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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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und die Kohlensäure rumorte in meinem Magen. »Was für eine Horde von widerwärtigen Typen, nicht wahr? Das ist gut die Hälfte des Adels von Rigus, die sich heute Abend hier besudelt. Einfach unglaublich. Ich würde ja sagen, etwas mehr Frömmigkeit täte den Leuten gut, hätte ich da drüben nicht den Oberabt gesehen, der gerade in die Punschschüssel gefallen ist.« Genau genommen war der Oberabt neben der Punschschüssel zu Boden gegangen, aber meine Version hörte sich besser an.
    »Von mir aus kann jeder von denen in der Erde verrotten«, erwiderte Brightfellow. Der Hass in seiner Stimme ließ mich fast zusammenzucken. »Bin auch gern bereit nachzuhelfen.«
    »Würden Sie beim Herzog eine Ausnahme machen?«
    »Nein.«
    »Was zum Teufel war dann der Zweck des Ganzen? Wenn diese Sache auffliegt, ist es das Ende von Ihnen beiden.«
    »Wissen Sie immer, warum Sie etwas machen?«
    »Zumindest habe ich gewöhnlich eine gewisse Ahnung.«
    Eine Pause trat ein, die sich so lange hinzog, dass ich schon dachte, der Zauberer sei endgültig ins Koma gefallen. Nach einer Weile wandte Brightfellow den Kopf und sah mich an, was ihn große Anstrengung kostete. »Sie waren Ermittlungsbeamter«, sagte er. »Und jetzt sind Sie keiner mehr.«
    »Stimmt.«
    »War das Ihre Entscheidung?«
    »In gewisser Weise.«
    »Warum haben Sie sie getroffen?«
    »Wegen einer Frau.«
    »Ein ziemlich guter Grund«, sagte er und richtete den Blick wieder auf die Menge. »Ich hatte nicht gedacht, dass es so weit gehen würde. Das wollte ich nicht.«
    Irgendetwas an Brightfellows Selbstmitleid schürte meine Wut von Neuem. »Verwechseln Sie mich nicht mit einem Priester – ich will Ihre Beichte nicht hören, und von mir haben Sie keine Vergebung zu erwarten. Sie haben sich Ihr Grab selbst geschaufelt, also legen Sie sich gefälligst rein«, fuhr ich ihn an. »Damit Sie sich nicht einsam fühlen, werde ich Ihnen den Herzog hinterherschicken.«
    Ich nahm an, diese Bemerkung werde ihn aus der Fassung bringen.
    Doch er blieb gelassen, und als er antwortete, klang er in keiner Weise wütend, sondern eher traurig. »Sie sind ein verdammter Idiot«, sagte er.
    Ich nahm einen Joint mit Traumranke aus einer Schüssel neben uns. »Schon möglich.«
    Ohne noch ein Wort zu sagen, stand er auf und verschwand in der Menge. Ich trank mein Glas Champagner aus, holte mir aber kein neues.
    Der Herzog und seine Entourage süffelten Champagner und rauchten Joints. Gelegentlich brachen sie in schallendes Gelächter aus. Ich überlegte, wo er wohl seinen Nachschub an Kumpanen herbekam – obwohl ich vor zwei Tagen vier von ihnen erledigt hatte, schien es ihm keine Mühe zu bereiten, Ersatz zu finden. Und der Tod seiner Gefolgsleute lag Beaconfield offenbar nicht sonderlich schwer auf der Seele. Ab und zu warf er mir einen Blick zu, den er wohl für drohend hielt, der mich jedoch nicht beeindrucken konnte. Schließlich war ich, was Einschüchterung betraf, bei Männern vom Schlage Ling Chis in die Schule gegangen.
    Der Doktor musste mittlerweile im Gebäude sein. Die Nacht verging, und war ich zu Anfang noch beeindruckt gewesen, so empfand ich jetzt nur noch Verachtung für diese Angehörigen der Oberschicht, die allesamt Sybariten und derart degeneriert waren, dass selbst ihre Vergnügungen synthetisch und hohl wirkten. Da ich keine Lust hatte, eine der Kellnerinnen zu befummeln, blieb ich sitzen und überlegte, was wohl passieren würde, wenn ich Kendrick falsch eingeschätzt oder Celia sich geirrt hatte oder meine chemischen Kenntnisse sich als unzureichend erwiesen.
    Es geschah ohne Vorankündigung. Eine der Kellnerinnen ließ ihr Tablett fallen und sank weinend zu Boden. Offenbar hatte sie ein bisschen früh damit angefangen, sich aus dem Drogenvorrat des Hausherrn zu bedienen. Der Nächste, den es erwischte, war ein junger Geck, der auf die Knie fiel und sich übergab. Wie eine Welle ging es durch die Menge. Ganze Gruppen von Gästen wurden von Übelkeit befallen, griffen sich an den Bauch und hielten verzweifelt nach einem geeigneten Ort zum Kotzen Ausschau.
    Jeder Dummkopf kann Koboldatem mit etwas versetzen, das eine tödliche Wirkung hat, zum Beispiel mit ein paar Tropfen Witwenmilch. Wesentlich schwieriger ist es, etwas unterzumischen, das keinen letalen Effekt hat. Und natürlich wäre das Ganze überhaupt nicht möglich gewesen, wenn Beaconfield nicht die erste Lieferung Koboldatem aufgebraucht und für die Party Nachschub bestellt hätte. Was auch immer die

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