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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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Tatsache, dass man niemals die Aufmerksamkeit der Hochgeborenen erregen durfte. Es war immer besser, anonym zu bleiben, einer aus der gleichförmigen Masse, die Sakra geschaffen hatte, um den Launen der Hochgeborenen zu dienen, ein halb vergessener Name, den irgendjemand aus ihrem Klüngel weitergegeben hatte.
    »Vor dem musst du auf der Hut sein, Bruder«, sagte Yancey, während er seine Kippe wegschnippte.
    »Du meinst, er ist gefährlich?«
    »Und nicht nur mit dem Schwert«, erwiderte er mit einer Ernsthaftigkeit, die in Anbetracht dessen, womit wir uns in den letzten fünf Minuten entspannt hatten, bemerkenswert war.
    Der Reimer führte mich durch die Hintertür in eine geräumige Küche, wo unzählige Köche herumwuselten und sich um die Zubereitung von Speisen kümmerten, die ebenso appetitlich wie auserlesen waren. Ich bedauerte, mir schon den Bauch mit Hühnchen vollgeschlagen zu haben, obwohl es andererseits höchst unwahrscheinlich war, dass man mich zum Festmahl einladen würde. Nachdem wir uns durch das Gewusel gedrängelt hatten, traten Yancey und ich in den Saal des Hauses.
    Durch Yanceys Vermittlung war ich schon auf vielen dieser kleinen Soirées gewesen, und diese hier gehörte ganz entschieden zu den besseren ihrer Art. Die Gäste sahen durchaus manierlich aus – was nicht immer der Fall ist.
    Allerdings war dieser Eindruck möglicherweise vor allem auf die Beschaffenheit des Saals zurückzuführen, der dreimal so groß war wie Adolphus’ Kneipe. Ansonsten gab es jedoch nichts, was einen Vergleich mit diesem bescheidenen Etablissement zuließ. Der Boden war mit kunstvollen kirenischen Teppichen ausgelegt, die holzgetäfelten Wände mit Schnitzereien verziert. Von der vergoldeten Decke hing ein Dutzend gläserner Kronleuchter herab, die jeweils mit hundert Wachskerzen bestückt waren. In der Mitte des Raumes amüsierte sich eine Gruppe von Adligen damit, im Rhythmus der Musik, die die Band spielte, einen komplizierten Kontertanz aufzuführen. Um die Tänzer herum standen Grüppchen von Höflingen, die lachend miteinander plauderten. Zwischen ihnen huschten so unauffällig wie allgegenwärtig Diener hin und her, die Tabletts mit Appetithappen und Drinks aller Art trugen.
    Yancey beugte sich zu mir. »Ich werde dem großen Mann mal Bescheid sagen, dass du da bist«, raunte er und verschwand in der Menge.
    Ich schnappte mir eine Flöte mit Champagner vom Tablett eines vorbeikommenden Kellners, der ein verächtliches Schnauben ausstieß. Es amüsiert mich immer wieder, welche Arroganz die Dienstboten von Höhergestellten an den Tag legen können. Während ich mein Prickelwasser trank, versuchte ich mir in Erinnerung zu rufen, warum ich diese Adligen eigentlich hasste. Das fiel mir gar nicht so leicht, denn sie waren sehr attraktiv und schienen eine Menge Spaß zu haben. Trotzdem bemühte ich mich, inmitten all des Gelächters und der Farbenpracht mein Klassenvorurteil aufrechtzuerhalten. Der Joint, den ich gerade geraucht hatte, war mir dabei keine Hilfe, da die angenehm benebelnde Wirkung meine Verbitterung dämpfte.
    Eine Gestalt in der Ecke fiel mir auf, die so gar nicht zu all dem Glanz und Glitzer passen wollte. Der Mann war klein und stämmig, fast zwergwüchsig, und machte einen ungepflegten Eindruck. Über seiner Gürtelschnalle reihte sich Fettwulst an Fettwulst, während die geplatzten Äderchen an seiner Nase vermuten ließen, dass er sich gern und oft einen hinter die Binde kippte. Seine Kleidung gab ebenfalls Rätsel auf, denn während ich bezweifelte, dass der Herzog jemanden in seine Dienste nehmen würde, dessen Äußeres so deutlich einen Mangel an Erziehung verriet, war ich mir sicher, dass er ihm nicht gestatten würde, derart merkwürdige Kleidung zu tragen. Zweifellos war sie mal teuer gewesen, wenn auch nicht modisch, und bestand aus einem schwarzen Smokinghemd sowie Hosen von gleicher Farbe, wobei Schnitt und Stoff von einem Meisterschneider stammten. Doch alles war schmuddelig und abgetragen, und seine Lederstiefel wiesen eine Dreckkruste auf.
    Wenn man nicht ausdrücklich nach mir verlangt hätte, hätte ich ihn in seiner Schäbigkeit, in die sich etwas Brutales mischte, für einen Angehörigen meines eigenen Gewerbes, also für einen Konkurrenten gehalten. Wäre ich ihm in der Unterstadt begegnet, hätte ich angenommen, er sei ein Betrüger oder ein kleiner Fixer, und hätte nicht weiter auf ihn geachtet. Doch hier, umgeben von der Crème der Riguner Gesellschaft, verdiente

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