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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wieder beschlug und Tommi sie mit dem Ärmel seiner Skijacke blank reiben mußte. Die Polizei hatte die Bewohner der beiden Reihenhäuser evakuiert, vorsichtig, versteht sich, über die Hinterausgänge, damit die Aktion von dem blauen Haus aus nicht beobachtet werden konnte. »Das muß sein, Herrschaften. Wenn's zu 'nem Schußwechsel kommt, kann's auch hier ungemütlich werden. Die da drüben sind ziemlich gefährlich. Rumänen …«
    Und das stimmte. Gefährlich waren sie …
    Reinecke wühlte in der rechten Tasche seiner Jacke und fand drei Eukalyptus-Bonbons. Eines steckte er sich in den Mund. Kohldampf hatte er auch. Und mit Olli Bachmann würde er reden müssen. Olli war sein Topverbindungsmann in der Einsatzzentrale.
    Tommi nahm die Kamera mit dem Zoom und drückte sie ans Auge. Links hinter dem Kistenlager standen drei Streifenwagen. Die Besatzungen hatten sich irgendwo im Gelände verteilt. Einer im Lodenmantel sprach in sein Funktelefon. Pfingstmeyer, der Chef des Einsatzes, konnte es nicht sein. Der trug Lederjacken.
    Vorhin, als sie in das blaue Haus reinwollten, waren drei Schüsse gefallen. Seitdem war Pause.
    »He!« sagte jemand hinter ihm. »Siehst du was, Tommi?«
    »Was schon? Langeweiler mit Panzerwesten, Bullen. Kollegen von dir.«
    Sepp Pichler war in Ordnung. Er grinste nur, öffnete seine schußsichere Weste und holte zwei Bierflaschen raus. »Du schuldest mir zwei Mark. Ich hab' vier in den Eisschrank in der Küche gelegt. Hörst du?«
    Aber Reinecke hörte nicht. Er blickte wieder durch das Vergrößerungsobjektiv zur Straße hinüber: Himmel, Arsch, was kam denn da für eine Karre? Allrad, geländegängig, ultramarin-metallic. So metallic, daß sie in dem bißchen Licht, das von dem tiefhängenden Schneehimmel fiel, wie das Mittelmeer glänzte. So ein allradgetriebenes Luxusspielzeug von Frontera. Krähen flogen von dem Feld auf, das der Wagen gerade passierte.
    Und was wollte er? Was wollte er vor allem auf der Straße dort? – Mein Gott, es könnte Do sein, durchfuhr es Tommi. Die hat dich über Lobko hier ausgemacht, die hat doch so einen Wagen …
    »Du kennst doch die Rumänen hier?« sagte Pichler in Tommis Rücken. »Du bist doch der ganz dicke Rumänen-Kumpel. Sogar den Andrescu kennst du, und der ist ja wirklich der Chef …«
    »Klappe!«
    »Was?«
    »Na, guck doch!«
    Der Wagen hatte jetzt die leichte Linkskurve erreicht, die die Straße näher ans Haus führte, und befand sich in Höhe der Mauer, auf der ein Maschenzaun das Grundstück eingrenzte.
    »Scheiß«, flüsterte Pichler. »Ja warum stoppt den denn keiner? Verdammter Scheiß! Und die Kollegen …«
    Der Wagen fuhr langsamer. Tommi Reinecke konnte den Fahrer nicht erkennen, aber er sah, wie er sich dem Seitenfenster zubeugte.
    Genau in diesem Augenblick fiel der erste Schuß. Pichler fluchte wieder. Er hatte seine Waffe aus dem Halfter gerissen. »Hast g'seh'n, von wo die schießen? War die linke Ecke, oder? Entweder das Fenster im Erdgeschoß oder das Souterrainfenster. Komm, mach Platz.«
    Den Teufel würde er tun. Wieder nahm Reinecke die Kamera hoch.
    Und erneut knallte es. Dieses Mal zweimal. Und noch mal …
    Doch der Fahrer dort drüben war clever, und vor allem hatte er Nerven. Statt weiterzufahren und damit ein breites Schußziel zu bieten, hatte er bereits den Rückwärtsgang eingelegt, brachte den Motor auf Höchsttouren, raste zur Kurve zurück, schaltete wieder, lenkte den Wagen nach rechts, gab Gas, riß einen Lattenzaun nieder, rollte an dem Beamten im Lodenmantel vorbei, der wild mit den Armen fuchtelte, holperte über den verschneiten Rasen und kam endlich an der rückwärtigen Hauswand zum Stehen.
    Tommi und Pichler sahen sich an.
    »Mein lieber Herr Gesangsverein!« sagte Pichler anerkennend.
    Auch das hatte sie schon erlebt …
    Und auch damals hatte sie die Schüsse nicht ernst genommen, weil sie so leicht und harmlos klangen, als würden sie aus einer Kinderpistole abgefeuert. Doch es war keine Kinderpistole gewesen, sondern eine AK-47. Zwei Kugeln verwandelten die Frontscheibe in milchiges Craquelé, der Fahrer, ein Belgier, schrie » Merde «, verlor die Kontrolle über den Wagen, weil er ja nichts mehr sehen konnte, und sie landeten im Straßengraben, noch keine dreißig Meter von dem amerikanischen Hilfsgüterlager in Mogadischu entfernt, das man Do zeigen wollte.
    Sie robbten raus. Der Belgier hatte sich die Schulter ausgerenkt, ihr aber, von den tausend in der Sonne glitzernden Glassplittern

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