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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht mein Sohn.«
    Perauer wiederholte es mechanisch, mit einer Art sanfter Beharrlichkeit, die bewies, daß der Satz bei ihm durch viele Wiederholungen eingeprägt war wie auf einem Chip. Dann stand Perauer ganz unvermittelt auf, lächelte und sagte: »Sie haben ja eine ziemliche Reise hinter sich. Und ich einen langen Tag. Ich hab' da ein paar gute Fläschchen. Vielleicht sollten wir etwas trinken?«
    Es war eine flache, rundgeschwungene Flasche. Perauer goß sorgsam drei Gläser voll und verteilte sie. »Sie mögen doch Frankenwein?«
    »O ja.« Tommi dachte an die Whisky-Fahne, die ihm entgegenschlug, als er Perauer vorhin die Hand geschüttelt hatte. »Nicht nur«, sagte er, »nicht nur …«
    Der Mann stieg aus einem grauen Volvo-Kombi, wie er vorzugsweise von Handwerkern benutzt wird. Er hatte ein freundlich-rundes, unauffälliges Gesicht und eine Stirnglatze. Er war groß, einen Meter fünfundachtzig, und mit seinem Bierbauch brachte er gute neunzig Kilo auf die Waage. Über dem mächtigen Körper, der sich mit überraschend geschmeidiger Eleganz bewegte, trug er einen frischgebügelten Handwerker-Overall. In der Hand hielt er einen jener Werkzeug-Sets, die mit ihrer Kunstlederbeschichtung und den Chrombeschlägen kaum von den Diplomatenköfferchen der Anwälte und Geschäftsleute zu unterscheiden sind.
    Was nicht so ganz zum Bild passen wollte, das waren die leichten Mokassins mit flachen, glatten Gummisohlen, dunkelgraue Zwirnhandschuhe und die Tatsache, daß der Mann sich dem Haus von der Rückseite durch den Garten näherte.
    Er hatte die Küchentür erreicht.
    Er sah sich um und schien zufrieden. Ein Taxus-Bäumchen gab ihm Sichtschutz.
    Er öffnete den Koffer und zog die zwölf Zentimeter lange an den Kanten abgeschrägte Plastikleiste heraus, die er zwischen Tür und Rahmen einfügen konnte. Wenn Walterscheid etwas liebte, dann war das saubere und schnelle Arbeit, vor allem aber Arbeit, die möglichst keine Spuren hinterließ. Ein Auto zu knacken – bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Motor lief – für ihn eine Aufgabe, die in dreißig Sekunden erledigt sein mußte. Sicherheitsschlösser – kein Problem. Und Alarmanlagen gab's in dieser alten Bude sowieso nicht, wie er bereits beim ersten Blick feststellte.
    Walterscheid warf einen zweiten Blick über die drei Stufen hinauf zur Küchentür. Das Steinzeitding dort oben kriegst du mit dem Daumennagel auf. Er schob die Leiste in den Koffer zurück und nahm einen kleinen abgeflachten Schraubenzieher, beugte sich über das Schloß – stand gleich darauf im Haus und sah sich um.
    Die Küche! Hier stank's nach vergammelten Lebensmitteln. Ein großer Freund von Sauberkeit schien dieser Hilper nicht zu sein.
    Walterscheid betrat den nächsten Raum. Von der Wand blickte ihm Arjun entgegen. Darunter der übliche kleine Altar mit den Kerzen.
    Walterscheid lächelte und legte salutierend die Hand an die Schläfe. Schließlich: Dies war ein Arjun-Einsatz, wenn er das recht verstanden hatte.
    Der Raum war fast leer. In einer Ecke gab es noch eine Couch. Das war alles. Aber rechts war noch eine Tür, und dahinter wurde Walterscheid fündig: Hier herrschte zwar ein noch schlimmeres Durcheinander als in der Küche, aber die Schreibecke wenigstens war aufgeräumt. Auf dem Tisch stand ein Computer.
    Walterscheid beugte sich darüber: Ein ›Pentium 200‹, ein ziemlich leistungsfähiges Gerät. Er klappte den Diskettenbehälter auf – und fluchte. Die Plastikrillen, die die Disketten zu halten hatten, waren leer. Scheiße! Das fing ja gut an …
    Auf dem Bord vor einer Bücherreihe stand ein Reisewecker. Es war jetzt sechzehn Uhr fünfundzwanzig. Hilper, so hatte ihm der Verbindungsmann, der ihn beschattete, durchgegeben, habe Erlangen bereits verlassen. Das bedeutete, daß er etwa um siebzehn Uhr hier aufkreuzen mußte. Walterscheid hatte nicht viel Zeit. Er holte das Funktelefon aus seinem Anzug.
    »Hörst du mich?«
    »Si.«
    »Paß auf, er muß die Scheißdisketten irgendwo versteckt haben. Ich bleibe hier und suche sie. Du rührst dich nicht.«
    »Si.«
    Ja, verdammt, nicht si! dachte Walterscheid und warf einen Blick durch das Fenster auf die stille kleine Seitenstraße, in der das Haus stand. Er zog die Vorhänge zu. Verschossener roter Samt und voller Staub. Was für eine Drecksbude!
    Der Wein war tatsächlich gut. Perauer trank das halbe Glas leer und lehnte sich entspannt in seinen Sessel zurück. »Ob Martin in einer Sekte ist? Wieso? Haben Sie was gegen

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