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Der Herr vom Rabengipfel

Der Herr vom Rabengipfel

Titel: Der Herr vom Rabengipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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hat. Taby muß nach Rouen zurück. Mein Onkel muß ihn ausbilden und ihn mit den Staatsgeschäften vertraut machen, wie er Wilhelm darin unterwiesen hat.«
    »Das hatte ich nicht erwartet«, sagte Merrik langsam, den Blick in die Ferne auf die schroffen Felswände gerichtet. Ihre Hand hielt er nun umfangen auf seinem Knie. »Ich hatte zwar keine Gastwirtstocher in dir vermutet, aber daß du königlichen Geblütes bist, hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet. Ich vermute, dein Prinz Askhold hält dich für tot und ist längst mit einer anderen Prinzessin verheiratet.«
    »Das ist anzunehmen. Er wollte eine Gemahlin, die ihm Kinder in die Welt setzt.«
    »Was ist er für ein Mensch?«
    »Ich kenne ihn nicht. Meine Schwestern haben gelegentlich über ihn geredet. Damals war er dreißig, und seine erste Frau war gestorben, nachdem sie ihm fünf Töchter geboren hatte. Dann wollte er eine junge Frau, die ihm Söhne schenkt. Onkel Rollo und der König Unterzeichneten den Ehevertrag.«
    »Laren, ich will dich nicht aus diesen Gründen. Du kennst mich. Ich habe dir das Leben gerettet. Du hast mir deine Unschuld geschenkt.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Der Prinz wird dich verschmähen, wenn er weiß, daß du keine Jungfrau mehr bist.«
    Sie blickte ihn ernsthaft an. »Vermutlich hast du recht.«
    »Daran hast du mit Sicherheit gedacht, bevor du dich mit mir eingelassen hast. Du bist nicht dumm, Laren.«
    Ein Kormoran flog tief über ihre Köpfe hinweg, und der Schatten seiner mächtigen, schwarzen Schwingen streifte ihr Gesicht. Dem Vogel nachblickend sagte sie: »Nein, ich wollte dich, ohne an die Zukunft zu denken, die für mich nicht greifbarer war als die Wolken am Himmel. Ich wollte wissen, wie das Zusammensein zwischen Mann und Frau ist. Du bist ein schöner Mann, und du warst immer gut zu mir. Ja, ich wollte, daß du mich in der Liebeskunst unterweist.«
    »Du bist sehr aufrichtig, und das gefällt mir. Das Versteckspiel zwischen uns hat mir weniger gut gefallen. Jetzt verstehe ich, warum du dich geweigert hast, mir von dir und Taby zu erzählen. Es stand zu viel auf dem Spiel. Du bist wie der Sklave in deiner Geschichte, der von Rolf dem Wikinger verschleppt wurde. Ich werde immer Wort halten, Laren. Vertraust du mir?«
    »Ja. Ich muß wohl. Aber ich habe Angst, Merrik.«
    »Dafür besteht kein Grund.« Er betrachtete versonnen ihre schmale Hand. »Soll ich herausfinden, ob Prinz Askhold noch unvermählt ist?«
    Sie stellte sich auf Zehenspitzen und küßte ihn auf den Mund. Er war so verblüfft, daß er nicht reagierte. Sie lächelte. »Ich wünschte, er wäre dreimal verheiratet, mit drei Frauen, die alle gefügig wären wie die Lämmer, und die ihm unzählige Kinder gebären, mehr Kinder als der Sultan von Miklagard hat. Es kann nichts Schöneres geben, als dich zu küssen, Merrik.«
    »Heißt das, du heiratest mich? Du schwörst mir die Treue?«
    »Ja.«
    »Und wenn ich Taby als meinen Sohn behalten will?«
    Er stellte sie auf die Probe, nicht anders als sie ihn auf die Probe gestellt hatte. Sie mußte ihm die Wahrheit sagen. »Ich muß sein Geburtsrecht einklagen. Er muß von Rollo zum künftigen Herrscher der Normandie ausgebildet werden, damit die Erbfolge gesichert ist, falls Wilhelm etwas zustößt. Du weißt ebenso wie ich, daß der Tod allen von uns jederzeit auf die Schulter klopfen kann. Es geht um die Zukunft der Normandie. Meine Rolle ist dabei weniger wichtig.«
    »Mir ist sie sehr wichtig.« Er hob sie hoch, bis ihre Füße über dem Holzsteg baumelten, drückte sie an sich und küßte sie, bis sie vor Wonne ganz benommen war.
    Lachend sagte er an ihrem warmen Mund: »Versprichst du mir, nicht fett zu werden, wenn ich dich gut füttere?«
    Sie lachte laut und küßte seinen Mund, seine Nase, seine Wangen, nahm seinen Kopf in beide Hände; ihre Daumen strichen über seine buschigen Augenbrauen. »Ich schwöre es«, hauchte sie zwischen den Küssen. »Versprichst du mir, daß du bei meinen Kochkünsten keinen Bauch ansetzt?«
    »Ich schwöre es. Mach dir um Taby keine Sorgen. Es wird alles gut, das verspreche ich dir.«
    Sie glaubte ihm. Er war ein Mann wie ihr Onkel — stark und klug, ein Mann von Ehre, ein Mann, dem man vertrauen konnte. So hatte sie auch von ihrem Vater Hallad gedacht, doch er hatte ihre Mutter getötet und war geflohen. Die Erinnerung daran schmerzte sie wie am ersten Tag.
    »Mach dir keine Sorgen, daß meine Leute dich nicht akzeptieren könnten. Wir werden

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