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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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tiefer über den Papierfetzen. »Aber hier geht's weiter, ganz tiefsinnig: ›Zufälle gibt es nicht. So, wie alles in dieser Welt bis ins letzte Elementarteilchen zueinander in Beziehung steht und seinen Gesetzen folgt, so ist auch unser Leben verwoben. Was immer wir tun wollen, es folgt bestimmten festgelegten Leitlinien. ‹«
    Er ließ das Papier sinken und grinste mühsam. »Ende der Durchsage. Der Rest ist verbrannt. Na, was hältst du davon?«
    Was sollte sie davon halten? Do fühlte sich so schwach. Sie hielt die Augen geschlossen. »Bayreuth? – Das kann nicht von Timo sein.«
    »Timo?«
    »Der Diskjockey. Er wohnt in München.«
    »Von wem ist der Brief dann?«
    Ja, von wem? Hatte Kati noch andere Beziehungen? Gab es da noch mehr Jungen oder Männer? Was wußte Do schon von Kati? Doch nur dieses eine: »Mit mir, mit allem, was ich bin, hast Du nie etwas zu tun gehabt …«
    Do starrte vor sich hin. Wieder war Jan hinter sie getreten, um mit sanften, langsamen, ruhigen Bewegungen ihre Schulter zu massieren. »Hast du schon Tommi Reinecke angerufen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Das solltest du aber …«
    Sie sah auf die Uhr. »Um diese Zeit?«
    »Bei Tommi macht das doch nichts. Er hat Verständnis. Und er weiß eine Menge … Und außerdem ist Tommi der einzige von uns, mit dem Kati immer Verbindung hielt.«
    Aber Tommi war nicht zu erreichen. Er war nicht zu Hause …

3
    Kati konnte den Schatten des Schranks erkennen und das hohe bläuliche Funkeln des Fensters. Zuvor hatte sie es geöffnet, nun bewegte der Wind die Vorhänge. Es war ein eisiger Hauch, der ihre Stirn traf. Kati drehte sich im Bett um und zog die Schultern zusammen. Wieso war es nur so kalt geworden?
    Sie schloß wieder die Augen und versuchte alles, was in den letzten beiden Tagen geschehen war, in einen Zusammenhang, zumindest in so etwas wie eine logische Abfolge zu bringen. Es gelang ihr nicht. Ihr Gedächtnis reagierte langsam und widerwillig, projizierte nur einzelne, isolierte Eindrücke und Bilder in ihr Bewußtsein, merkwürdig fremde und zugleich angenehme Erinnerungen: Die Reise mit Martin von Schönberg über München nach Starnberg und dann wieder zurück. Endlose Stunden, die vorüberglitten, weich und dunkel, als existiere die Zeit nicht mehr.
    Sie hatte auch kaum gegessen, nur immer wieder den Tee getrunken, den Martin in der Thermosflasche mithatte. Im Grunde war es, als habe auch Katis Körper sich aufgelöst, als schwebe sie über dem kleinen Wagen und sehe von oben zu, wie er durch die Landschaft kroch. Über die Autobahn, dann durch München zum See, zum Haus. Ja, sie war im Haus gewesen, sie war glücklich, tanzte, und da war ein Feuer, in das sie Dinge warf. Ja, sie tanzte, tanzte, und auf der Rückfahrt schlief sie ein …
    Heute aber?
    Heute nachmittag die Sitzung mit Reto. Er hatte nicht einmal nach ihrer Reise gefragt, saß nur in seinem großen Sessel im verdunkelten Pavillon.
    Spürst du es, Kati?
    Sie sah ihn nicht. Reto war hinter ihr. Sie sah nur die Farben und Bewegungen auf dem Bildschirm. Aber Retos Stimme war bei ihr, war wie eine freundschaftlich beruhigende Berührung, wie ein Streicheln, leise und suggestiv, sie war zu einem Teil von ihr selbst geworden, so, als denke sie die Gedanken, die er aussprach: Es ist nichts als Übergang, Kati. Ein Übergang zum Glück und Vergessen … und ich werde dich begleiten. Hab keine Furcht, du kannst alle Gedanken denken, so verrückt und so abwegig sie auch sein mögen, ich werde ihnen folgen und sie verstehen. Ich bin dein Bruder, dein Freund. Spürst du es?
    O ja, sie hatte es gespürt. Und wie sie es gespürt hatte …
    Es wird wie ein Strom sein. Er wird dich ergreifen. Doch er wird dich nicht forttragen, du wirst dich in ihm geschützt und zu Hause fühlen, so wie das Kind im Körper seiner Mutter.
    Und es war wahr. Kati fühlte sich so bewahrt, so umschlossen, nie hätte sie es für möglich gehalten, daß es so etwas gab.
    Alles, was da ist, Kati, Materie oder Fleisch, alles kommt von Gott. Auch unsere Bausteine sind Teile des von ihm geschaffenen Kosmos. So wie die Kraft, die in uns wohnt. Sie ist göttlich und kosmisch zugleich – und daher unendlich. Auch du besitzt diese Kraft. Glaubst du es?
    »Ja.«
    Wir sind göttlich, Kati.
    »Ja, Reto.«
    Ihr Kopf schmerzte. Das war zuvor schon so gewesen, doch sie war trotzdem eingeschlafen, und Retos Stimme hatte sie selbst im Traum begleitet.
    Wenn es nur nicht so kalt wäre …
    Kati Folkert schlug die

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