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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auf ihren hellen Pullover. Jan ließ sie weinen. Er wußte, daß sie diese Tränen mehr brauchte als alles andere.
    »Es ist meine Schuld. Du denkst es auch … Es ist meine Schuld … Warum sagst du's nicht? Sag's doch!«
    »Komm, Do – bitte! Du mußt jetzt schlafen.«
    Es war, als habe nicht nur ihr Körper, sondern auch ihr Gesicht, dieses Gesicht, das Jan immer als schön empfunden hatte, seinen Halt verloren. Nicht durch die tiefen Falten an den Mundwinkeln, um die Augen, die Wangenkerben. Es war etwas anderes: Die Kraft war aus diesem Gesicht gewichen.
    »Geh ins Bett, verdammt noch mal!«
    »Was soll ich da? Schlafen?«
    Ihre Augen behielten diesen seltsamen Glanz. Darin fieberte etwas, das Jan noch nie an ihr erlebt hatte. Die Hölle der Selbstzweifel.
    »Was heißt hier Schuld, Do? Himmelherrgott, komm runter von deinem Schuld-Trip. Ich muß mir doch dasselbe sagen. Hab' ich mir die Zeit genommen, die Kati brauchte? Ich war doch auch zufrieden mit ihrem ›O Papi, macht doch nichts, wenn du soviel zu tun hast! Wir sehen uns schon wieder …‹ Ich hätte ihr doch widersprechen müssen. Und? Hab' ich's getan?«
    »Kati wohnte hier. Nicht bei dir!«
    Wohnte? Dorothea erschrak vor der Vergangenheitsform.
    »Kati ist einundzwanzig. Mach dir das jetzt endlich klar! Sie ist erwachsen und dabei, die Welt zu erfahren. Das ist ein Prozeß, der immer von Krisen begleitet wird. Bei jedem Menschen.«
    »Das sind doch nur Sprüche.«
    »Sprüche? Himmelarsch, wenn ich daran denke, was ich in ihrem Alter alles angestellt habe! Was ist denn passiert? Sie hat ein bißchen auf der Terrasse herumgezündelt. Und ist weg. Selbsterfahrungstrip nennt man so was heute.«
    Do schüttelte den Kopf. »Es ist schlimmer, Jan, viel, viel schlimmer. Ich kann dir nicht sagen, warum, aber ich spüre es … Nein, ich weiß es. Deshalb habe ich Angst.«
    »Was soll, Herrgott noch mal, denn passiert sein?«
    »Sie ist depressiv, Jan. Völlig verstört. Sie ist nicht die Kati, die wir kennen.«
    »Dann hat sie ihre Depression bisher ganz gut getarnt.«
    »Ich hätte es trotzdem merken können. Ich hätte es merken müssen. Sie hat es ja nie gezeigt. Der Junge hat es mir gesagt.«
    »Welcher Junge?«
    »Dieser Diskjockey.«
    »Und wie kam der dahinter?«
    Do lehnte sich auf der Couch zurück und schloß die Augen. Sie versuchte, die Hände hinter den Kopf zu schieben, um die schmerzende Stelle zu schützen, und hatte Mühe damit.
    »Er hat noch viel mehr gesagt. Er sagte, er kenne viele Mädchen, die ausflippten, aber bei Kati sei alles anders gewesen. Sie nahm Hasch. Sie nahm auch Ecstasy. Sie war bei irgendwelchen sonderbaren Partys und nahm all dieses grauenhafte Tabletten-Zeug.«
    Er dachte an Beas Joints. Partys, na ja … Und Tabletten? – Was willst du als Arzt dazu sagen? Er schwieg weiter.
    »Der Junge meinte, er habe Kati in letzter Zeit immer in Extremzuständen erlebt. Er schrieb es ihrer Sensibilität zu. Und ihrer Einsamkeit … Er sagte, sie sei auf diese Einsamkeit nicht vorbereitet worden.«
    »Das ist doch Klippschul-Psychologie.«
    Dorotheas Worte kamen leiser, stockender. »Aber es ist die Wahrheit. Der Junge hat sie, glaube ich, besser erkannt als wir … Kati wollte mit ihm schlafen, Jan. Er meinte, nicht weil sie in ihn verliebt war, sondern nur, weil sie sich so alleine fühlte und einen Halt suchte. Er lehnte es ab. Er hatte Angst, daß Kati eine weitere Enttäuschung nicht mehr verkraften könnte, daß sie dann total abstürzen würde.«
    »Hat er ihr auch Briefe geschrieben?«
    »Weiß ich nicht. Das glaub' ich kaum. Er ist nicht der Typ dafür …«
    »So? Denkst du … Und von wem stammt dann das hier?« Jan ging zur Fernsehtruhe, hob die kleine Metallvase hoch, die dort stand, und hielt ein Stück Papier in der Hand. Er kam zurück. Die Ränder des Papiers waren vom Feuer angefressen, auch die Oberfläche war versengt. Jan hatte es wohl aus den Brandresten gefischt. »Das habe ich auf der Terrasse gefunden.«
    »Und? Was ist es?«
    »Ein Brief. Und offensichtlich von einem Mann … Was sagst du dazu?«
    Jan begann zu lesen: »›Es ist kein Zufall, daß wir uns trafen, Kati. So wenig, wie es Zufall sein wird, wenn wir uns wiedersehen, hier in Bayreuth wahrscheinlich, denn in der nächsten Zeit werde ich kaum Gelegenheit haben, München …‹«
    Er brach ab. »Nein, das kann ich nicht entziffern. Es ist völlig versengt. Wahrscheinlich heißt es ›zu besuchen‹ oder irgend so etwas …«
    Jan beugte sich

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