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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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schmaler, und sein Kinn spitzer geworden waren. »Die Madonna von Bonaria...«, sagte er gedehnt, »...Sie ist die Schutzheilige der Sarden...«
    Damit stand er auf, ging wieder zurück ins L'amo - und ich verstand mit einem Mal, was ihn beschäftigte...
    ·
    Shiro hatte gut daran getan, gleich nach unserer Ankunft wieder in die Arbeit einzusteigen. Das merkte ich schon am ersten Abend meines Küchendienstes. Fleisch wollte pariert, Gemüse tourniert und Saucen montiert werden. Mein Kopf genoss es, sich über Lebensmittel Gedanken zu machen, und beinahe auf Anhieb durchströmte mich ein Anflug von Leichtigkeit und Euphorie, als ich endlich wieder den Geräuschen von zündendem Gas, klirrendem Besteck und dem Stakkato von Messern ausgesetzt war. Das unvergleichliche Zischen, dass beim Ablöschen eines Bratenfonds entstand, schien feinstofflich in meine Nervenbahnen einzudringen und sie mit so etwas wie Wohlbehagen zu füllen. Von den Gerüchen einmal ganz zu schweigen. Unter anderem hatten wir Winter-Lamm an Rosmarin auf der Tageskarte, was den olfaktorischen Leitfaden des Abends bilden sollte. Des weiteren: Lachsforelle im Kräutersud und ein Waldhonig-Parfait an handgewalgtem Apfelstrudel. So überformuliert stand es zumindest auf der Tafel, die Beppo und Claudio den Gästen präsentierten. Da Orlando nun nicht mehr da war, um mit seiner kalligrafischen Kunstfertigkeit die Gerichte anzupreisen, hatte Chip das übernommen - mit durchaus leserlichen Resultaten.
    Mir war an diesem ersten Abend die Pasta übertragen worden. Ein angenehmer Job zum Einstieg. Neben den Klassikern hatten wir als Besonderheit Ravioli mit einer Füllung aus Jacobsmuscheln zu bieten, ein einfaches venezianisches Gericht, dass vor allem Matteo sehr liebte.
    Ich brauchte die Arbeit einfach, stellte ich mal wieder fest, war abhängig von der Küche, von den dort stattfindenden Prozessen, den routinierten, aber auch den kreativen Momenten. Meine Arbeit, das war - Glück! Und meine Kollegen, sie bildeten das Fundament dafür.
    Schön war es auch, wieder mit Rosalina zusammenzuarbeiten. Sie hatte sich gut eingelebt, das erkannte ich sofort. So wie es aussah, arbeiteten die beiden Frauen gerne zusammen, mehr Hand in Hand. Diesen Kochstil hatte ich schon einst bei Luisa Marone, im Carciofi kennen und schätzen gelernt. Ich war erstaunt, dass es hier auch funktionierte.
    »Mein Kleiner, ist zu einem Mann gereift!«, stellte Rosalina mit einem Unterton der Rührung immer wieder fest. Dabei schüttelte sie mit dem Kopf, als könne sie es einfach nicht fassen.
    Fand ich das am Anfang noch ganz witzig und auch irgendwie verständlich, so ging es mir dann, zur vorgerückten Stunde, doch irgendwann auf die Nerven.
    »Rosa, ich bin ein Mann . Können wir das jetzt mal so stehen lassen...«
    »Aber damals warst du noch so... so ein...«
    »...Ein Winzling...? Rosa, ich war siebzehn Jahre alt. Jetzt werde ich dreiundzwanzig...«
    »Siehst du - Sag ich doch!«
    »Ich hab die Arie schon hinter mir...«, kam es geflüstert von Shiros Seite, während ich gerade dabei war, die Muskel der Muscheln in feine Scheiben zu schneiden. Sein gequältes Lächeln spiegelte wieder, was mein Augenverdrehen zu sagen versuchte. Aber Chip, Pia und Steffano schienen das ganze Tamtam, das Rosalina um uns machte, zu mögen. Sie amüsierten sich über die Anekdoten unserer gemeinsamen Lehrzeit, welche von ihr zwar über weite Strecken frei erfunden sowie schillernd ausgeschmückt wurden, doch ab und zu mussten auch wir mitlachen. Rosalina hatte durchaus ein komisches Talent. Schon nach wenigen Stunden fühlte ich mich deutlich besser, als all die Tage zuvor.
    Willkommen zurück - dachte ich so zu mir, und ich hoffte in diesem Moment, dass dieser Zustand innerer Zufriedenheit auch eine Weile anhielt. Bitte!
    ·
    Jack meldete sich wie versprochen. Sein Anruf erreichte mich am Morgen nach meiner ersten Schicht. Er klang bestens gelaunt.
    »Ich habe herausgefunden...« , eröffnete er erleichtert, aber so leise, dass ich ihn nur schwer verstehen konnte, »...dass sich der Schlüssel vorher im Besitz von Adriano befand. Das hat mir Raoul verklickert...«
    »Sehr gut. Aber warum flüsterst du, ich versteh dich kaum...«
    »...Weil... Ist doch egal, hör zu! Das passt doch zusammen. Zumindest erklärt es das plötzliche verschwinden dieses Adriano, kurz nachdem Shiro vermisst wurde. Das kleine Einmaleins in meinem Kopf sagt mir, dass er es ist, nachdem wir Ausschau halten müssen...«
    Das

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