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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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sich nach der Rückkehr von den Minen im vergangenen Jahr in sich zurückgezogen und wie er wochenlang unter Alpträumen gelitten hatte. Mit welcher Energie er darum gekämpft hatte, auch in diesem Jahr wieder zu den Adern mitkommen zu dürfen. Und er hörte ihn noch einmal jene neugierige – und so schrecklich unbedachte – Frage an Cavor stellen.

    Garth hatte sich unablässig mit Maximilian beschäftigt, obwohl er ihn nur selten erwähnte.
    »O ihr Götter«, flüsterte Joseph, und tiefe Bestürzung verdunkelte seine großen braunen Augen. »O ihr Götter!«
    »Wir sind da«, brummte Jack und betätigte die Schalter. Die Bremsen griffen, der Aufzug schwankte heftig und hielt kreischend an. »Sohle zweihundertfünf.«
    Die Spannung war fast mit Händen zu greifen. Garth konnte sich kaum noch beherrschen. Wo war Maximilian? In welchem Zustand befand er sich? Er trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen, tat aber so, als wolle er nur das Gleichgewicht halten. Endlich kam der Korb zur Ruhe. Joseph sah seinen Sohn vorwurfsvoll an.
    »Warum hast du mir nichts gesagt?« flüsterte er, als sie auf die Stollen zugingen.
    »Ich wußte nicht, wie ich es dir beibringen sollte«, antwortete Garth mit einem raschen Blick zu dem Posten, der auf sie wartete. »Ich wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen.«
    »Das ist dir gelungen!« fauchte Joseph. Er war wütend, nicht so sehr, weil ihn sein Sohn offenbar gerade zum Helfershelfer bei der Befreiung eines Gefangenen (Maximilians?) machte, sondern weil er es nicht einmal für nötig befunden hatte, ihn vorher einzuweihen.
    »Jack?« Der diensthabende Wärter für diesen Schacht trat vor. »Euch hatten wir hier nicht erwartet.«
    »Wir müssen zur Sohle zweihundertfünf«, murmelte Jack.
    »Mit den Heilern.«
    Der Wärter beäugte die Gruppe mit Mißtrauen. Wer waren…?
    Dann sanken seine Schultern ein wenig nach vorn.
    »Natürlich«, murmelte er. »Die Kolonne arbeitet dicht am Meeresschacht.«

    Garth spürte, wie Vorstus neben ihm zitterte. Besorgt sah er zu dem Mann hinüber, vermied es aber, ihn zu berühren.
    Vorstus hatte ihm erklärt, als Angehöriger des Ordens sei er bis zu einem gewissen Grad imstande, das Bewußtsein anderer Menschen zu beeinflussen, aber nicht über einen längeren Zeitraum und nur mit ungeheurem Kraftaufwand. Wie lange konnten er und die beiden anderen alle diese Wärter in ihrem Bann halten?
    Jack stapfte ohne ein weiteres Wort in den Stollen hinein, und Vorstus trieb die ganze Gruppe sofort hinter ihm her.
    Der Stollen war noch dunkler und enger, als Garth ihn in Erinnerung hatte, und schon nach wenigen Minuten litt er unter Atemnot – aber das lag vielleicht auch daran, daß ihm die Aufregung wie mit eisernen Bändern die Brust zuschnürte.
    Hinter sich spürte er seinen Vater und wünschte, er hätte ihm von Maximilian erzählt, bevor die Dinge so weit gediehen waren. Jetzt war es zu spät für eine Beichte.
    Hinter Joseph gingen die beiden echten Wärter. Morton und Gustus bildeten die Nachhut. Hoffentlich erreichen wir die Kolonne, dachte Garth, bevor der Einfluß der Mönche auf diese Männer schwindet.
    Bald stießen sie mit den Köpfen an das Hangende. Hin und wieder drängten die Stollenwände zu beiden Seiten so dicht heran, daß sie sich blaue Flecken holten. Niemand sprach, nur schwere Atemzüge und noch schwerere Stiefeltritte erfüllten das Halbdunkel.
    Jeder Schritt kostete Überwindung, aber jeder Schritt brachte sie auch Maximilian näher.
    Endlich kamen sie in die Nähe der Stelle, wo Garth zum ersten Mal mit der Kolonne von Sohle zweihundertfünf zusammengetroffen war. Die Sträflinge arbeiteten in einem Seitengang des Hauptstollens, wo sie noch weniger Bewegungsfreiheit hatten als gewöhnlich.

    Jack hielt an, und auch die anderen kamen stolpernd zum Stehen.
    »Da sind wir«, brummte er und deutete mit dem Kopf auf den Stollen.
    Vorstus und Garth spähten ihm über die Schulter.
    »Wo?« fragte Vorstus mit gepreßter Stimme.
    Garth gab die Antwort. »Dort. Seht Ihr nicht? Das Licht stammt von der Fackel des Wärters.«
    »Aha.« Vorstus hielt inne, drehte den Kopf und warf Morton und Gustus einen Blick zu. Dann wandte er sich wieder an Jack. »Hauptmann, am besten laßt Ihr die Kolonne hierher bringen. Der Seitenstollen ist zu eng, die Heiler können dort nicht arbeiten. Holt sie alle heraus… auch die Wärter.«
    Die Stimme des Mönchs drohte zu brechen. Garth hörte es.
    »Vorstus?«
    »Alles in Ordnung, Junge«,

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