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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sekten?«
    »Aber das ist doch nicht das Thema, Herr Perauer. Mir geht es allein um den Grund, warum meine Tochter sich so sonderbar verhalten hat.«
    »Sonderbar«, sagte Perauer und trank noch einen Schluck.
    »Wenn Sie von Sekten anfangen, dann ist ›sonderbar‹ genau das richtige Wort. Und wenn Sie etwa gegen Sekten sind, dann werden Sie noch ganz andere ›sonderbare Dinge‹ erleben, das kann ich Ihnen garantieren.«
    »Martin ist also …«
    »Ja, er ist. Und jetzt ist er bereits im zweiten Verein. Immerhin ist ihm aufgegangen, daß die, bei denen er früher war, nicht richtig tickten. Aber was uns das gekostet hat …«
    Perauer schüttelte den Kopf, schloß die Augen und redete mit geschlossenen Lidern weiter: »Die Liebe Gottes, mit der er es immer hatte, kam uns verdammt teuer. Das können Sie mir glauben. Daß er während des Studiums jede Seminararbeit sausen ließ und in der Uni überhaupt nicht mehr zu finden war, das hätte sich vermutlich wieder hinbiegen lassen. Aber dieser ganze Rest – der pure Wahnsinn! Wir hatten Martin in München eine Wohnung eingerichtet, ganz in der Nähe der Universität, dort kostet ja jeder Quadratmeter ein Vermögen, 'ne richtig nette Eigentumswohnung: zwei Zimmer, Küche, Bad. Fragen Sie nicht, was wir bezahlen mußten. Dort ging dann die Post erst richtig ab. Was brauchte Martin schon zu studieren? Er hatte ja die Bibel …«
    Er griff wieder nach seinem Glas. Es war leer. Tommi goß sofort nach.
    »Und?«
    »Hatte die Bibel und seine David-Briefe! Die sagten ihm, was richtig war. Uns, uns sagte keiner was. Als ich dann mal hinfuhr, um frische Wäsche zu bringen, weil ich sowieso in München zu tun hatte, also, als ich da in seine Wohnung kam, traf mich beinahe der Schlag. Das sah aus dort, das können Sie sich überhaupt nicht vorstellen. Zigeunerlager wäre noch milde ausgedrückt. Überall lagen Matratzen rum. Im Spannteppich, beste Auslegeware, Brandlöcher von den Kerzen, die die da aufstellen. Dutzende von Brandlöchern. Dann die Küche … In der Wohnung hingen nicht nur Typen rum, sondern vor allem Mädchen … Martin hatte seinen persönlichen Harem. Und ob Sie's glauben oder nicht, das waren wirklich hübsche Frauen. Und alle mit demselben Tick wie Martin. Denen kannst du gar nichts sagen, die kannst du anbrüllen, du kannst sie fragen, wieso das alles? Die gucken dich nur an, lächeln und wissen's besser. Die haben so ein mildes Lächeln, da bleibt dir jedes weitere Wort im Hals stecken. So war's auch bei Martin. Dieses Heiligenlächeln, der Blick …«
    Perauer unterbrach sich und schob die Daumen unter den Kragenrand. »Eines können Sie mir glauben: Wenn Sie so was erleben, bleibt Ihnen die Luft weg. Hoffentlich passiert es Ihnen nicht …«
    Do sprach kein Wort. Sie saß ganz ruhig. Ihr Mund war trocken. Sie trank einen Schluck Wein. Reinecke hatte seinen Kugelschreiber in der Hand, aber er schrieb nicht.
    »Und dann?«
    »Und dann? Dann ging alles drunter und drüber. Wenn es die Wohnung allein gewesen wäre … Es waren auch nicht die ganzen Anschaffungen, die sie gemacht hatten …«
    »Welche Anschaffungen?«
    »Na ja, Martins Wohnung war so eine Art Sektenzentrum geworden. Anlauf- und Werbebüro und so weiter. Die rissen ständig irgendwelche neuen Leute auf und schleppten sie dorthin, um sie zu bearbeiten. Das klappte auch. Sie hatten so 'ne Methode …«
    » Flirty fishing .«
    Perauer sah zu Tommi hinüber. »Ja. Woher wissen Sie das?«
    »Ich hab' mich auch ein bißchen damit beschäftigt.«
    »Was immer sie machten und wie immer sie es nannten – wir hatten übrigens deshalb dann auch Ärger hier in Bayreuth … Ich will mich besser nicht daran erinnern, es bekommt mir nicht – gesundheitlich. Ich mußte damals – wann war das nur? So vor vier Jahren etwa. Ich mußte damals schon zum Arzt wegen Kreislauf- und Gallenbeschwerden … Aber nur um das noch zu beenden: Ich hab' dann eine Rechnung aufgestellt. Die Reparaturarbeiten in der Wohnung allein kosteten 36.000 Mark. Die hatten praktisch alles bis zum Eisschrank in Schrott verwandelt. Dann die Geräteanschaffungen. Es mußten ja die modernsten Sony-Fotokopierer sein, das teuerste Fax, der beste PC, alles vom Feinsten, denn modern wollten sie schon sein mit ihrem Moses; das alles belief sich zusätzlich noch auf dreißigtausend. Die Rechnungen gingen an Hilper, Bayreuth. Außerdem gehörte die Wohnung zu einem Gemeinschaftsbesitz. Also hatten wir mit den Miteigentümern noch Prozesse. Ich

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