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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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dringen sah, klopfte ihm das Herz bis zum Hals. Der Mond war längst aufgegangen! Er beschleunigte seine Schritte… ob sie wohl auf ihn gewartet hatten?
    Garth hatte nach eigener Schätzung mindestens dreihundert Schritte zurückgelegt, bevor sich das Gerippe des alten Förderturms vor ihm im Nebel abzeichnete. Das Eisenrad neigte sich wie betrunken zur Seite, und die abgerissenen Ketten schaukelten im leichten Wind mit traurigem Klirren hin und her.
    Er duckte sich mit einer Seitwärtsdrehung unter einer Kette hindurch und trat unter den Turm. »Vorstus?« flüsterte er und spähte ungeduldig ins Dunkel. »Ravenna?«
    »Ihr kommt spät, Junge«, ließ sich hinter ihm eine barsche Stimme vernehmen. Garth fuhr herum.
    »Vorstus!«
    Der Mönch lächelte trotz seines strengen Tons und schüttelte ihm die Hand. Er trug einen weiten Mantel mit einer Kapuze, die sein schmales Gesicht fast zur Gänze verdeckte. Doch die stechenden Augen blickten freundlich. »Ich freue mich, daß Ihr hier seid.«
    Garth erwiderte das Lächeln, dann sah er sich suchend um.
    »Ravenna?«
    »Hier bin ich, Garth Baxtor«, antwortete sie leise und trat hinter Vorstus aus dem Nebel. Auch sie hatte sich fest in ihren roten Mantel gewickelt. Nun beugte sie sich lächelnd vor und drückte Garth einen kurzen Begrüßungskuß auf die Wange.
    Garth holte tief Atem. »Gab es auf der Reise nach Norden irgendwelche Schwierigkeiten?«
    Vorstus schüttelte den Kopf. »Nein, alles ist gut gegangen.«
    Aus den Schatten tauchten mehrere Gestalten auf. Garth erschrak.
    »Schon gut«, beruhigte ihn Vorstus rasch. »Ich habe noch einige Brüder des Persimius-Ordens mitgebracht. Bruder Rial habt Ihr heute abend bereits kennengelernt.«
    Garth atmete auf. »Ach ja.« Er nickte dem Mann zu, der sich im Haus der Heiler als Diener ausgegeben hatte.
    »Und das sind Gustus und Morton.« Garth nickte und schüttelte den beiden ebenfalls die Hände.
    Vorstus lächelte. »Meinen Brüdern ist es gelungen, in den Minen eine Anstellung als Wärter zu finden.«
    Garth riß die Augen auf. »Dann hat unser Plan doch Aussicht auf Erfolg!« hauchte er. Vorstus lachte.
    »Ich denke schon. Und nun paßt gut auf, mein Junge.
    Insgesamt verbirgt sich etwa ein halbes Dutzend Angehörige des Ordens in den Adern. Alles ist bereit.«
    »Wann ist es soweit?« fragte Garth heiser.
    Sein Blick war auf Vorstus gerichtet, doch die Antwort kam von Ravenna. »Morgen, Garth Baxtor. Keiner von uns will länger als nötig in dieser Pesthölle verweilen.« Ihre Augen blitzten auf. »Und mich dünkt, Maximilian hat schon viel zu lange da unten gesessen.«

    Garth wurde vor Aufregung die Kehle eng, doch zugleich begann sein Herz angstvoll zu pochen. »Morgen… wie lange habe ich darauf gewartet!« flüsterte er.
    »Garth.« Vorstus’ Stimme klang drängend, und Garth beeilte sich, ihn anzusehen. »Wo arbeitete Maximilian, als Ihr vergangenes Jahr unter Tage wart?«
    »Auf Sohle zweihundertfünf.«
    Vorstus drehte sich um und sah Gustus an. »Kannst du heute nacht in Fursts Schreibstube einbrechen?«
    Gustus nickte. »Ich werde mir die Belegungslisten ansehen, um sicherzugehen, daß er immer noch der gleichen Kolonne zugeteilt ist.«
    »Sträfling Nummer achthundertneunundfünfzig«, sagte Garth.
    »Ich weiß, Junge. Vorstus hat Eure Angaben weitergeleitet.«
    Vorstus legte Garth die Hand auf die Schulter. »Wir tun unser Bestes, mein Junge, und mehr steht letzten Endes nicht in unserer Macht. Alles ist bereit, wozu noch länger warten?«
    »Was geschieht morgen früh?«
    »Morgen früh? Nun, Ihr fahrt wie geplant in die Adern ein.
    Aber laßt Euch nichts anmerken, wenn Ihr seht, welche Wärter Eurer Gruppe zugewiesen wurden.«
    Garth zog scharf die Luft ein. »Ravenna?«
    »Wie geplant, Garth Baxtor«, lächelte sie und nahm seinen Arm. »Alles wie geplant. Und nun wünsch mir Glück und warte auf den Traum.«
    Als sie auf den Aufzug zugingen, sah Joseph seinen Sohn nachdenklich an. Garth war heute früh auffallend fahrig gewesen. Beim Frühstück hatte er zuerst ungeschickt mit dem Besteck hantiert und es dann weggelegt, nachdem er nur zwei oder drei Bissen gegessen hatte.

    »Willst du wirklich mit einfahren?« fragte Joseph, als sie sich den Wärtern näherten, die ihnen schweigend entgegensahen.
    »Noch ist es nicht zu spät, um…«
    »Nein«, unterbrach Garth und sah seinen Vater an. Die Falten auf Josephs Stirn vertieften sich. Glänzten die Augen seines Sohnes vor Angst oder vor Aufregung?

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