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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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Legenden. Mehr Bodenständigkeit konnte man in eine Küche nicht hineinbringen.
    »Du bist Sarde...?«, fragte ich daher und erntete ein stolzes Kopfnicken.
    »Aus Muravera, an der Ostküste...«. Jetzt, wo er es sagte, meinte ich auch den eigenwilligen Akzent seiner Insel herauszuhören.
    »In Streifen geschnittener Weißkohl, durchwachsener Speck, Maroni und ein guter Weißwein...« Er zeigte in seinen Topf, und als ich näher kam stieg mir schon der süßsäuerlich, würzige Duft dieser grandiosen Mischung in die Nase. »...Das schmorst du so lange, bis der Kohl gerade noch Biss hat und vermengst es dann mit frischer Lasagnette...« Er zeigte auf einen Berg eingemehlter breiter Bandnudeln, die auf einem Holzbrett ruhten. »...So zumindest hat es meine Großmutter immer zubereitet.« Er lächelte breit.
    »Bin sehr gespannt...«
    »Kannst du sein, mein Herz, kannst du sein...«, brachte Jack sich wieder ins Spiel und überreichte mir, warum auch immer, einen kühlen Krug Bier.
    »Den Wein gibt es erst zum Essen...«, fügte Raoul gebieterisch hinzu.
    So denn...
    Wir aßen in der Küche. Jacks Wohnung war voll und ganz auf seine Bedürfnisse ausgerichtet, was hieß: Es gab einen großen Raum mit einem wirklich großen Bett, einen ziemlich kleinen Raum mit einem wirklich kleinen Schreibtisch und eine Küche, in der sich gerade mal das allernötigste befand, um Speisen zu erwärmen. Kochen war an diesem Ort eigentlich nicht vorgesehen.
    Um so mehr bewunderte ich Raoul für seinen selbstlosen Einsatz, uns mit einem Essen zu verwöhnen.
    »Du hast die Kastanien selbst geröstet«, stellte ich beeindruckt fest.
    »Das haben wir immer so gemacht. Sie gesammelt und dann geröstet. Den vakuumverpackten fehlt außerdem das Aroma, finde ich...«
    Da sprach er mir aus der Seele. Dazu kam, dass ich wusste, was für eine irrsinnig nervige Arbeit es war, Maroni zu schälen.
    Was sich dann auf tiefen Tellern wiederfand, schmeckte wirklich gut. Die Säure des Weines, das Salz des Specks und das blumige Aroma des wohldosierten Weißkohls harmonierten perfekt mit der nussigen Süße der Kastanien.
    Dazu die Lasagnette, die exakt die Breite der Kohl-Streifen hatten – wirklich gut.
    Ich sagte es ihm, und er freute sich.
    Was dann folgte war das, was meiner Ansicht nach den eigentlichen Sinn dieses Abends ausmachte, nämlich das Kennenlernen...
    Ich fragte Raoul über das Leben auf seiner Insel aus, Jack wiederum gierte darauf, Rebeccas Hochzeit von mir seziert zu bekommen, und Raoul zeigte sich interessiert an Shiro.
    Überraschenderweise teilte er meine Ansicht, dass Èle nichts mit seinem Verschwinden zu tun haben konnte.
    »...Selbst wenn er gewollt hätte...« So seine Begründung, »...Dann wäre er damit gescheitert. Er hätte sich selbst im Weg gestanden.«
    Ich stimmte ihm voll und ganz zu, glücklich jemanden gefunden zu haben, der die Sache so ähnlich bewertete wie ich.
    »So übel ist er gar nicht...«, versuchte ich zu überzeugen, erntete aber nur verständnislose Blicke. Vor allem von Raouls Seite.
    »Na, das sehe ich schon etwas anders...«, bemerkte er kopfschüttelnd.
    »Wieso...«
    »Da kannst du fragen wen du willst. 'Ele hat Shiro ausgesaugt. Das war richtig hart, sich das anzusehen...«
    Ich erinnerte mich an Pius Beschreibungen, die ganz ähnlich geklungen hatten.
    »...Und das hat er gezielt getan!«, setzte Raoul seine Schilderung fort. »Es war nicht so, dass er nicht gewusst hätte, was er da tat.«
    »Meine Worte...«, schlug Jack in dieselbe Kerbe. »...Wenn der dich beißt, dann schmeckt ihm das...«
    »Nur dass er das eben nicht tut...«, erwiderte ich trotzig.
    » Vielleicht fällst du einfach nicht unter sein Beuteschema.«
    »Wenn er sowas wie ein Beuteschema hat - dann sich selbst«
    Tatsache ist...«, ergriff Raoul wieder das Wort, »...dass er irgendwie alle benutzt hat. Das war bei Shiro so und auch bei den anderen, die im L'amo gearbeitet haben. Irgendwie hatte er Macht...«
    »Bei Adriano?« Es war nur ein Versuchsballon.
    »Ja, genau. Adriano ist ein gutes Beispiel...«
    »Adriano?«, fragte Jack irritiert. Ich wusste, wie sehr er es hasste, nachfragen zu müssen.
    »...Den hast du nicht mehr mitbekommen. Adriano verschwand kurz nach Shiro... Da gab's dich noch nicht.«, erklärte Raoul mit einem Lächeln in Jacks Richtung.
    Das fand nun ich wieder interessant. »...Und da habt ihr keinen Zusammenhang gesehen?«
    Raoul ließ seine Gabel sinken und schüttelte nachdenklich den Kopf. »Jetzt, wo

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