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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Darauf war ein Foto zu sehen und eine Zeichnung von einem Bärtigen, die Ihnen erstaunlich äh n lich sah, Signor dei Rossi.«
    Nico fröstelte. Mit belegter Stimme fragte er: »Ist das der Grund, weshalb Sie mich nicht hereinlassen wollten?«
    »Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe hier gewisse … Verpflichtungen. Aber ich missbillige durchaus, wie Don Massimiliano von heut auf morgen seinen Doctor M e chanicae fallen gelassen hat. Der junge Mann besitzt in der Stadt viele Bewunderer und Freunde. Auch ich selbst schä t ze sein selbstloses Wirken für die einfachen Bürger übe r aus.«
    Das war beruhigend. Nico wagte aufzuatmen. »Könnten Sie mich jetzt bitte dem Baron melden? Falls er nach dem Grund meines überraschenden Besuches fragt, dann sagen Sie ihm, Signor dei Rossi möchte mit ihm über eine Konf e renz sprechen, die im Jahr 1925 hier stattgefunden hat.«
    »Sie meinen, als Mussolini hier war?«
    »Und Massimiliano Manzini. Ich hätte gerne etwas mehr über die Beziehung der beiden zueinander erfahren, sofern es denn zwischen ihnen überhaupt so etwas gab, das diesen Namen verdient.«
    Der Diener nickte. »Verstehe. Bitte folgen Sie mir, Signor dei Rossi.«
    Mit gezügeltem Elan folgte Nico dem alten Mann, der ohne allzu große Eile schlurfend den Hof durchquerte und über eine Freitreppe zum Eingang des großen Palazzo h i naufstieg. Als Donatello die Türklinke des Portals herunte r zudrücken versuchte, geriet seine Contenance jedoch ins Wanken.
    » Santa Maria ! Das Ding bringt mich noch um den Verstand!« Der gezischten Unmutsäußerung folgte ein um Vergebung heischendes Lächeln. »Das Schloss ist neue r dings störrisch wie ein Esel.«
    »Darf ich?«, fragte der Gast. Donatello machte ihm Platz. Sanft legte Nico die Hand auf die eiserne Klinke, drückte sie nieder, und nach einem geknirschten Widerspruch gab die Tür nach. Mit der Rechten in das nun offene Gebäude weisend, sagte er: »Nach Ihnen, Donatello.«
    »Vielen Dank, Don Niklas.«
    Nico stutzte. »Jetzt haben Sie mich schon wieder ve r wechselt.«
    Auf dem Gesicht des Kammerdieners lag die Andeutung eines wissenden Lächelns. »Ich glaube nicht.«
    Ohne ein weiteres Wort folgte Nico dem Alten ins Haus. Während er Donatello über eine weitere, erheblich längere Treppe hinauf in den zweiten Stock der luxuriösen Privatr e sidenz folgte, wunderte er sich über den respektvollen Titel, mit dem ihn der Diener angeredet hatte: Don. Wie ein e h renwerter Herr fühlte er sich nun wirklich nicht. Aber es war nicht das erste Mal, dass ihn jemand so nannte. Auch die Soldatenwitwe in den Pontinischen Sümpfen hatte sich dieser Anrede bedient.
    »Donatello?«
    »Don Niklas?«
    »Bitte nennen Sie mich nicht so. Ich bin nur ein Uhrm a cher.«
    »Und der Herr der Unruhe.«
    »Das war einmal – ich kann es wohl nicht länger leugnen. Was haben die Leute eigentlich gesagt, als ich vor drei Ja h ren so Hals über Kopf verschwand?«
    »Einige glaubten, Don Massimiliano hätte Ihnen gekü n digt, weil Sie in Nettunia längst beliebter geworden waren als er. Man meinte, Sie seien nach Deutschland zurückg e kehrt.«
    »Österreich.«
    »Ich dachte, das gibt es nicht mehr.«
    »Stimmt auch wieder. Nun ja, diese Version habe ich in letzter Zeit schon öfters gehört. Und was haben die Übrigen gedacht?«
    »Dass der Podestà Sie ermorden ließ.«
    Nico wäre fast gestolpert und musste sich am Geländer festhalten. Diese Fassung seiner Geschichte kannte er noch nicht.
    Donatello eilte zu einer Tür voraus, drehte sich um und sagte: »Bitte warten Sie, Don Niklas, bis Sie gerufen we r den.«
    Nico nickte. Ein wenig ungeduldig bezog er Stellung vor der hohen Tür. Der Gang, in dem er stand, war mit vermu t lich handgeknüpften Teppichen ausgelegt. An den Wänden hingen Gobelins mit Jagdmotiven. Ob nun der Vatikan, der Palazzo Manzini oder das Forte Sangallo – in noblen G e bäuden fühlte sich der junge Uhrmacher stets unbehaglich. Endlich erklang dumpf von drinnen der angekündigte Ruf.
    »Kommen Sie bitte herein, Signor dei Rossi.«
    Trotz der Aufforderung klopfte Nico zaghaft an die Tür.
    »Treten Sie nur ein!«, ermunterte ihn die Stimme erneut.
    Nico ließ die Tür aufschwingen. Vor sich sah er einen e d len Holzfußboden, dicke Teppiche, barocke Möbel und einen Kamin, in dem ein Feuer brannte. Der Baron war nirgendwo zu sehen. Aber dann lud ihn eine Hand zum N ä herkommen ein, die ihm aus einem mit rot-goldenem D a mast bespannten Sessel

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