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Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Der Herr der Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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Große Magie hat das nicht zum ersten Mal gemacht. Was ist mit der Fieberblüte? Sie verschwand für hundert Jahre, und jetzt wächst sie überall, dichter als Gras.«
    »Und Wilderkatzen«, fügte die Frau hinzu. »Oder Harfenfliegen.«
    Tarzi kehrte an den Tisch zurück, stellte zwei Krüge Bier ab und setzte sich niedergeschlagen. »Der Wirt meint, heute Abend möchte er auf einen Barden verzichten«, sagte sie. »Die Leute sind zu aufgebracht.«
    Rostigan zog an seiner Pfeife.
    »Ihr seid alle Idioten«, verkündete Tanis und erhob sich. Dabei klang er eher verängstigt als überzeugt, aber die Aufregung stand ihm noch im Gesicht geschrieben. »Warum sollte man jemandem solche Vorstellungen einimpfen? Hä? Zu welchem Zweck?« Er stapfte zur Tür.
    Tarzi senkte die Stimme. »Wir sollten ihnen sagen, dass sie tot ist. Das würde sie beruhigen.«
    »Nein«, sagte Rostigan. »Lieber nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie es nicht glauben würden. Wenn sie tot wäre, warum ist Silberstein dann nicht wieder aufgetaucht?«
    »Woher soll ich das wissen?«, fragte Tarzi.
    Ich könnte es dir sagen, dachte er. Ihre verderbten Fäden leben in mir weiter. Aber wie konnte er es ihr verständlich machen, ohne ihr alles zu erklären? Er selbst war sich nicht sicher, warum er die Kräfte der Diebin geerbt hatte. Silberstein war irgendwo in ihm verborgen, so viel wusste er, zusammen mit allem anderen, was die Diebin während ihrer kurzen Wiederkehr geschrieben hatte. Würde alles zurückkommen, wenn er starb? Oder würden die Fäden dann weiterziehen zu einem neuen Wirt?
    Tarzi hatte sich entschieden. »Das Wichtigste ist doch, dass sie niemandem mehr das Leben schwer machen kann. Und du kannst meinetwegen hier herumsitzen und in dein Bier starren. Ich für meinen Teil werde mir nicht anhören, wie sich die Leute gegenseitig nur noch mehr Angst machen.«
    Sie stand auf, setzte sich auf die Tischkante und richtete ihre Worte mit lauter Stimme an den Bauern Borry und seine Freunde. »Es war die Diebin, die Silberstein hat verschwinden lassen«, verkündete sie.
    Schlagartig kehrte Totenstille im Wirtshaus ein. Rostigan spürte Zorn in sich aufkeimen, weil sie gegen seinen ausdrücklichen Willen handelte. Andererseits wollte er nicht über sie bestimmen, und deshalb rührte er sich nicht. Außerdem war es zu spät.
    »Was bringt dich dazu, so etwas zu sagen?«, fragte Borry. »Hast du ihre Worte gehört?«
    »Ja«, antwortete Tarzi. »Ich war dabei, vor zwei Tagen. Mein Gefährte und ich haben gesehen, dass die Stadt verschwunden ist, und stattdessen hörte man die Stimme der Diebin, die in der Luft hing.«
    Hinter dem Tresen setzte der Wirt – ein fetter Kerl mit verschmutzter Schürze – lautstark einen Krug ab. »Ich habe dir gesagt«, rief er und wischte sich die Hände ab, während er hinter dem Schanktisch hervorkam, »heute Abend ist kein Abend für Geschichten von Barden!«
    »Es geht hier weder um eine wilde Legende noch um ein zotiges Lied«, erwiderte Tarzi ruhig. »Sondern nur um die Wahrheit.«
    »Lass sie reden!«, rief jemand, und andere stimmten zu.
    Grollend gab der Wirt nach.
    Tarzi glitt vom Tisch und trat vor den Kamin. »Nicht nur das«, fuhr sie fort. Alle Blicke waren auf sie gerichtet. »Wir haben die Übeltäterin selbst gesehen, wie sie in den Wald floh!«
    Überraschtes Gemurmel machte sich breit.
    »Wie sah sie denn aus?«
    »Woher weißt du, dass sie es wirklich war?«
    »Ich erzähle euch, was passiert ist«, sagte Tarzi. »Wie das Glück es will, ist mein Reisegefährte kein Geringerer als Rostigan Schädelspalter, der Sieger von den ilduinischen Feldern.«
    Skeptische Mienen und hochgezogene Augenbrauen wandten sich dem Fremden in der Ecke zu, neben dem ein schweres Schwert an der Wand lehnte. Rostigan hielt den Blicken mit Gleichmut stand. Rauch hüllte sein Gesicht ein, und niemand wagte es, ihm lange in die Augen zu blicken.
    »Wir haben die geheimnisvolle Gestalt in einen dunklen Wald verfolgt«, fuhr Tarzi fort, »durch den sie sich einen Pfad gebahnt hatte, indem sie die Bäume in ihrem Weg verschwinden ließ.« Sie machte Bewegungen, als würde sie Bäume ausreißen wie Karotten, und ihre Zuhörer zuckten zusammen. Gegen seinen Willen musste Rostigan schmunzeln.
    »Aber selbst die schlimmsten Wächter müssen irgendwann ausruhen«, sagte Tarzi. »Nach Einbruch der Nacht ging Rostigan den Pfad entlang und entdeckte das Lager der Diebin. Ihr könnt euch vorstellen, wie leise er sein musste, um

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