Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
hilflos die Hände aus. »Was erwartest du von mir, Laura? Eher fließt das Wasser den Berg hinauf, als dass aus uns ein Paar wird.«
    »Wer sagt das?«
    »Ich … Eigentlich hat es Bruno gesagt.«
    Sie stemmte die Arme in die Hüften. »Der Fremdenfü h rer?«
    »Du kennst ihn?«
    »Und ob ich ihn kenne! Als sein Vater das Mosaik in u n serem Lichthof gelegt hat, ist er immer hinter mir hergela u fen.«
    » Bruno hat dir nachgestellt?«, japste Nico.
    »Ich war damals vier.«
    »Und daran kannst du dich noch erinnern?«
    »Uberto hat es mir in der Nacht erzählt, als der Blitz in die Turmuhr des Palazzo Comunale eingeschlagen ist. Ich fragte ihn wo du wohnst, und dann erzählte er mir die ganze Geschichte von Bruno Sacchis Krähennest auf der Stad t mauer bis zurück zur Entstehung des Mosaiks. Abgesehen davon hörst du dich an wie ein eifersüchtiger Liebhaber.«
    Nico schüttelte verzweifelt den Kopf. Warum hatte er nur dieses Gespräch begonnen, wenn es doch in Wirklichkeit um etwas ganz anderes ging? Jetzt war er in seinen eigenen Worten gefangen. Mutlos sagte er: »Überleg doch mal selbst, Laura: Ihr seid reich, ich bin nichts als ein Uhrm a cher, der für deinen Vater Pumpen repariert. Wenn er spit z kriegt, dass wir beide heute Abend …«
    »Das ist mir egal«, fauchte sie. Eine Träne rollte ihre Wange hinab.
    Nico starrte dieses Gesicht an, das er am liebsten in seine Hände nehmen und unablässig küssen wollte. Er brachte kein Wort heraus.
    »Niklas«, begann endlich wieder sie in einem flehenden Ton, der direkt ihrem Herzen zu entspringen schien. »Du bedeutest mir sehr viel! Mehr als ein Verbot meines Vaters. Aber das heißt nicht, dass ich ihn nicht liebe. Wenn du ihm unlautere Dinge unterstellst, die du nicht beweisen kannst, dann wird unsere Freundschaft daran zerbrechen. Ich möc h te dir nicht drohen, Niklas, weil ich dich … mag. Du sollst mich nur verstehen.«
    Sein Kopf wurde unsagbar schwer, viel zu bleiern, um ihr noch länger in die Augen zu schauen. Nico brachte gerade noch ein Nicken zustande und ein leises »Das war mehr als deutlich. Ich habe dich sehr gut verstanden.«.
     
    Am Morgen nach dem Kinobesuch betrat Nico wie g e wohnt um acht Uhr den Palazzo Manzini. Laura empfing ihn mit verschlossener Miene.
    »Ist irgendwas?«, fragte er, während sie ihn nach oben führte. Ihre Antwort fiel knapp aus.
    »Mein Vater weiß Bescheid.«
    Sein Herz setzte einen Schlag aus. »Was meinst du d a mit?«
    »Jemand hat uns gestern vor dem Lichtspielhaus gesehen und nichts Besseres zu tun gewusst, als ihn gleich heute früh anzurufen.«
    Nico stöhnte. »Und wie hat er reagiert?«
    »Seltsam. Ich hatte gedacht, er würde einen Wutanfall kriegen, aber er blieb ganz ruhig.«
    »Ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll.«
    »Ich kenne meinen Vater lange genug, Niklas. Er brütet irgendetwas aus, aber frag mich nicht, was das sein kön n te.«
    Er versuchte zu grinsen, mit bescheidenem Erfolg. »Schade. Ich hatte gehofft, du könntest meinen Hals re t ten.«
    Sie drückte unauffällig seine Hand. »So schlimm wird’s schon nicht werden.«
    Inzwischen hatten sie die Galerie vor dem Arbeitszimmer erreicht. Uberto stand an der Brüstung und bewunderte im Lichthof den Adam. Laura ließ sich zurückfallen. »Er will dich allein sprechen.«
    Nico blieb auf Höhe des Chauffeurs stehen. »Guten Mo r gen, Uberto.«
    Der Fahrer nickte ihm wortlos zu und deutete auf die Tür.
    Nach Nicos zweimaligem Klopfen erklang von drinnen ein vernehmliches »Herein!«. Er öffnete die Tür und trat in das Arbeitszimmer.
    Manzini saß an seinem Schreibtisch, die Ellenbogen auf die Platte gestützt, die Hände gefaltet. »Treten Sie näher, und nehmen Sie sich einen Stuhl, Signor Michel.«
    Der Hüter der Lebensuhr kam der Anweisung ohne allzu großen Enthusiasmus nach. Als er sich, mit einem Stuhl vom Besprechungstisch in den Händen, dem Podestà z u wandte, entdeckte er zu seiner Rechten etwas, das ihn übe r raschte. Die zweite der beiden viereckigen Säulen, die er bisher für massiv gehalten hatte, enthielt einen Tresor. Hi n ter der hölzernen Verblendung befand sich eine dicke, mit einem Zahlenschloss versehene Stahltür, die Nico zum er s ten Mal offen stehen sah.
    In dem Sicherheitsschrank stapelten sich etliche Akte n mappen aus braunem und schwarzem Karton. Und ganz unten lag noch etwas anderes, dessen bloßer Anblick Nico fast von den Beinen riss: ein in dunkelbraunes Leder g e bundenes Buch. Er hatte

Weitere Kostenlose Bücher