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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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du's sagst, nein, haben wir nicht...«
    Aha!
    Das Bild in meinem Kopf wurde mit einem Mal konkreter...

14.

    Vier Tage später war Daniele tot.
    Er war erstickt. Laut Polizei hatte er sich eine Plastiktüte über den Kopf gezogen und war einfach daran erstickt.
    Daniele hatte mich belogen.
    Er hatte weitergemacht, sich seinen Kick nur auf andere Weise verschafft.
    Und nun - nun hatte er es geschafft.
    Er war tot, hatte es hinter sich...
    Ein Verbrechen konnte die Polizei ausschließen. Es gab keinerlei Abwehrspuren und, was schwerer wog, er hatte sich in seinem Zimmer eingeschlossen. Womöglich, um nicht von mir erwischt zu werden.
    Die Riccios in der Wohnung unter ihm hatten die Polizei verständigt. Es hatte sie stutzig gemacht, dass über neun Stunden immer das selbe Musikstück zu hören war, in überdurchschnittlicher Lautstärke zudem.
    Die Polizei verständigte uns telefonisch, da Shiro ja immer noch als Hauptmieter der Wohnung eingetragen war.
    Sie gingen nicht von einem Suizid, sondern einem Unfall aus. Wahrscheinlich hatten sie recht damit.
    Daniele war nicht depressiv gewesen. Selbstzerstörerisch, ja. Aber nicht lebensmüde. Die Polizei bestätigte auch, dass der Rausch durch Sauerstoffentzug beinahe schon etwas von einer Modeerscheinung hatte. Es war 'in', sich auf diese Weise einen Kick zu verschaffen.
    Die weiteren Untersuchungen ergaben, dass er diese Grenzerfahrung mit der von Elektroschocks gekoppelt haben musste. Ein entsprechendes Gerät war neben ihm gefunden worden, ebenso frische Verbrennungen an den Fußgelenken.
    Mann, Daniele...
    Ich bat meine Familie darum, abzureisen. Nicht Matteo, er gehörte zu mir, aber die anderen. Vor allem Renzo...
    Ich sprach mit Chip, schilderte ihr, was geschehen war, in der Gewissheit, dass sie bereit war, die Organisation für die kommende Zeit zu übernehmen. Die ersten Gäste reisten in einer Woche wieder an. Es musste viel vorbereitet werden. Shiro und ich konnten das nicht.
    Chip sagte zu.
    Es war eine stille Zeit. Eine, in der mein Japaner und ich nicht ohne, aber auch nicht miteinander sein konnten. Wir trauerten, jeder auf seine Weise. Selbst Matteo, der Daniele ja gar nicht gekannt hatte.
    Scheinbar übertrugen wir unsere Gefühle einfach auf ihn.
    Shiro sprach wenig, zog sich viel zurück und hörte Musik. Er verlor sich, glaube ich, in seinen Gedanken, seinen Erinnerungen und kam so auf diese Weise zur inneren Ruhe.
    Ich wiederum verbrachte viel Zeit damit, die eingelagerten Sommermöbel zu überprüfen, Holzschutz aufzutragen, lockere Schrauben festzuziehen, oder sie einfach nur vom Staub zu befreien, ganz wie es einst mein Vater in den Wintermonaten getan hatte.
    So war es eben...
    Tränen gab es nicht.
    Aber Trauer...
    Einen tiefen Schmerz...
    Nie zuvor habe ich je so empfunden und auch nie danach.
    ·
    Ich ließ mir ein schwarzes Auge anfertigen.
    Für Daniele.
    Diesen Entschluss fasste ich nach einer durchfrorenen Nacht auf meiner Mauer. Ich hatte mein rotes weit ins Tal hinab geschleudert. Jenes, welches ich getragen hatte, als ich mich auf Danieles 'Angebot' eingelassen hatte, nichts ahnend, was ich daraufhin zu sehen bekommen sollte.
    Ein schwarzes Auge würde grauenvoll aussehen, tot, krank, und das gefiel mir daran.
    Danieles Eltern hatten seinen Leichnam überführen lassen. Entgegen der Tradition nicht nach Hause, sondern direkt an das Cimitero, in dem er bestattet werden sollte.
    In acht Tagen war die Beerdigung. Mit Shiro und mit mir.
    Wir waren nicht eingeladen. Das war uns jedoch egal. Wir würden dort erscheinen. Und ich würde mein schwarzes Auge tragen. Theatralisch?
    Sicher!
Aber es hätte Daniele gefallen. Es war so... so kryptisch...

15.

    Hallo Buch!!!
    Signifikant ist ein kompliziertes Wort
    So wie ich kompliziert bin.
    Ado nannte mich immer so. So wie ich ihn immer Padre nannte.
    Sig-ni-fi-kant!
    Nun bin ich also signifikant.
    Kommt das von den Franzosen? Ich denke schon.
    Zumindest hat es was mit Sex zu tun.
    Muss es. Klingt auch so. - Fick - du verstehst? Und mit Einbildung. Denn Fiktion kenn ich. Sciencefiction. Mit Zukunft also. Kann Padre Ado das gemeint haben. Dass ich Zukunft habe? Das kann nicht sein! Das haben sie mir geschworen, die anderen. Zukunft hast Du nicht, Daniele! Und das - Du - haben sie so ausgesprochen, dass ich es nicht vergessen kann. Ein zukunftsloser Signifikant, das bin ich also, ihrer Logik nach. Oder meiner?
    ·
    Ich nahm die Ansammlung von rund 50 kopierten Seiten lose in meine Hände, klopfte

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