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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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niemand.«
    »Und jetzt?« fragte sie.
    »Jetzt gehen wir zu den Alten. Zu Hilper – Haus und Garten. – Was sonst?«

5
    Nochmals verglich Perauer die Bestellung mit der Schadensliste: Schlimm! Was heißt schlimm? Eine Katastrophe! Und wie die Tschechen-Krone zur Mark stand, war auch nicht mehr wichtig. Diese Prager Versicherungs-Heinis würden sowieso nicht zahlen …
    Er stand auf.
    Die üblichen schwarzen Siebzehn-Uhr-Punkte begannen vor seinen Augen zu tanzen. So legte Perauer erst mal die Hände auf die Schreibtischplatte, atmete tief durch und sah zu Fritz Hilper hoch, der ihn wie stets unbeweglich aus seinem Fotorahmen anglotzte: Wie bist bloß du damit fertiggeworden? Na, du hast gekniffen, hast dich einfach verabschiedet …
    Den Kragenknopf hatte Perauer offen. Er schob den Krawattenknoten tiefer. Als ob das helfen würde! Die verdammte Hitze im Büro. Aber eine neue Heizsteuerung? »Ja, von wegen«, sagte Annemarie.
    Er ging zum Bücherschrank, schob zwei Bände von Churchills Der Zweite Weltkrieg zur Seite und griff sich die Flasche Johnny Walker. Dann nahm er den Plastikbecher, der neben der Flasche stand, und goß ihn halb voll. Wenn einer nicht genau hinroch, sah das Zeug nach der Coca Cola aus, die höchst offiziell neben dem Wein im Gästeeisschrank in der Besucherecke wartete. Die beiden ersten Schlucke halfen nicht, aber dann fühlte Perauer, wie ihm besser wurde. Das Telefon auf dem Schreibtisch summte.
    »Perauer.«
    Es war Hochstett, der Hausmeister.
    »Herr Perauer, da ist Besuch.«
    »Besuch? – Ich hab' keine Zeit.«
    »Herr Perauer, es ist jemand vom Fernsehen.«
    »Wieso denn vom Fernsehen?«
    »Weiß ich doch nicht, Herr Perauer. Aber ich hab' die Frau sofort erkannt. Ich hab' ihre Karte vor mir. Sie heißt … Moment mal. Sie heißt Folkert.«
    Folkert? dachte Perauer. Die ist nicht vom Fernsehen. Tritt zwar in Talk-Shows auf, aber ist irgendeine Journalistin. Was wollte die hier?
    »Was will sie?«
    »Mit Ihnen sprechen.«
    Hochstett blieb der unheilbare Trottel, der er immer gewesen war. Aber Perauer war neugierig geworden. »Na gut, schicken Sie sie hoch.«
    Er ging zum Fenster und riß es auf. Kalte, frische Luft strömte ins Büro. Er schob den Vorhang etwas zur Seite.
    Das Lager, in dem sich auch die Büroräume des ›Hilper-Versands‹ befanden, war im rechten Winkel zum Geschäftsgebäude Hilper – Haus und Garten gebaut. Von dort kamen sie. Sie kamen durch die Hintertür. Der kleine Hochstett ging voraus, die Frau in der Lederjacke überragte ihn um einen halben Kopf. Sie sah gut aus, verdammt gut. Neben ihr ging ein Mann, gleichfalls in Lederjacke.
    Ja, das ist die Folkert. Aber was will sie?
    Hastig trank Perauer seinen Becher aus und schob ihn zusammen mit der Flasche ins Versteck zurück. Mit der Wärme des Whiskys überflutete ihn eine Reihe ebenso verschwommener wie bombastischer Vorstellungen. »Wissen Sie«, würde die Folkert sagen, »wir sind zu Ihnen ja nur deshalb gekommen, weil die Firma Hilper als größtes Haushaltsgeschäft Bayreuths schon seit über einem Jahrhundert besteht … Hatte Traditionspflege eigentlich in der Wirtschaft heute noch einen Wert? Was ist Ihre Ansicht zur Mittelstandspolitik in Bayern, Herr Perauer?«
    Hastig schob er den Krawattenknoten wieder nach oben. Den verdammten Knopf bekam er nicht mehr zu. Es klopfte. Da waren sie …
    Sie versuchte den Mann vor ihr einzuschätzen: Tränensäcke, Glitzeraugen, das leichte Zittern der Hände – ein Alkoholiker … Hatte vielleicht mal einen ganz guten Kopf gehabt, aber jetzt war das Gesicht wie von einem rosaroten Fettpanzer verdeckt. Und was steckte darunter? Unsicherheit, dachte Do. Eine Einheirat in Bayreuth wird auch kein Zuckerschlecken sein. Sieh dir das Büro an: Möbel aus den sechziger Jahren. Wahrscheinlich hat sich hier nie etwas geändert. Und der Herr dort an der Wand ist vermutlich der Vorgänger …
    »Martin ist nicht mein Sohn«, sagte Perauer gerade.
    »Das habe ich erfahren. Sehen Sie, Herr Perauer: Daß meine Tochter das Haus verläßt, ist es nicht, was mich bedrückt … Schließlich ist sie alt genug, um eine solche Entscheidung zu treffen. Es sind diese religiösen Dinge und die Übersteigerung darin. Nie hat sie sich für so etwas interessiert. Und ich kenne sie gut genug, das können Sie mir glauben. Aber bei Kati war nie von Gott die Rede, nie vom ›richtigen Weg‹ und all diesem Sektenzeug, das in den Briefen steht. Ihr Sohn ist doch in einer Sekte?«
    »Er ist

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