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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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Weidenwinde,
    Denn das Jahr ist alt; so spät wär ich nicht gekommen
    Bis zum Windelpfad hinab, eh’ des Stromes Tochter,
    Kehrt der Frühling erst zurück, froh hinuntertänzelt,
    Um im silberhellen Fluss voller Lust zu baden.
    Er verstummte wieder, doch Frodo konnte nicht umhin, noch eine Frage zu stellen, die er vor allem beantwortet wissen wollte: »Erzähle uns von dem Weidenmann, Meister! Wer oder was ist er? Noch nie hab ich von ihm gehört.«
    »Nein, sag davon nichts!«, sagten Merry und Pippin zugleich, die beide mit einem Mal aufrecht dasaßen. »Nicht jetzt! Nicht vor morgen früh!«
    »Recht habt ihr!«, sagte der Alte. »Jetzt ist es Zeit zu ruhen. Manches ist nicht gut anzuhören, wenn die Welt im Schatten liegt. Schlaft bis zum Morgen, ruhet in Frieden! Achtet keiner nächtlichen Laute! Keine Angst vor der grauen Weide!« Und mit diesen Worten löschte er die Lampe, nahm eine Kerze in jede Hand und führte sie zu ihrem Schlafzimmer.
    Ihre Matratzen und Kissen waren flaumweich und die Decken von weißer Wolle. Kaum hatten sie sich hingelegt und die Laken über sich gezogen, schliefen sie auch schon.
    Mitten in der Nacht lag Frodo in einem lichtlosen Traum. Dann sah er den jungen Mond aufgehen. In seinem dünnen Schein ragte eine schwarze Felswand vor ihm auf; und darin war eine dunkle Öffnung, wie ein großer Torbogen. Ihm war, als werde er emporgehoben, und als er darüber aufstieg, sah er, dass die Felswand Teil eines Kreises von Bergen war, und dazwischen lag eine Ebene, und inmitten der Ebene ragte eine steinerne Zinne auf, wie ein riesiger Turm, doch nicht von Händen erbaut. Auf der Spitze des Turms sah er die Gestalt eines Menschen. Der Mond schien für einen Augenblick über seinem Kopf zu hängen und schimmerte in seinem weißen Haar, als der Wind es bewegte. Von der dunklen Ebene herauf drang wüstes Gebrüll und das Geheul vieler Wölfe. Plötzlich strich ein großer schwingenförmiger Schatten über den Mond. Der Mann hob die Arme, und von einem Stab, den er in der Hand hielt, blitzte ein Licht auf. Ein mächtiger Adler stieß herab und trug ihn davon. Das Gebrüll von unten wurde kläglich; die Wölfe winselten. Ein Rauschen wie von einem Sturmwind erhob sich, und mit ihm kam das Donnern von Hufen, die im Galopp, im Galopp, im Galopp von Osten heransprengten. »Schwarze Reiter!«, dachte Frodo im Erwachen, während das Trommeln der Hufe in seinem Kopf noch nachhallte. Er war sich nicht sicher, ob er je den Mut finden würde, die Sicherheit zwischen diesen steinernen vier Wänden wieder zu verlassen. Regungslos lag er da und horchte noch immer; doch nun war alles still, und schließlich drehte er sich auf die andere Seite herum und schlief wieder ein oder verlief sich in einen anderen Traum, der ihm nicht in Erinnerung blieb.
    Pippin neben ihm hatte angenehme Träume; aber dann kam etwas anderes dazwischen, und er drehte sich herum und stöhnte. Mit einem Mal wachte er auf oder glaubte, schon wach gewesen zu sein und im Dunkeln immer dasselbe Geräusch gehört zu haben, das seinen Traum gestört hatte: ein Tipp-tapp-quiek, wie wenn Äste sich im Wind aneinander reiben oder an Mauern und Fenstern scharren: krrrtsch, krrrtsch, krrrtsch! Er fragte sich, ob wohl Weiden am Haus stünden, und plötzlich hatte er das entsetzliche Gefühl, überhauptnicht in einem gewöhnlichen Haus zu sein, sondern im Innern der Weide, und jene grässliche, trocken knarrende Stimme zu hören, wie sie ihn verhöhnte. Er setzte sich auf, spürte die weichen Kissen unter seinen Händen nachgeben und streckte sich erleichtert wieder aus. Ihm schien, er habe noch den Nachhall der Worte im Ohr: »Habt keine Furcht! Ruhet in Frieden bis zum Morgen! Achtet keiner nächtlichen Laute!« Dann fiel er wieder in Schlaf.
    Was in Merrys ruhigen Schlaf einbrach, war das Geräusch von Wasser: Wasser rieselte leise herab und breitete sich aus, weiter und weiter, zu einem dunklen, uferlosen Teich rings ums ganze Haus. Es gluckste schon hinter den Wänden und stieg langsam, aber sicher an. »Ich werde ertrinken«, dachte er. »Es wird eindringen, und dann ertrinke ich.« Er glaubte, in einem weichen, schleimigen Morast zu liegen, doch als er aufsprang, spürte er die Kante einer harten, kalten Steinfliese unter seinem Fuß. Da wusste er, wo er war, und legte sich wieder hin. Er glaubte zu hören oder erinnerte sich, gehört zu haben: »Nichts dringt hier zur Tür und zum Fenster herein als das Licht von Mond und Sternen und der

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