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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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versuchte, einen Teil des Geldes bei der Sekten-Zentrale einzutreiben. Die sitzt in den USA … Die haben mir noch nicht mal geantwortet.«
    Er schluckte, schüttelte den Kopf, schluckte erneut und lächelte wieder. Es war ein sehr trauriges Lächeln. »Der Prozeß läuft heute noch.«
    »Und Martin?«
    »Martin? Mit ihm ist es immer dasselbe: Er weiß es besser, alles! Seine Mutter hat sich ziemlich rasch von ihrem Schock erholt. Für Annemarie ist er das einzige Kind, das ihr geblieben ist. Also schiebt sie's ihm vorne und hinten rein. Aber ich, ich hab' versucht, mich mit ihm auseinanderzusetzen. Junge, sagte ich, du studierst hier Volkswirtschaft, lebst von deiner Mutter, kannst das Geschäft übernehmen – du hast doch eine große Chance. ›Wieso Volkswirtschaft?‹ sagte er. ›Weißt du, was Wirtschaft ist? Das Krebsgeschwür auf dieser Erde.‹ Und dann versuchte er doch tatsächlich, mich umzudrehen. Ich sollte doch endlich ›vernünftig‹ werden. Vernünftig, so nannte er das. Es sei doch jedem klar, daß die Welt zum Teufel gehe. Ozonloch, Klimawechsel, Aids … Ob ich keine Augen im Kopf hätte und die Katastrophe nicht sehen könne? Wir seien doch schon mittendrin. Und ob ich nicht eintreten wolle in die Sekte, zumindest als Förderer. Und wenn nicht, wieso ich ihn um Himmels willen nicht endlich in Ruhe ließe! – So war das.«
    Er schwieg einen Moment, als erwarte er eine Antwort. Seine Schultern sackten noch weiter nach vorne.
    »Keiner soll mir sagen, ich hätte nicht alles versucht. Aber was hat es gebracht? Die riefen mich dann auch noch nachts an. Die drohten mir sogar. Ich solle die Finger davon lassen, sie zu verfolgen. Die nächste Abfuhr kam von meiner Frau. Ich hätte ja nichts anderes im Kopf, als ihren Herzensbubi in Schwierigkeiten zu bringen. Seither hängt bei uns der Haussegen schief. Und als ob das nicht reichte, kam dann auch noch der Anwalt: Ob ich noch nie etwas von freier Glaubensausübung und dem Artikel vier des Grundgesetzes gehört hätte. Da ließe sich nichts machen. Jeder könne von Gott halten, was er wollte, und jeder könne deshalb auch seine eigene Religion ausüben, wie es ihm Spaß mache. Das hörte einfach nicht auf …«
    Er sah Do und Tommi an.
    »Und dann kam die andere Sekte?« fragte Tommi.
    Perauer schwieg, stand wieder auf und hatte diesmal sichtlich Mühe damit. Auf der rosig glänzenden Haut bildeten sich dunkle Flecken. Er hielt sich an der Lehne des Sessels fest, schwankte ein wenig, sagte »Entschuldigung«, ging zum Fenster und riß es auf.
    »Da braucht man einfach Luft.«
    »In welcher Sekte ist er jetzt?«
    »Schloß Schönberg.«
    »Ist der Name der Sekte Omega?«
    »Omega? Kenn' ich nicht. Schloß Schönberg ist nur die hiesige Zentrale. Ein Riesenladen. Der Name ist diesmal nicht ›Christus-Jünger‹, sondern ›Gottes Welt‹. Na, ist ja auch etwas.«
    »Und wieso …«
    »Wieso er zu denen gegangen ist? Weiß der Teufel. Einmal hat er versucht, es mir zu erklären. Er sei dahintergekommen, daß man erst an sich selbst arbeiten müsse, ehe man etwas bewirken könne. Das sei der Irrtum der ›Christus-Jünger‹; ein schlampiger, geistig verwilderter Haufen sei das gewesen. Aber die in Schloß Schönberg sind natürlich etwas ganz anderes. Moment mal … Ich glaube, ich hab' hier sogar noch irgendwas über die herumliegen. So eine Propagandabroschüre, die Martin mir mal gegeben hat.«
    Perauer ging zu seinem Bücherschrank und kam mit einem dünnen, in Hochglanz gedruckten Buch zurück. Der Einband war grün. Das Omega-Zeichen konnte Do nicht darauf entdecken …
    Die nächsten zwanzig Minuten waren für Walterscheid die Hölle. Seine Handschuhe wurden staubgrau und schmutzig. Er wühlte sich durch Bücher, Körbe von schmutziger Wäsche, kletterte bis hoch ins Dachgeschoß, inspizierte Schränke und Truhen mit Frauenkleidern, aus denen ein unerträglicher Gestank nach Mottenpulver und Vergangenheit quoll, und stand schließlich schwitzend wieder unten. Was jetzt? Sollte er vielleicht noch den Garten durchbuddeln?
    Siebzehn Uhr … Bald wird er kommen. Dann kannst du mit ihm reden. Falls er nicht spurt, prügelst du ihm das Kassettenversteck aus den Knochen!
    Im Vorraum gab es einen großen Schrank. Walterscheid öffnete ihn. Drei, vier Kleider, sonst nichts … Walterscheids Laune besserte sich ein wenig: Unten lag zwar ein Haufen Schuhe, doch als Versteck war das Ding ideal. Es stand gegenüber der Eingangstür.
    Er zog die Schranktür

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