Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr vom Rabengipfel

Der Herr vom Rabengipfel

Titel: Der Herr vom Rabengipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
Waschlappen ist?«
    »Das glaubte ich, aber ich glaubte auch, Laren und Taby seien tot. Ich habe mich in vielen Dingen geirrt. Wenn Wilhelm die Zähigkeit seines Vaters besitzt, wird er bis ins nächste Jahrhundert leben.« Sie küßte ihn wieder, und ihre Zunge erforschte warm und begehrlich seinen Mund.
    Als sie endlich von ihm abließ, flüsterte er: »Du mußt jetzt gehen, Helga. Ein anderes Mal.«
    Sie lächelte, küßte ihn noch einmal und erhob sich. »Du wirst bald wieder gesund, Merrik. Wer immer versuchte, dich zu töten, war nicht geschickt genug.«
    Plötzlich trat Kälte in ihre Augen, wo soeben noch heiße Glut funkelte. Der eisige Blick war im nächsten Augenblick wieder verschwunden, so geschwind, daß er beinahe glaubte, er habe ihn sich eingebildet.
    Lächelnd ging sie zur Tür und sagte über die Schulter: »Es ist spät. Ich komme morgen wieder.«
    Es war beinahe Morgen, als Weland das Schlafgemach betrat. Merrik lag grübelnd wach. Laren schlief, den Kopf an seine Schulter gebettet. Er hatte kaum Schmerzen und dankte Helga für ihre medizinischen Künste.
    »Mylord«, flüsterte Weland.
    »Ja, was ist? Geht es Rollo gut?«
    »Ja. Es geht um Fromm, Helgas Gatten. Er ist tot.«

Kapitel 23
    Kurz nach Tagesanbruch lag Rollo auf seinem breiten Lager, das aus Rentierfellen aus Lappland, goldfarbenen Fuchspelzen aus Danelagh und weißem, seidigen Pelzwerk von russischem Feh bestand. Otta hielt sich im Hintergrund und beobachtete, wie Rollo herzhaft gähnte und sich schüttelte. Weland berichtete: »Fromm war mit seinen Saufkumpanen unterwegs, Sire. So leid es mir tut, Fromm ist tot. Es gab eine Auseinandersetzung . . .«
    »Die gibt es immer«, brummte Rollo und rieb seine geschwollenen Finger. Heute würde es Regen geben, das spürte er in den Knochen. Seit dem Erwachen plagten ihn die leidigen Schmerzen. Er haßte es, von seinem Körper im Stich gelassen zu werden. Andererseits war er kräftig, hatte noch alle Zähne und seinen Verstand beisammen. Was kümmerte ihn da das bißchen Ziehen in den Gliedern?
    Nun hat es den Aufschneider Fromm also erwischt, dachte er seufzend. Er ist so viel jünger als ich und schon ein toter Mann. Wer trauert um ihn? Helga gewiß nicht. Mit Fromm hatte er einen Fehlgriff getan, das hatte er sich längst eingestanden. Er war ein jämmerlicher Mann, der nichts zu geben hatte und der nur mit geschwellter Brust wie ein Gockel auf dem Mist umherstolzierte, weil er ein angeheirateter Verwandter des großen Herzog Rollo war. Nicht einmal Kinder hatte er Helga gemacht. Das mochte vielleicht nicht seine Schuld gewesen sein. Rollo richtete gelangweilt das Wort an Otta: »Streitereien um Weiber, die Ehre, um nichts und wieder nichts. Wieso kam Fromm bei diesem Kampf ums Leben? Er sucht sich doch nur Gegner aus, die kleiner sind als er. Anscheinend war er nicht vorsichtig genug.«
    »Nun Sire, es waren mehrere Männer an dem Anschlag beteiligt«, beeilte Otta sich zu erklären. »Außer ihm wurde niemand verletzt. Nur er kam ums Leben. Man hat ihm die Kehle durchgeschnitten. Ich rate dringend, ihn bald zu begraben, sonst spukt sein Geist auf der Burg herum. Er wäre kein angenehmer Hausgenosse.«
    Spöttisch meinte Rollo: »Vergiß nicht Otta, du bist jetzt Christ.«
    Otta erbleichte. Seine Hand krampfte sich um seinen Leib. »Ja, wir sind alle Christen«, lachte Rollo, »hoffen aber, daß dieser Christengott Verständnis für unseren alten Glauben aufbringt. Wir begraben Fromm noch heute. Weland, du befragst die am Kampf beteiligten Männer.«
    Merrik und Laren betraten das Schlafgemach.
    »Sire«, begann Merrik. »Weland sagt, Fromm sei tot.«
    Rollo bemerkte Merriks Arm, der mit weißen Leinenstreifen verbunden war. »Merkwürdig. Findest du das nicht auch seltsam, Otta? Merrik und Fromm wurden in ein und derselben Nacht überfallen. Merrik hatte anscheinend mehr Glück als der Prahlhans.«
    »Nein, Merrik ist nur der bessere Kämpfer, Onkel.«
    »Jede Frau spricht zu Beginn ihrer Ehe solche Worte.«
    Laren wunderte sich über die Gereiztheit ihres Onkels, der an diesem Morgen alt wirkte. Zusammengesunken kauerte er in den Bergen von Pelzwerk. Sein Gesicht war faltig, die Adern am Hals traten stark hervor. Sein zerzaustes Haar verlieh ihm ein lächerliches Aussehen. Er redete mißmutig und nörgelte wie ein Greis über seine Gebrechen. Er hatte wohl wieder Schmerzen in den Gelenken. Vorsichtig fragte sie, ihre kritischen Gedanken verdrängend: »Was werdet Ihr tun,

Weitere Kostenlose Bücher