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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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auf wie ein Gockel. »Stellen Sie Ihre Nachforschungen ein. Erzählen Sie Ihren Vorgesetzten irgendwas, damit ich sie vom Hals habe – es soll Ihr Schade nicht sein. Ich habe Einfluss am Hofe, und ich habe Geld.«
    »Haben Sie nicht.«
    Er erbleichte. »Ich habe andere Möglichkeiten, meine Schulden zu begleichen«, erwiderte er drucksend. Seine Zungenfertigkeit war nicht ganz so groß wie seine Fertigkeit, mit einer Waffe umzugehen.
    »Für einen Mann, der Trümpfe in der Hand hält, reden Sie zu viel«, sagte ich.
    Er deutete ein Lächeln an, und mir fiel wieder ein, dass etwas an ihm war, das nicht ganz zu dem Typus passte, den zu verkörpern ihm bisweilen gefiel. »Das war unbedacht von mir.« Er schluckte schwer, denn Demut schien etwas zu sein, womit er nicht vertraut war. »Ich habe einige schlechte Entscheidungen getroffen, aber ich werde nicht zulassen, dass mich das Schwarze Haus aufgrund dessen vernichtet. Ich bin noch nicht zu weit gegangen – es ist noch nicht zu spät für Vergebung.«
    Ich dachte an Taras geschundenen Leichnam und an Crispin, der im Dreck der Unterstadt gelegen hatte. »Wie ich Ihnen schon beim letzten Mal gesagt habe, Beaconfield, gibt es weder Hoffnung noch Vergebung.«
    »Das betrübt mich«, erwiderte er und richtete sich herrisch zu voller Größe auf. »Und Sie haben erlebt, was denen widerfährt, die mein Missfallen erregen.«
    In der Tat hatte ich erlebt, wie er einen Mann ermordet hatte, bloß um mir etwas zu demonstrieren. »Sie tragen Ihren Spitznamen zu Recht«, entgegnete ich, »aber ich werde mich nicht für Sie herausputzen und auch keine Zeit mit Ihnen ausmachen, zu der Sie mich abschlachten können. Ich habe meinen Ruf nicht damit erworben, Adlige auf einer Grünfläche zu erstechen. Ich habe ihn im Dunkeln erworben, auf den Straßen, ohne eine Gefolgschaft von Höflingen, die mir Beifall klatschen, ohne eine Satzung, die mir sagt, wie ich vorzugehen habe.« Ich verzog den Mund zu einem bitteren Lächeln. Endlich konnte ich die Verstellung aufgeben, endlich konnte ich meinem Hass auf diesen widerwärtigen Fatzke die Zügel schießen lassen. »Wenn Sie sich mit mir anlegen wollen, sollten Sie anfangen, unehrenhaft zu denken – und Ihre Angelegenheiten in Ordnung bringen.« Dann machte ich auf dem Absatz kehrt, da ich ihm nicht die Möglichkeit geben wollte, das letzte Wort zu haben.
    Das er aber trotzdem hatte. »Grüßen Sie Wilkes, wenn Sie ihn sehen!«
    Du wirst ihm zuerst begegnen, du Mistkerl, dachte ich bei mir, während ich in Richtung Stadt ging. Du wirst ihm zuerst begegnen.

33
    Während ich durch Alledtown eilte, erspähte ich auf einmal die hässliche Wolljacke von Zeisig, der gerade hinter einem Apfelkarren in Deckung ging. Ich überlegte, ob er wohl vor dem Park auf mich gewartet haben mochte, tat das aber als unwahrscheinlich ab. Er musste mir gefolgt sein, seit ich den Torkelnden Grafen verlassen hatte, das heißt, von der Unterstadt bis zum Park und zurück. Das war nicht leicht – unmöglich sogar, hätte ich wohl gesagt, wenn man mich vorher darauf angesprochen hätte.
    Nachdem ich meine Überraschung überwunden hatte, wurde ich wütend, will sagen: stocksauer. Bei der Vorstellung, dass mir dieser törichte Junge auf Schritt und Tritt folgte, während Crowley, Beaconfield und möglicherweise noch etliche andere sich alle erdenkliche Mühe gaben, mich ins Jenseits zu befördern, platzte mir fast der Kragen.
    Ich bog in eine Seitenstraße ein, bis ich zum Hinterausgang einer Kaschemme gelangte. Dort versteckte ich mich hinter einigen Kisten, presste mich gegen die Mauer und schlug den Kragen meines Mantels hoch, damit die untere Hälfte meines Gesichts verdeckt war.
    Zeisig muss angenommen haben, dass ich ihn nicht bemerkt hatte, denn er pirschte sich mit weniger Vorsicht, als angebracht gewesen wäre, in die Gasse. Bevor er auf den Gedanken kam, hinter den Kisten nachzusehen, hatte ich ihn schon gepackt und hochgerissen.
    Er stieß einen Fluch aus und zappelte wie wild, um sich loszumachen, aber dafür reichten seine Kräfte nicht. Ich schüttelte ihn ordentlich durch und packte ihn noch fester, bis er schließlich allen Widerstand aufgab. Dann ließ ich ihn mit dem Arsch zuerst in den Dreck plumpsen.
    Er rappelte sich hoch, ballte seine kleinen Fäuste und hob sie schützend vors Gesicht. Ich musste Adolphus erzählen, dass sein nachmittäglicher Boxunterricht nicht umsonst gewesen war.
    »So machst du dich also nützlich, ja? Indem du meine

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