wichen und wankten nicht; sie waren in der Überzahl und hatten das höhere Gelände inne. So begann die Schlacht von Azanulbizar (oder Nanduhirion in der Elbensprache), bei deren Andenken den Orks noch heute kalte Schauer und den Zwergen die Tränen kommen. Der erste Ansturm der Vorhut, mit Thráin an der Spitze, wurde mit Verlusten zurückgeschlagen, und Thráin wurde in einen Wald von hohen Bäumen gedrängt, die damals noch unweit des Kheled-zâram standen. Dort fielen sein Sohn Frerin, sein Vetter Fundin und viele andere; und sowohl Thráin wie Thorin 42 wurden verwundet. An den anderen Stellen wogte die Schlacht blutig hin und her, bis endlich die Zwerge von den Eisenbergen die Wende brachten. Náin, Grórs Sohn, kam etwas später und führte seine gepanzerten Krieger frisch ins Feld. Mit ihren Breitäxten alles niederhauend, was ihnen im Weg stand,brüllten sie »Azog! Azog!« und bahnten sich den Weg bis an die Schwelle von Moria.
Dann stand Náin vor dem Tor und rief laut: »Azog, komm heraus, wenn du da drin bist! Oder ist dir unser Spiel hier im Tal zu rauhbeinig?«
Und Azog kam heraus, ein großer Ork mit dickem, eisenbehelmtem Kopf, stark und wendig zugleich. Mit ihm kamen viele seinesgleichen, die Krieger seiner Leibwache; und als sie Náins Leute angingen, wandte er sich zu Náin hin und sagte:
»Was? Noch ein Bettler vor meiner Tür? Muss ich dich auch brandmarken?« Damit ging er auf Náin los, und sie fochten. Náin aber war halb blind vor Wut und sehr müde vom Kampf obendrein, Azog dagegen frisch, mordlustig und voll kalter Tücke. Bald führte Náin, die letzte Kraft zusammennehmend, einen gewaltigen Hieb, doch Azog sprang beiseite und trat ihn gegen das Bein, sodass er vorwärtsstolperte und seine Axt auf dem Stein zersplitterte, wo Azog eben noch gestanden hatte. Dann traf Azog mit einem raschen Streich seinen Hals. Náins Halsberge widerstand der Klinge, doch die Wucht des Schlages brach ihm das Genick, und er stürzte zu Boden.
Da lachte Azog, hob den Kopf und wollte einen lauten Triumphschrei loslassen, doch der blieb ihm im Halse stecken. Denn nun sah er überall im Tal die Seinen in wilder Flucht, während die Zwerge, die das ganze Feld beherrschten, sie ungehindert niedermachten. Alle, die ihnen entkommen konnten, rannten schreiend nach Süden. Ganz in der Nähe lagen alle seine Leibwächter tot am Boden. Azog machte kehrtum und flüchtete die Treppe zum Tor hinauf.
Ihm nach setzte ein Zwerg mit einer roten Axt. Es war Dáin Eisenfuß, Náins Sohn. Auf der letzten Stufe vor der Tür holte er ihn ein und hieb ihm den Kopf ab. Das galt als Heldentat, denn für einen Zwerg war Dáin zu der Zeit noch ein Grünschnabel. Doch ein langes Leben und viele Schlachten standen ihm noch bevor, bis er alt, aber ungebeugt im Ringkrieg den Tod fand. Als er aber vom Tor herabkam, erzählt man, da war er trotz aller Kühnheit und allemKampfesmut grau im Gesicht wie einer, dem ein großer Schrecken begegnet ist.
Als die Schlacht gewonnen war,
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