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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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das leere Glas aus der Hand, füllte es aus der Karaffe nach und reichte es ihm. »Ich hätte gedacht, dass du allmählich genug davon hast, den Helden zu spielen. Eine Begegnung mit der Leere überleben nur wenige, und diejenigen, die es schaffen, sind selten erpicht auf eine Wiederholung dieses Erlebnisses.«
    »Ich habe schon allerlei überlebt. So der Erstgeborene will, wird mir das auch weiterhin gelingen.«
    »Deine Tapferkeit ist beeindruckend. Wir werden ein episches Gedicht darüber in Auftrag geben, wenn dein verstümmelter Leichnam im Sarg liegt.«
    »Sieh zu, dass das Gedicht vertont wird. Ich war immer der Ansicht, dass ich eine Ode verdiene.«
    Ich dachte, dies würde zumindest ein Kichern bei Celia hervorrufen, doch weit gefehlt. Blaureiher wiederum schien gar nicht zuzuhören. »Möglicherweise habe ich keine andere Wahl«, erwiderte ich. »Es ist nämlich ein zweites Mädchen verschwunden.«
    Das riss Blaureiher aus seinen Gedanken. Sein Blick huschte über mein Gesicht, bevor er sich auf Celia richtete. »Das wusste ich nicht. Ich hatte gedacht, dass …« Er verstummte und trank sein Glas aus. Was immer dieses Gebräu enthalten mochte, die Wirkung würde sicher die Nacht über anhalten.
    Celia legte dem Meister die Hand auf den Rücken und geleitete ihn zu einem Sessel. Er zuckte zusammen, als sie ihn berührte, ließ sie aber gewähren. Nachdem er in den Sessel gesunken war, starrte er ins Leere. Sie beugte sich über ihn und streichelte ihm den Kopf. Ihre Holzkette baumelte über dem tiefen Ausschnitt ihres Kleides, das sich über ihrem Körper straffte, während sie sich wieder aufrichtete. »Das ist eine schlechte Nachricht, aber ich verstehe nicht, was es mit dir zu tun hat.«
    »Die Krone weiß, dass ich das erste Mädchen gefunden habe. Es wird nicht lange dauern, bis sie mich aufsuchen, und wenn ich ihnen nichts zu sagen habe … könnte es übel ausgehen.«
    »Aber du hast keine Erfahrung mit Magie! Das müssen sie doch begreifen. Du warst früher selbst Ermittlungsbeamter! Da müssen sie doch auf dich hören!«
    »Mein Ausscheiden aus dem Dienst der Krone war keine ehrenhafte Entlassung – vielmehr wurde ich meines Amtes enthoben. Die werden sich die Hände reiben, wenn sie mir endlich was anhängen können.« Was für eine seltsame Vorstellung die Oberschicht von der Polizei hat! »Das sind keine freundlichen Leute.«
    »Na schön«, entgegnete Celia voller Entschiedenheit. »Wenn du da drinsteckst, stecken wir auch mit drin. Wie sieht der nächste Schritt aus?«
    »Wir?«
    »Es mag ja deine Eitelkeit kitzeln, den einsamen Wolf zu spielen, aber du bist nicht der Einzige, dem am Herzen liegt, was in der Unterstadt geschieht. Und so schwer es auch zu glauben sein mag: Nicht nur außerhalb des Magierhorsts hat sich einiges verändert, sondern auch innerhalb.« Sie hielt die Hand ins Licht, um auf ihren Ring aufmerksam zu machen. »In Anbetracht der Art deiner Ermittlungen ist es vielleicht nicht ganz unvernünftig, die Hilfe einer Ersten Magierin des Reichs in Anspruch zu nehmen.«
    »Schon möglich«, räumte ich ein.
    Nachdenklich spitzte sie die Lippen. Ich gab mir alle Mühe, darüber hinwegzusehen, wie üppig sie waren, und zu ignorieren, wie gut ihr Lippenstift die Farben ihrer Augen zur Geltung brachte. »Warte mal einen Moment. Ich habe etwas, das dir helfen könnte.«
    Ich sah ihr hinterher, bis sie das Zimmer verlassen hatte. Dann wandte ich mich Blaureiher zu. »Dein Schützling nimmt seine neue Aufgabe ja sehr ernst.«
    »Sie ist nicht mehr das Mädchen, das sie einmal war«, erwiderte er, ohne aufzublicken.
    Ich wollte noch etwas sagen, doch als ich bemerkte, wie zerbrechlich sein Gesicht im nachlassenden Licht wirkte – so zerbrechlich, als würde es gleich zu Staub zerfallen –, besann ich mich eines Besseren und schwieg, bis Celia zurückkehrte.
    »Zieh dein Hemd aus«, befahl sie mir.
    »Mir ist zwar klar, wie unwiderstehlich ich bin, aber ich glaube nicht, dass das der richtige Zeitpunkt für so was ist.« Sie verdrehte die Augen und machte eine ungeduldige Handbewegung, um mich anzutreiben. Ich warf meinen Mantel auf einen Sessel und zog mir das Hemd über den Kopf. So halb nackt bemerkte ich, dass es im Zimmer zog. Ich hoffte, was Celia vorhatte, würde keine Zeitverschwendung sein.
    Sie griff in die Tasche ihres Kleides und holte einen Saphir von vollendetem Blau heraus, der ungefähr die Größe meines Daumennagels hatte. »Ich habe diesen Stein mit einem Zauber

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