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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Nettunia alles am Laufen hält.«
    Nicos Antwort beschränkte sich auf ein verständnisloses Gesicht.
    »Worauf ich hinauswill, ist Folgendes«, erläuterte daher Manzini, und seine Stimme senkte sich, bis sie wie das Dröhnen eines herannahenden Panzers klang. » Ich habe Sie angestellt, ich trage die Verantwortung nicht nur für Ihre Glanzleistungen, sondern auch für Ihre Fehler, und ich bin das Oberhaupt der Stadt, nicht Sie, Signor Michel.«
    Nico brauchte einen Moment, bis sich das Sprudeln seiner
    siedenden Emotionen einigermaßen beruhigt hatte. Äußerlich gleichmütig, fragte er: »Wann habe ich einen Fehler begangen?«
    »Das war rein hypothetisch gemeint.«
    »Ach.«
    »An Ihrer Arbeit ist nichts auszusetzen. Und im Hinblick auf Laura scheinen Sie Ihre Grenzen auch einzuhalten. Ich könnte es 213
    sogar tolerieren, wenn meine Tochter zukünftig wieder öfters die Aufsicht übernimmt, während Sie sich in meinem Arbeitszimmer aufhalten.«
    Es kostete Nico große Mühe, äußerlich teilnahmslos zu bleiben. »Die Entscheidung liegt ganz bei Ihnen, Don Massimiliano Ich hätte nichts dagegen.«
    Manzini grinste. »Das denke ich mir. Pflichterfüllung und angemessene Belohnung – so funktioniert jedes gute Arbeitsver-hältnis. Sie wissen also jetzt, welche Gegenleistung Sie erwarten dürfen, wenn Ihr technischer Sachverstand bei den Hilfeleistun-gen, die Sie den Bürgern neben Ihren behördlichen Pflichten zukommen lassen, hin und wieder auch die politischen Aspekte Ihres öffentlichen Dienstes würdigt. Haben wir uns verstanden?«
    Ja, du erpresst mich mit deiner eigenen Tochter. »Ich denke schon.«
    »Es freut mich, dass wir über alles so offen miteinander reden können.« Damit schien das Gespräch beendet zu sein. Der Stadtvorsteher nickte, als wolle er sich verabschieden, fügte dann aber doch wie beiläufig hinzu: »Da wäre noch eine Kleinigkeit, Signor Michel.«
    »Ja, Don Massimiliano?«
    »Ihr erstaunliches Geschick im Umgang mit jeder Art von
    Technik hat sich, wie Sie ja bestimmt wissen, längst bis über die Grenzen von Nettunia hinaus herumgesprochen. Kürzlich fragte mich der Podestà von Littoria, ob er sich Sie nicht einmal auslei-hen könnte.«
    » Ausleihen ? Wozu?«
    »Wie Ihnen inzwischen ja bekannt sein dürfte, existieren die Gemeinden in den Pontinischen Sümpfen alle noch nicht sehr lang. Littoria wurde erst 1932 gegründet. Sabaudia, Pontinia, Aprilia und Pomezia sind noch jünger. Da liegt noch manches im Argen. Kurzum, meine Kollegen dort würden sich sehr freuen, wenn Sie ihnen einige Wochen bei der Instandhaltung des Entwässerungssystems helfen würden.«
    »Sie meinen Pumpen reparieren?«
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    »Zum Beispiel. Da sind Sie ja der Experte. Natürlich müssten Sie trotzdem jeden Morgen nach meiner Lebensuhr schauen; Ihr Motorrad wird sich einmal richtig bewähren können. Ich gehe davon aus, dass diese kleine Abwechslung auch in Ihrem Sinne ist.«
    Nicos Kiefer mahlten. Hast du dir fein ausgedacht: Schickst deinen Rivalen in die Sümpfe, damit er sich dort womöglich die Malaria holt. Solange er in dem mückenverseuchten Kanalnetz hängt, kann er dir zumindest nicht die Herzen deiner Untertanen stehlen.
    »Mein Lohn kommt von der Stadt, und die wird von Ihnen regiert, Don Massimiliano. Wenn es also Ihr Wunsch ist, gehe ich in die Sümpfe.«
    »Nun machen Sie nicht ein Gesicht wie sieben Tage Regen-
    wetter. Die Luftveränderung wird Ihnen gut tun, und meinen Teil unseres kleinen Geschäfts werde ich natürlich erfüllen: Sie dürfen meine Lebensuhr in Zukunft wieder häufiger an Lauras Seite pflegen.«
    Der Stadtvorsteher verabschiedete sich geradezu beschwingt vom Hüter seiner Lebensuhr.

    Schon der römische Kaiser Augustus hatte sich die Treue seiner Soldaten erkauft, indem er ihnen Land gab, das er zuvor dem Adel abgenommen hatte. Benito Mussolini machte keinen Hehl daraus, dass er sich als Nachfolger des »Erhabenen« sah. Dem Gerücht nach wollte er sich, wenn einmal seine Stunde käme, sogar im Augustus-Mausoleum zur ewigen Ruhe betten lassen. Ob Wahrheit oder Legende, die Pontinischen Sümpfe hatte er in den Jahren nach 1928 tatsächlich trockengelegt – halbwegs. Wer hier lebte, der wusste, dass die Malaria noch nicht ausgerottet war, wie die faschistische Propaganda vortäuschte, aber zumindest hatte man die Infektionen um die Hälfte reduziert. Wenn die Krankheit also früher so gut wie jeden befiel, der sich in dem Gebiet längere Zeit aufhielt, so gab es jetzt

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