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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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benutzen. Denn in weiten Abständen waren an dieser Straße Brunnen gebaut worden für die Versorgung von Heeren, die in Eile durch diese wasserlosen Gebiete geschickt wurden. In einem fand Sam noch etwas Wasser, es war schal, von den Orks verschmutzt, aber ausreichend für ihre verzweifelte Lage. Doch war das schon einen Tag her. Und es bestand keine Hoffnung, noch welches zu finden.
    Erschöpft von seinen Sorgen schlief Sam endlich ein und vergaß das Morgen, bis es kam; mehr konnte er nicht tun. Traum und Wachen vermengten sich wirr. Er sah Lichter wie glotzende Augen und dunkle, kriechende Gestalten, und er hörte Geräusche wie von wilden Tieren oder wie entsetzliche Schreie von gefolterten Wesen; und dann fuhr er auf und fand die Welt ganz dunkel und nichts als leere Schwärze ringsum. Nur einmal, als er aufstand und verstört um sich blickte, schien ihm, obwohl er nun wach war, dass er immer noch bleiche Lichter wie Augen sah; aber bald flackerten sie und verschwanden.
    Die abscheuliche Nacht verging langsam und zögernd. Das Tageslicht, das dann kam, war trübe; denn hier, in der Nähe des Berges, war die Luft immer finster, während die Schleier des Schattens, die Sauron um sich selbst webte, aus dem Dunklen Turm krochen. Frodo lag auf dem Rücken und rührte sich nicht. Sam stand neben ihm; es widerstrebte ihm zu sprechen, und doch wusste er, dass es seine Sache war zu reden: Er musste den Willen seines Herrn für eine weitere Anstrengung in Gang setzen. Schließlich beugte er sich nieder, strich Frodo über die Stirn und flüsterte ihm ins Ohr. »Wach auf, Herr«, sagte er. »Es ist Zeit aufzubrechen.«
    Wie durch eine plötzliche Glocke aufgeschreckt, erhob sich Frodo rasch, und als er stand, blickte er nach Süden; doch als er den Berg und die Wüstenei sah, zitterte er wieder.
    »Ich schaffe es nicht, Sam«, sagte er, »er ist so schwer zu tragen, so schwer.«
    Sam wusste es, ehe er es aussprach, dass es vergeblich war und solche Worte eher schaden als nützen könnten, aber in seinem Mitleid konnte er nicht schweigen. »Dann lass mich ihn eine Weile für dich tragen, Herr«, sagte er. »Du weißt, ich täte es, und gern, solange ich noch Kraft habe.«
    Frodos Augen begannen wild zu funkeln. »Bleib weg! Rühr mich nicht an!«, rief er. »Es ist meiner, sage ich dir. Geh fort!« Seine Hand verirrte sich zum Heft seines Schwerts. Aber dann änderte sich seine Stimme rasch. »Nein, nein, Sam«, sagte er traurig. »Aber du musst das verstehen. Es ist jetztzu spät, Sam, mein Lieber. Du kannst mir auf diese Weise nicht wieder helfen. Ich bin nun fast in seiner Gewalt. Ich könnte ihn nicht hergeben, und wenn du versuchen würdest, ihn zu nehmen, würde ich verrückt werden.«
    Sam nickte. »Das verstehe ich«, sagte er. »Aber ich habe mir überlegt, Herr Frodo, dass es andere Dinge gibt, ohne die wir auskommen könnten. Warum sollen wir uns nicht die Last leichter machen? Wir gehen jetzt diesen Weg, so schnurstracks wie wir können.« Er zeigte auf den Berg. »Es hat keinen Zweck, etwas mitzunehmen, das wir nicht brauchen.«
    Frodo sah wieder auf den Berg. »Nein«, sagte er, »auf diesem Weg werden wir nicht viel brauchen. Und an seinem Ende gar nichts.« Er nahm seinen Orkschild, schleuderte ihn fort und warf seinen Helm hinterdrein. Dann zog er den grauen Mantel beiseite, schnallte den schweren Gürtel auf und ließ ihn fallen, und das Schwert mit der Scheide dazu. Die Fetzen des schwarzen Mantels zerriss er und verstreute sie.
    »So, ich will kein Ork mehr sein«, rief er. »Und ich will keine Waffe tragen, sei sie nun schön oder hässlich. Sollen sie mich fangen, wenn sie wollen!«
    Sam tat es ihm gleich und legte seine Orkkleidung ab; und er nahm alle Dinge aus seinem Rucksack heraus. Irgendwie war ihm jedes lieb geworden, wenn auch nur, weil er es so weit und mit so viel Mühen mitgeschleppt hatte. Am schwersten fiel es ihm, sich von seinem Kochgeschirr zu trennen. Tränen traten ihm in die Augen bei dem Gedanken, es wegzuwerfen.
    »Erinnerst du dich an das bisschen Kaninchen, Herr Frodo?«, fragte er. »Und an unseren Platz unter der warmen Böschung in Heermeister Faramirs Land, an dem Tag, als ich einen Olifanten sah?«
    »Nein, ich fürchte nicht, Sam«, sagte Frodo. »Ich weiß zwar, dass solche Dinge geschehen sind, aber ich kann sie nicht sehen. Kein Geschmack am Essen, kein Gefühl für Wasser, kein Geräusch des Windes, keine Erinnerung an Baum oder Gras oder Blume, keine Vorstellung von

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