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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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Menschliches verlieh. »Meine Mission war erfolgreich, und ich spüre, dass die anderen Zauberer, die eingesetzt wurden, ebenfalls Erfolg hatten! Sie sind ein doppelter Glückspilz, Leutnant, denn Sie dürfen miterleben, wie die Republik der Dren zusammenbricht!«
    Als ich schwieg, drehte er sich wieder in Richtung der feindlichen Linien und beobachtete, wie gelegentlich ein Blitz aufflammte und die Landschaft beleuchtete. Ich sah, wie sich in der Ferne ganze Scharen dieser Wesen unerbittlich auf die Dren zubewegten. Adelweid hatte recht – von Weitem haftete den Kreaturen etwas Ätherisches und sogar seltsam Schönes an. Doch der entsetzliche Gestank und der letzte Laut, den der sterbende Saavedra von sich gegeben hatte, waren mir noch zu frisch in Erinnerung, als dass ich Adelweids Begeisterung hätte teilen können. Für mich waren diese Wesen nichts als Spottgeburten, eine Beleidigung des Schwurhalters und aller Daevas.
    Dann setzten die Schreie ein – ein Chor aus Schreien, der aus den Gräben der Dren aufstieg. In einem Gefecht mischen sich Todesschreie mit Kampfgeräuschen, geht das Stöhnen der Verwundeten in das Klirren von Stahl und den Donner der Kanonen über. Doch die Todesschreie der Dren wurden durch keine anderen Geräusche überlagert und waren deshalb tausendmal schrecklicher. Adelweid grinste breit.
    Ich kniete mich neben Carolinus. Er hatte seine Pflicht getan und war verblutet, während der Zauberer Entsetzliches heraufbeschworen hatte. Seine Grabenklinge lag zerbrochen neben ihm, seine Augen waren offen. Nachdem ich sie geschlossen hatte, nahm ich Carolinus’ beschädigte Waffe in die Hand. »Ist Ihre Aufgabe erledigt, sobald Sie diese Wesen herbeizitiert haben?«
    Adelweid starrte immer noch in Richtung Osten, um sich mit einer Mischung aus Lust und Stolz an den grauenhaften Verheerungen zu weiden, die seine Kreatur und ihre Gefährten anrichteten. »Wenn die Wesen ihr Werk getan haben, kehren sie in ihre Welt zurück.«
    Er war so in das Gemetzel vertieft, dass er gar nicht bemerkte, wie ich mich neben ihn stellte, um ihm Carolinus’ zerbrochene Waffe durch den elegant geschnittenen Mantel in den Leib zu stoßen. Sein Schrei ging in den Geräuschen unter, die von den Linien der Dren herüberhallten. Ich zog die Waffe heraus und warf sie zu Boden. Adelweids Leiche purzelte unelegant den Hang hinunter.
    Meiner Ansicht nach war ich es Saavedra und den übrigen schuldig, dass jemand für ihren Tod büßte, und da ich an andere Obermimer nicht herankam, musste Adelweid dafür herhalten. Außerdem war ich der Ansicht, dass die Welt gut und gern auf ihn verzichten konnte.
    Ich kehrte ins Lager zurück, um zu melden, dass die Mission erfolgreich abgeschlossen sei, wenn auch mit hohen Verlusten. Sowohl der Tod meiner Männer als auch der des Zauberers interessierten den Major nicht im Geringsten. Es war der Vorabend der letzten Attacke, die der Republik Dren das Rückgrat brechen sollte, und folglich gab es viel vorzubereiten. Im Morgengrauen ließ ich meine Abteilung antreten, um an dem Großangriff teilzunehmen, der uns unter anderen Umständen zehntausend Mann gekostet hätte. Doch die Dren leisteten nur geringen Widerstand. Ganze Abschnitte der feindlichen Gräben enthielten lediglich Tote, entsetzlich verrenkte Leichen, denen man nicht anzusehen vermochte, wodurch sie gestorben waren. Die restlichen Dren waren zu weit über das Gelände zerstreut und zu entmutigt, um heftige Gegenwehr zu leisten.
    Am Nachmittag nahm General Bors die Kapitulation der Hauptstadt entgegen, und am Tag danach ergab sich Wilhelm van Agt, der letzte und größte Statthalter der Vereinigten Republik Dren.
    Am offiziellen Gedenktag wird diese Geschichte anders erzählt, und diese Version wird dann eines Tages wohl auch in die Annalen eingehen. Aber ich bin dabei gewesen und kann bezeugen, wie der Krieg wirklich zu Ende ging. Ich bekam eine Medaille – wie die ganze Kompanie, weil wir die Ersten waren, die in Donknacht eindrangen. Diese Medaille bestand aus getriebenem Gold und zeigte einen Pikenier, der auf einen Drenschen Adler einsticht. Ich habe sie verkauft und mir von dem Geld eine Flasche hochwertigen Roggenwhiskeys sowie eine Nacht mit einer nestriannischen Hure spendiert. Ich bin immer noch der Ansicht, dass ich bei dem Geschäft besser weggekommen bin.

12
    Nachdem ich die Teile meiner Geschichte erzählt hatte, die halbwegs zumutbar waren, schenkte sich Blaureiher seine widerliche Medizin ein und führte das

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