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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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heute schreckliche Sorgen um die Sicherheit meines Vertrauten gemacht.«
    »Es schmeichelt mir, dass jemand, der so erhaben ist, mein Wohlbefinden seiner Aufmerksamkeit für würdig hält.«
    »Heute Morgen erhielt ich die Nachricht, dass mein Freund von Ermittlungsbeamten der Krone verhaftet worden sei.« Er schnalzte auf eine Weise mit der Zunge, die Kummer ausdrücken sollte – was so grotesk und unnatürlich war, als säugte eine Wölfin ein neugeborenes Kind. »Schrecklich war die Verzweiflung, die in meinem Heim herrschte. Ich befahl den Dienern, weiße Kleidung anzulegen und die vierzig Tage der Trauer einzuleiten, die der Tod eines geschätzten Gefährten vorschreibt.« Heuchlerisch ließ er den Kopf hängen und schwieg einen Augenblick lang.
    »Dann geschah etwas Außergewöhnliches!« Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen, das jedoch nicht bis in die Augen vordrang. »Ich erhielt eine weitere Nachricht. Mein Verbündeter hatte das Haus der Gerechtigkeit wieder verlassen! Groß war die Freude, mit der die Botschaft vom Überleben meines Bruders entgegengenommen wurde! Ich gab Order, ihm zu Ehren Schnüre von brennenden Chrysanthemen zu entzünden und einen schwarzen Hahn zu schlachten.« Nachdenklich legte er den Kopf auf die Seite. »Doch in all meiner unverfälschten Freude konnte ich mich einer Anwandlung von Neugier nicht erwehren. Denn obwohl ich schon oft gehört habe, dass Menschen in die Keller des Schwarzen Hauses gebracht wurden, ist mir doch noch nie zu Ohren gekommen, dass jemand die Keller auch wieder verlassen durfte.«
    »Der Besuch meiner ehemaligen Arbeitgeber kam ebenso überraschend wie meine Freilassung. Schrecklich ist das Wirken einer Regierung, die nicht mit den Gesetzen des Himmels harmoniert.«
    »Ehemalige Arbeitgeber …«
    »Die Feinhörigkeit meines Geschäftspartners wird nur noch von der Vollkommenheit seines Verstands übertroffen.«
    »Gerissen sind die Diener eurer Königin, ihre Pläne unergründlich. Mit großer Sorge muss erfüllt sein, wer in die Intrigen des Schwarzen Hauses verwickelt wird.«
    Die Puzzleteile fügten sich aneinander. Endlich begriff ich, was er mit seinem nicht enden wollenden Gelaber bezweckte. Er dachte, der Alte führe etwas gegen ihn im Schilde, dachte, die Sache mit dem toten Kirener sei das Eröffnungsmanöver einer Aktion gewesen, in die man mich mit einbezogen hatte, und meine Verhaftung sei nur der Vorwand für ein Treffen gewesen. Dass eine solche Unternehmung ganz unmöglich war, würde wenig Schutz gegen die Klingen von Ling Chis Handlangern bieten, falls er beschloss, auf seinen Verdacht hin zu handeln. »Weshalb sollten ehrliche Bürger angesichts des Vorgehens der Gesetzeshüter von Sorge erfüllt sein, so getrübt deren Sicht auch sein mag?«
    »Gewiss hat mein Bruder recht. Und dennoch … Ich bin ein einfacher Mann«, sagte er und machte eine Pause, damit sich diese absurde Selbstbeschreibung mit dem Rauch vermischen konnte. »Deshalb spreche ich offen und ehrlich mit meinen verehrten Brüdern. Ich weiß nicht, welche Probleme die Unterstadt heimgesucht haben – aber ich kann nicht umhin festzustellen, dass die Rundaugen seit dem Besuch meines Geschäftspartners nach dem Blut meiner Landsleute schreien und das Schwarze Haus in meinem Revier herumschnüffelt.«
    Es hatte keinen Zweck weiterzuargumentieren. »Die Worte meines ehrenwerten Verbündeten sind wie Wasser auf verdorrte Erde.«
    Er schloss die Augen und legte die Hand theatralisch an die Stirn. »Wahrlich, die Sorgen der Verantwortung lasten schwer auf mir. Zahlreich sind die Tage, an denen ich mich frage, wie ich weitermachen soll. Zahlreich sind auch die Nächte, in denen ich wünsche, der Kaiser möge mich zu sich rufen. Trost gewährt mir nur das Wissen, dass mein Verbündeter meinem schwachen Körper Hilfe leistet und meinem alternden Geist Aufmunterung verschafft.«
    »Ich wache über meinen Mentor mit einem Blick, der sich niemals trübt.«
    »Von einem so treuen Freund würde ich auch nichts anderes erwarten. Die Ware ist an der Theke, und ich reduziere den Preis um ein Viertel – als Gegenleistung für die kostbare Zeit, die mir mein Bruder geschenkt hat. Was die anderen Dinge betrifft …« Er beugte sich so vor, dass das Mädchen ihm weiterhin den Fuß massieren konnte. »Vergiss nicht, was ich gesagt habe. Ich habe keineswegs die Absicht, mir das Schwarze Haus zum Feind zu machen, aber es darf auch nicht sein, dass sie in meinem Revier operieren. Sollte es

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