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Der Herr vom Rabengipfel

Der Herr vom Rabengipfel

Titel: Der Herr vom Rabengipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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angestellt? Oleg, das Lügenmaul sagt, du hast dich geschnitten. Laß mal sehen.«
    Der Alte Firren untersuchte den Arm und drückte die Wunde zusammen, ohne auf Merriks schmerzverzerrtes Gesicht zu achten. »Ein sauberer, scharfer Schnitt. Tut's weh?«
    »Ich bring dich um, alter Mann, wenn du den Mund nicht hältst und deine Arbeit tust.«
    Laren betrat gähnend das Gemach. Der Alte Firren war gerade fertig geworden und begutachtete zufrieden sein Werk. Sie sah ihren Gemahl auf dem Rücken liegen, den Arm seitlich weggestreckt und auf dem Fußboden blutgetränkte Lappen. »Wieso hast du mich nicht rufen lassen? Das werdet ihr mir büßen.«
    »Es ist nicht schlimm, Herrin«, beschwichtige der Alte
    Firren. »Du hast eine so schöne Geschichte erzählt. Oleg wollte dich nicht unterbrechen, denn das hätte dem Herzog nicht gefallen. Er liest dir die Worte von den Lippen ab, sagt Merrik, und du machst ihn wieder jung und stark. Um Merrik mach dir keine Sorgen. Er ist ein hartgesottener Bursche.«
    »Das werdet ihr mir büßen, du und Oleg!« entgegnete sie tonlos.
    Langsam trat sie zu Merrik und blickte zu ihm hinunter. »Ich bin deine Ehefrau. Es wäre meine Aufgabe gewesen, deine Wunde zu nähen.«
    »Hättest du einen andersfarbigen Faden genommen?« fragte Merrik, vergeblich bemüht, ihr ein Lächeln zu entlocken.
    Sie legte ihm die flache Hand auf die Stirn, die sich kühl und trocken anfühlte. Zum Alten Firren gewandt sagte sie: »Oleg soll die Tür bewachen. Du bringst die blutigen Lappen weg.«
    »Ja, Herrin«, sagte der Alte Firren und spuckte gezielt in die Schüssel mit dem blutigem Wasser, grinste Merrik an und schlurfte aus dem Raum.
    »Welche Geschichte hast du erzählt?«
    »Versuch nicht abzulenken, Merrik. Du wurdest überfallen. Ich merkte dir an, daß du etwas vorhattest. Deine Heiterkeit war gekünstelt, dein Lachen zu laut. Ich erzählte eine Geschichte von einem hochgestellten Mann in Ägypten, der seine Ehefrau in die Sklaverei an einen arabischen Händler verkaufte. Er hatte ein Dutzend Frauen, deshalb konnte er den Verlust einer von ihnen leicht verschmerzen, und er brauchte das Silber, das ihm der Handel einbrachte. Nun werde ich Helga um einen Heiltrank bitten, damit du kein Fieber bekommst. Vielleicht hat sie auch etwas gegen die Schmerzen.«
    Er sah ihr mit belustigter Miene nach, als sie das Gemach verließ.
    Als er aufwachte, saß Helga neben ihm und starrte ihn mit glühenden Augen an. Er hätte ihr gerne gesagt, daß sie die letzte Frau auf der Welt sei, an der er sich vergreifen würde, statt dessen versuchte er ein Lächeln und hoffte, sein Versuch werde ihm gedankt.
    »Du bist wach«, sagte sie, und ihre Fingerspitzen liebkosten seine Wange und sein Kinn. »Ich habe mir deinen Arm angesehen. Er ist sauber. Ich habe dir ein Tränklein zubereitet. Hier, ich helfe dir.«
    Er trank den Becher langsam bis zur Neige. Der Trank schmeckte zu seinem Erstaunen süß.
    »Bald spürst du keinen Schmerz mehr.«
    »Wo ist Laren?«
    »Die Kleine ist bei Rollo. Der dumme alte Mann läßt sie nicht mehr aus den Augen. Bald wirst du auf dem Thron sitzen, Lord Merrik, zweifle nicht daran. Hast du noch Schmerzen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Was ist da drin?« Sie zuckte die Achseln, ihre Finger glitten seine Kehle entlang. »Süßes Basilikum, Gerstenwasser, ein bißchen Schierling . . .«
    Er schluckte, doch sie fügte beruhigend hinzu: »Nur eine Messerspitze. Kaum genug, um eine Fliege zu töten, geschweige denn einen Mann wie dich, Merrik. Und noch ein paar andere Zutaten, die du nicht kennst. Dazu einen Löffel Honig, damit es besser schmeckt.«
    »Ich habe keine Schmerzen mehr«, sagte er verwundert.
    »Gut«, meinte sie, beugte sich über ihn und küßte ihn. Ihr Mund war weich, ihr Atem süß und warm. Er fühlte, wie ihre Zunge sich sanft gegen seine geschlossenen Lippen drückte, er öffnete den Mund. Er ließ sie gewähren, da ihm gar nichts anderes übrig blieb.
    Der Mann hatte gesagt, daß Rollo ihm den Tod wünschte.
    Mit seinem gesunden Arm zog er sie näher zu sich. Ihr Busen drückten sich weich gegen seine Brust.
    Warum wünschte Rollo ihm den Tod? Der Mann hatte mit Sicherheit gelogen. Ja, er hatte gelogen. Und deshalb fuhr er fort, Helga zu küssen. Als ihre Hand über seinen Bauch nach unten glitt, um ihn zu berühren, hielt er sie fest. »Vorsicht! Meine Frau ist Rollos Nichte. Ich als ihr Ehemann bin einer von Rollos Nachfolgern. Stimmt es, daß Wilhelm Langschwert ein

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