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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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»Nein, alles in bester Ordnung. Ach! Da sind wir ja. Jack? Seid Ihr das? Wie schön, Euch wiederzusehen.«
    Joseph musterte Garth noch einen Augenblick länger, bevor er sich den Wärtern vor dem Eisengitter zuwandte. Von unten war bereits das Quietschen und Rattern des Korbs zu hören.
    Jack war vorgetreten, um die beiden Heiler zu begrüßen, doch die Falten auf Josephs Stirn wurden womöglich noch tiefer. Was war mit dem Mann los? Er wirkte zerstreut, so als wäre er mit seinen Gedanken ganz woanders. Und sein Blick war… geradezu leer.
    Garth schaute an Jack vorbei und grinste, als er die Wärter dahinter erkannte. Der Persimius-Orden mochte nicht allzuviel von Magie verstehen, aber für diesen Zweck reichten seine Künste offenbar aus. Sein Blick schweifte von einem zum anderen. Gustus und Morton wirkten in ihren kurzen Lederschürzen und den Brustschilden sehr überzeugend, aber auch Vorstus hatte sich als Wärter verkleidet, und Garth konnte nur hoffen, daß sich niemand die Gruppe allzu genau ansah, wenn sie unten ankamen. Vorstus war für den Wachdienst eindeutig zu mager.
    Hinter ihm standen zwei echte Wärter, und sie hatten den gleichen leeren Blick wie Jack.
    »Gut«, murmelte Jack auf Josephs Frage nach seinem Befinden. Es klang wenig überzeugend. Dann hatte der Korb endlich die Oberfläche erreicht.
    »Nun denn«, sagte Garth gespielt munter, »wollen wir nicht eintreten?«

    »Garth«, begann Joseph, während er die anderen Wärter betrachtete. »Hier stimmt etwas…«
    »Hinein mit uns!« sagte Jack, legte Joseph seine fleischige Hand auf den Rücken und gab ihm einen Schubs.
    Garth lächelte Vorstus kurz zu, dann waren alle eingestiegen, die Tür fiel ins Schloß, und der Käfig setzte sich in Bewegung.
    Garth hatte die Fahrten in die Tiefen der Adern nicht vergessen. Sobald sie unter der Erde versanken, umfing sie wie eine giftige Wolke der Geruch nach feuchtem Glomm und nach Angst, Schmerz und Tod.
    »Wir müssen uns heute um Sohle zweihundertfünf kümmern, Hauptmann«, murmelte Vorstus kaum hörbar. Joseph starrte ihn an. Seine Stirn war immer noch von tiefen Furchen durchzogen.
    Vorstus bemerkte den Blick, aber er schwieg. Joseph Baxtor würde noch früh genug merken, was vorging.
    »Sohle zweihundertfünf?« quengelte Jack.
    »Zweihundertfünf? Ja, das ist richtig. Die müssen wir uns vornehmen, nicht wahr… nicht wahr?«
    Morton schaltete sich ein. »Die Pilzseuche hat sich unter der Kolonne von Zweihundertfünf ausgebreitet, Jack«, sagte er ruhig. »Die Leute sind kaum noch arbeitsfähig. Die Fördermenge auf dieser Sohle ist gesunken, und Furst ist darüber sehr aufgebracht.«
    Die beiden echten Wärter hinter Jack nickten zustimmend. Ja, die Pilzseuche hatte sich ausgebreitet.
    »So ist es«, flüsterte Jack. »Die Pilzseuche. Schrecklich. Die Fördermenge ist gesunken. Genau. Die Heiler müssen sich um Sohle zweihundertfünf kümmern.«
    »Was geht hier vor?« fragte Joseph verärgert. Waren er und Garth etwa in einen Ausbruchsversuch hineingeraten? Jacks leerer Blick war ihm nicht geheuer, und die anderen Wärter…
    was hatten sie nur?

    »Vater«, murmelte Garth, doch nun trat Vorstus vor, ohne sich von der rasenden Fahrt beirren zu lassen.
    »Mein Freund«, sagte er leise und legte Joseph die Hand auf den Arm. »Hier ist großes Unrecht geschehen, und heute wollen wir etwas davon wiedergutmachen.«
    Joseph verschlug es die Sprache, er senkte den Blick auf die Hand, die seinen Arm umklammerte, und wollte sich losreißen.
    Doch dann hielt er inne und starrte wie gebannt den tätowierten Federkiel auf dem Zeigefinger des vermeintlichen Wärters an.
    »Vertraut mir«, sagte Vorstus ruhig. »Glaubt an mich.«
    »Bei allen Göttern im Himmel«, flüsterte Joseph. »Ihr seid ein Angehöriger des…«
    »Nein!« Vorstus fiel ihm entschieden ins Wort, ohne dabei laut zu werden, und nahm die Hand von seinem Arm. »Sprecht es nicht aus.«
    Josephs Blick huschte zu seinem Sohn. »Garth?«
    »Es ist schon gut, Vater«, sagte Garth. »Bitte, du mußt uns nur vertrauen.«
    Joseph war wie vor den Kopf geschlagen. O ihr Götter, dachte er und lehnte sich gegen das rauhe Eisengitter des Aufzugs, um nicht umzusinken. Garth steckt mit ihnen unter einer Decke!
    Und dann öffnete sich wie der Vorbote einer Katastrophe ein kleiner Riß in der Deichmauer seines Bewußtseins, und eine Flut von Erinnerungen brach über ihn herein. Er dachte daran, wie sehr Garth in den letzten Monaten gereift war. Wie er

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