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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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ich deinen Brief bekommen habe. Heute Abend werde ich Lord Beaconfield einen Besuch abstatten und mir ansehen, was du entdeckt hast. Wenn alles gut verläuft, gebe ich die Information morgen an das Schwarze Haus weiter.«
    Verwirrt – oder enttäuscht? – runzelte sie die Stirn. »Ich dachte, wir wären übereingekommen, dass diese Sache zu wichtig ist, um sie von der Polizei verbocken zu lassen. Ich dachte, du wolltest das Ganze selbst in die Hand nehmen.«
    »Bedauerlicherweise ist es nach wie vor ein Verbrechen, einen Adligen zu ermorden. Und gegenüber den eiskalten Teufeln würde mir das sowieso nichts nutzen, wenn ich ihnen nicht erklären kann, warum ich es getan habe. Außerdem würde ich das Abmurksen der Lächelnden Klinge lieber jemandem überlassen, der nicht so sehr am Leben hängt wie ich. Das Schwarze Haus wird die Sache in die Hand nehmen. Die Informationen, die sie von mir bekommen, dürften ausreichen, um ihn durch die Mangel zu drehen. Alles andere ist dann nur noch eine Frage der Zeit.«
    »Und was, wenn er als Erster zuschlägt und etwas gegen dich unternimmt?«
    »Das hat er bereits versucht. Jetzt bin ich am Zug.«
    Sie spielte mit den Fingern an ihrer Halskette herum und schwieg.
    »Wenn das alles vorbei ist, bringe ich den Jungen her. Dann können wir vier eine Schneeburg bauen, wie wir es als Kinder immer gemacht haben.«
    Sie wandte mir wieder ihre Aufmerksamkeit zu. »Den Jungen?«
    »Zeisig.«
    Abermals schwieg sie eine Weile. Dann kehrte das Lächeln auf ihr Gesicht zurück. »Zeisig«, sagte sie. »Ja, natürlich.« Sie tätschelte mir den Arm. »Ich kann’s kaum erwarten.«
    Ich verabschiedete mich und eilte die Treppe hinunter. Auch wenn Zeisig sich bockig angestellt hatte, so wollte ich ihn doch nicht allzu lange im Schneesturm warten lassen. Adeline würde mich umbringen, wenn ihm irgendetwas zustieß.

41
    Vier Stunden später stieg ich aus einer Kutsche und schritt über einen Teppich aus rotem Samt, den man vor dem Eingang von Beaconfields Anwesen ausgerollt hatte. Zwei Wächter in buntscheckiger Livree flankierten das Tor. Trotz der eisigen Kälte bewahrten sie eine stramme Haltung. Das war das erste Mal, dass ich den Vordereingang benutzte. Ich kam mir sehr wichtig vor.
    In der Eingangshalle stand ein Diener mit einer Pergamentrolle, der für die Einlasskontrolle zuständig war. Er verbeugte sich ehrfürchtig vor mir, was ich ignorierte, wie es meine Rolle als Angehöriger der Oberschicht gebot. Barsch nannte ich ihm meinen Namen und wartete, während er auf seiner Liste danach suchte.
    Es würde den Herzog interessieren, warum ich darum ersucht hatte, in seine Gästeliste aufgenommen zu werden, nachdem er Männer losgeschickt hatte, um mich zu ermorden. Neugier allein reicht oft aus, um Zugang zu einem Adligen zu erhalten, da diese Leute auf alles aus sind, was die Monotonie ihres ausschweifenden, genusssüchtigen Lebens durchbricht. Wenn sein Sinn fürs Melodramatische nicht ausgeprägt genug war, dann vielleicht sein Eigennutz. Obwohl er mir offen den Krieg erklärt hatte, glaubte ich nicht, dass er die Ausdauer und Härte besaß, das lange durchzuhalten. Er würde hoffen, dass meine Botschaft den Wunsch nach Aussöhnung signalisierte, und bereitwillig auf alles eingehen, was nach Waffenstillstand schmeckte.
    Ungeachtet dessen bestand einer der zahlreichen Haken meines Plans darin, dass ich nicht offiziell zur Mittwinterparty von Lord Beaconfield eingeladen worden war. Wenn ich die Sache falsch eingeschätzt hatte, stünde mir ein sehr kalter Heimweg bevor.
    Doch ich hatte sie nicht falsch eingeschätzt. Der Türhüter winkte mich durch, und schon ging ich in Richtung Festsaal.
    Was auch immer man über den Herzog sagen mochte, er verstand es, eine Soirée zu veranstalten.
    Die Decke war mit kunstvoll gearbeiteten Streben aus Silber verkleidet, sodass man den Eindruck hatte, sich im Innern eines gewaltigen Tieres zu befinden. Von der Decke hingen Gebilde aus Glas und Halbedelsteinen herab, deren raffiniertes Design den Blick auf sich zog. Bei genauerem Hinsehen entpuppten sich etliche dieser Gebilde als Bündel von Joints, die in buntes Papier gewickelt waren. Der Boden war mit glitzerndem, aber künstlichem Schnee bedeckt, der jedoch nahezu echt wirkte. In der Mitte des Raums stand eine drei Meter hohe Eisskulptur Sakras, der segnend die Hand ausstreckte. Das Innere der Skulptur war mit einer Art flüssigem Licht gefüllt, das den ganzen Saal beleuchtete und alles und

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