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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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winkte, welcher, vom Besucher abgewandt, vor dem Kamin stand. Links neben dem schw e ren Sitzmöbel stand ein rundes Tischchen, auf dem ein au f geschlagenes Buch und eine Brille lagen.
    Nico umrundete den »Thron«, um dem Baron seine Rev e renz zu erweisen – und erlitt einen Schock.
    »Donatello?«
    Der Diener lächelte traurig. »Da steht ein Stuhl. Sie sehen blass aus. Setzen Sie sich, Don Niklas.« Er deutete auf eine Sitzgelegenheit, die so wenig ein Stuhl war wie das Möbel, in dem er selbst thronte. Nico nahm auf der vordersten Ka n te des rötlichgolden schimmernden Polsters Platz und b e äugte sein Gegenüber misstrauisch.
    Donatello hatte sein Frackoberteil gegen einen Zweireiher mit goldenen Knöpfen getauscht, wie ihn die Eigner nobler Jachten zu tragen pflegten. Nico glaubte sich zu entsinnen, dass Don Alberto, der Präsident des Königlich Italienischen Seglerverbands war, früher immer genau so ein Jackett g e tragen hatte. In seiner Erinnerung war der Baron etwas gr ö ßer und schlanker als Donatello gewesen, aber irgendwie schaffte es der beleibte Diener, die Ehrfurcht gebietende Erscheinung seines Herrn würdig zu vertreten: Die auf Hochglanz polierten schwarzen Schuhe, der gezwirbelte und gewachste Schnurrbart, selbst die strahlende Aura se i ner jetzt streng und zugleich gutmütig dreinblickenden grauen Augen passten zu dem Bild eines Palastherrn.
    »Sie fragen sich bestimmt, was diese Maskerade soll?«, sprach Donatello aus, was seinem Gast im Kopf herumging.
    Nico ersparte sich die Antwort. Er wollte nicht unhöflich sein.
    Der Unterkiefer des Dieners zitterte. Er musste sichtlich um seine Fassung kämpfen. »Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, Don Niklas, dass Baron Alberto Fassini Camo s si im letzten Oktober im Alter von nur siebenundsechzig Jahren verstorben ist.«
    Nico schloss die Augen. Er wusste nicht, was er sagen sollte. An diesem Abend hatte er dem Mosaik der Wahrheit klare Konturen geben wollen. Wie sollte er jetzt noch die Erkenntnissplitter in die richtige Anordnung bringen, ihren tieferen Sinn erfassen, wenn die wichtigsten Steine des Bi l des verloren gegangen waren?
    »Sie haben Don Alberto gemocht, nicht wahr?«, drang endlich wieder die Stimme des Alten an sein Ohr.
    Mühsam hob Nico die Lider. Sein Kopf dröhnte. »Ja. Er war immer freundlich zu uns – zu Bruno Sacchi und mir, meine ich. Unseren Vätern hat er oft finanziell aus Patsche geholfen.«
    Der alte Kammerdiener nickte mit einem wehmütigen Ausdruck im Gesicht. »Ja, er war ein Mäzen der schönen Künste und des feinen Handwerks. Ich glaube, er hat sich in Mussolinis Schmierentheater immer falsch besetzt gefühlt.«
    Nico blickte auf. »Wie kommt es, dass Sie …?«
    »Dass ich hier in diesem Sessel sitze und den Blazer des Barons trage? Das ist leicht erklärt. Die Erben haben mich als Sachwalter für das Forte Sangallo eingesetzt. Und so sehe ich hier seit einem Jahr nach dem Rechten, wimmle Besucher ab und rufe auf der Questura an, wenn sich etwas Verdächtiges regt.«
    Nico erschrak.
    »Keine Sorge«, beruhigte ihn der Alte. »Ich werde doch Il Tedesco nicht verpfeifen.«
    »Sie sind sehr freundlich, Signor …?«
    »Bleiben Sie einfach bei Donatello. Wir sind beide nur Diener – auf die ein oder andere Weise.«
    »Dann sagen Sie bitte auch wieder Nico zu mir, so wie früher.«
    »Gerne, mein Junge. Aber dann sollten wir beide zum Du übergehen. Was ist mit deiner Frage?«
    »Die erübrigt sich ja nun wohl, jetzt wo Don Alberto nicht mehr unter uns weilt.«
    »Wie kannst du das sagen, bevor du dein Anliegen übe r haupt vorgetragen hast? Du erwähntest die Konferenz, die hier im Jahre 1925 abgehalten wurde. Ich erinnere mich noch gut daran.«
    »Du standest schon damals in Don Albertos Diensten?«
    »Ja, gewiss. Schau mich alten Knochen doch an! Ich bin im gleichen Alter wie der Verblichene, Gott hab ihn selig. Im nächsten Jahr werde ich siebzig. Aber jetzt genug g e plaudert. Was treibt dich, einen jungen Mann, den Manzini am liebsten wie eine schwarze Katze in einen Sack stecken und auf einem Scheiterhaufen verbrennen würde, mitten in der Nacht hierher?«
    »Ebender. Ich will Manzini vor den Richter bringen.«
    »Das haben schon ganz andere versucht und sind im H a fenbecken ersoffen … Entschuldige bitte den vulgären Ausdruck.«
    Donatello war eben ein Diener vom alten Schlag, durch und durch distinguiert. Nico musste unweigerlich schmu n zeln.
    Dann sagte er: »Lass mich dir zuerst die

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