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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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hauptstädtischen Infanteriedivision gehörten nicht zu denjenigen, die sich die Papiere eines Mannes allzu genau ansahen, solange er sich kampfwillig zeigte. Trotz seines Exils unter uns Heiden hielt Saavedra an den religiösen Prinzipien seiner Rasse fest, war schweigsam und blieb undurchschaubar, erwies sich dabei als der beste Kartenspieler des Regiments und vermochte überdies verteufelt gut mit einem Kurzschwert umzugehen. Zweifellos hatte er irgendwo genug Ruß gehortet, um sich das Gesicht schwärzen zu können, aber für zwei würde es nicht ausreichen. Das war so sicher wie die Tatsache, dass der einzige Gott, den sein Volk anbetete, ein grimmiger Gott war.
    »Sorgen Sie dafür, dass sich alle bereit machen. Ich muss zum Major.«
    Wie gewöhnlich nickte Saavedra, ohne ein Wort zu sagen. Ich begab mich zur Mitte des Lagers.
    Unser Major Cirellus Grenwald war zwar dumm und feige, aber doch kein ausgemachter Irrer. Das allein unterschied ihn deutlich von den meisten anderen höheren Offizieren. Wenn sein Haupttalent darin bestand, ganz oben auf der gesellschaftlichen Leiter geboren worden zu sein, dann bedeutete es immerhin etwas, dass er die Leiter noch nicht heruntergepurzelt war. Er unterhielt sich gerade mit einem Mann, der einen Ledermantel mit silbernen Applikationen trug und den ich auf den ersten Blick für einen Zivilisten hielt.
    Der Major begrüßte mich mit jenem freimütigen Lächeln, das mehr als irgendeine Art von Kompetenz der Grund für seinen raschen Aufstieg in die höheren Ränge gewesen war. »Leutnant, gerade habe ich dem Dritten Zauberer Adelweid von Ihnen erzählt. Führt die schlagkräftigste Abteilung der ganzen Division an, habe ich gesagt. Er wird Ihr … Unternehmen erfolgreich zu schützen wissen.«
    Zauberer Adelweid hatte ein bleiches Gesicht und war von dürrer Gestalt, die hier und da jedoch etwas Fett angesetzt hatte. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, sein rabenschwarzes, schulterlanges Haar mit einer edelsteinbesetzten Spange zu bändigen – ein Schmuck, der der Situation ebenso unangemessen war wie die vergoldete Gürtelschnalle und die silbernen Manschettenknöpfe. Ich mochte den Mann nicht, und noch weniger mochte ich die Tatsache, dass meine Mission offenbar darin bestand, ihn zu schützen. Mit Ausnahme von Blaureiher hasste ich Zauberer – das tat jeder Landser im Heer, und zwar nicht nur deswegen, weil sie Angeber und Jammerlappen waren und ihnen all ihre Wünsche sofort erfüllt wurden, während wir nicht genug zu essen bekamen und uns das Leder für unsere Stiefel zusammensuchen mussten. Nein, jeder Landser hasste Zauberer vor allem deswegen, weil jeder davon zu berichten wusste, wie er Kameraden verloren hatte, weil irgendein magischer Sprücheklopfer beim Wirken von Kampfzaubern unvorsichtig geworden war und unter den eigenen Leuten ein Blutbad angerichtet hatte. Die Obermimer hielten sie natürlich für großartig, weil sie dachten, jedes neue Projekt, das sie vorlegten, würde endlich die Geheimwaffe sein, die uns den Sieg sicherte.
    Aber ich durfte mir meine Feindseligkeit nicht anmerken lassen. Ich salutierte zackig, was der Zauberer mit einem gleichgültigen Kopfnicken quittierte. »Willkommen bei der Operation Vorstoß, Leutnant«, fuhr Major Grenwald fort. »Ihre Befehle lauten wie folgt: Sie und Ihre Männer haben Zauberer Adelweid vierhundert Meter weit ins Niemandsland zu bringen und an einem Ort seiner Wahl haltzumachen, wo er dann einen Zauber wirken wird. Nachdem Sie einen Mann zu seinem Schutz zurückgelassen haben, werden Sie und die übrigen Männer weitere zweihundert Meter vorstoßen und an einer erhöhten Stelle in Sichtweite der feindlichen Linien diesen Talisman deponieren.« Er reichte mir einen kleinen schwarzen Edelstein. »Diese Stellung haben Sie zu halten, bis Zauberer Adelweid seinen Teil der Mission abgeschlossen hat.«
    Insgesamt ergab das sechshundert Meter. Damit würden wir uns näher am Territorium der Dren befinden als an unserem, überdies in einem Abschnitt, in dem mit Patrouillen zu rechnen war. Und es entging keineswegs meiner Aufmerksamkeit, dass sich Grenwald nicht darüber geäußert hatte, wie lange Adelweid für seine Aufgabe brauchen würde. Zehn Minuten? Zwanzig? Eine Stunde? Und warum nahmen wir überhaupt alle an, dass dieses glatte Stück schwarzen Glases seine Aufgabe erfüllen würde? Nach allem, was ich über Magie wusste, konnte es durchaus passieren, dass es in meiner Hand explodierte.
    Ich erwartete

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