Der Herzberuehrer
Idee mit Ricardo...«
»Ja...?« Er lächelte erfreut »...Manchmal hab ich dann doch ganz gute Ideen. Für mich war es auch richtig, so wie es war. Ich bin nicht mehr so... so traurig.«
»Lust auf einen Spaziergang?«
Shiro hob den Kopf, und ein überraschtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
»Gern... wenn du magst...«
»Hast du noch Buntes?« Ich wies zum Wäschekorb »...Danach können wir los...«
Er hatte!
·
Rosalinas Bericht bezüglich Fano fiel vernichtend aus. Nicht nur, dass Tomaso sich mit Giade vollkommen zerstritten hatte - er war auch bei Valentina in Ungnade gefallen.
Sein nächtlicher Auftritt auf Rebeccas Hochzeit hatte scheint's sämtliche seiner Grundfesten ins Wanken gebracht. Und damit seine Privilegien im D’Agosta. Zum einfachen Koch degradiert, musste er den Platz des Maître wieder unserem Vater überlassen, was im Grunde beiden nicht behagte. Nun entschärfte zwar die Winterpause die gegenwärtige Situation, doch es war abzusehen, dass die kommenden Wochen keine Entspannung bringen würden. Demütigungen, gleich welcher Art, setzten meinem Bruder ziemlich zu
»Gekocht wird die ganze Zeit...«, ließ Rosalina mich zwischen zwei Gabeln Pasta Alfredo wissen, »...vor Wut und vor Ärger...«
»Und unsere Mutter?«
»...Spricht von einem Mangel an sittlicher Reife. Ständig holt sie ihre sittliche Reife hervor. Die sittliche Reife ist meinen Söhnen abhanden gekommen ...«, äffte sie Valentinas Tonfall nach. »...Mag ja sein, dass sie Recht hat, aber durch die ständigen Wiederholungen wird’s ja nun auch nicht besser.«
Ich erinnerte mich daran, dass Valentina und Rosalina sich nie besonders gut verstanden hatten.
»Jedenfalls ist ein Arbeiten im D’Agosta unmöglich geworden. Für mich zumindest. Jetzt, wo auch noch Rebecca aus dem Haus ist...«
»Und Anna...?«
»Tja, Anna...« Rosalina machte ein ernstes Gesicht. »...Um Anna muss man sich tatsächlich Sorgen machen. Das Kind ist eine Muschel, aber eine unglückliche! Du siehst ihr an, dass sie nicht froh ist, über die ganze Situation. Wie denn auch? Und wenn jetzt tatsächlich noch Giade gehen sollte...«
»Ist da also was dran?«
»Man kann über Giade sagen was man will, aber wenn sich jemand die letzten Jahre liebevoll um Anna gekümmert hat, dann war es Giade.«
»Und wenn Anna nun das D’Agosta verlassen würde?«
Rosalina sah mich nur groß an, während sie die Pasta mit einem Schluck Wasser hinunterspülte.
»Ein Internat zum Beispiel...«
Nun erhellte sich ihr Blick, begleitet von leidenschaftlichem Nicken.
»...Schlecht ist die Idee sicher nicht! Ich weiß gar nicht, ob schon mal jemand daran gedacht hat.«
»Dann wäre jetzt vielleicht der richtige Zeitpunkt...«
So kam es, dass ich das erste Mal etwas in Erwägung zog, was meiner kleinen Schwester zugute kommen sollte...
·
Es war beklemmend, zur Mittagszeit des darauffolgenden Tages das L'amo zu betreten. Das ich trocken schlucken musste, war ein untrügliches Zeichen dafür, dass ich es so empfand.
Dabei war eigentlich alles wie immer. Der säuerliche Mief der vorangegangenen Nacht, das harte, kalte Licht der Tages-Scheinwerfer, das abgeranzte Interieur. Nur dass eben nicht Daniele, sondern Jack hinter der Theke stand und uns einen Espresso zubereitete.
Wir sind alle so verdammt schnell austauschbar, dachte ich, mich aufmerksam dabei umsehend - Zack, der Nächste bitte.
Im Hintergrund lief irgendwelcher Synthie-Pop, welcher durch das Zischen der Espressomaschine jedoch überdeckt wurde.
»Lucamaus ...«, begrüßte Jack mich mit einem gewinnenden Lächeln. Trotzdem sah er irgendwie abgespannt aus, erschöpft. Ausgebrannt...
Sein Caffé duftete jedoch verlockend.
»Jack, du bis blass«, begrüßte ich ihn, wohl wissend, dass er auf solcherlei Äußerungen durchaus auch mal schnippisch reagieren konnte. Doch er nickte nur, und schob mir den fertigen Caffé über die Theke. »Weißt du...«, begann er, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen, »...im Grunde hast du mir einen Riesengefallen getan...«
»So? Hab ich?«
»Diese Nachtarbeit... Das geht an die Substanz, an meine Substanz...«
Das waren ja ganz neue Töne.
»Und Raoul?«, fragte ich irritiert nach.
Für einen Moment betrachtete Jack mich so als frage er sich, ob er mir nun etwas sagen sollte oder besser nicht. Doch schließlich griff er seine Tasse und deutete auf die Tür zum Personalbüro.
»Komm mit. Ich muss dir was zeigen...«
Gespannt folgte ich seiner
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