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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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herausfinden konnte, schriftlich zusammengefasst und zeitlich dokumentiert.«
    Ricasoli nahm sie mit einem Nicken entgegen und begann sie, rasch blätternd, zu überfliegen.
    »Nun bin ich nicht vom Fach.«, wappnete ich mich vor spontaner Kritik. »Wenn sie also irgendwas vermissen oder Fragen auftauchen, sagen sie es mir.«
    Ricasoli lächelte fein, was mich verblüffte, da 'fein' in diesem Gesicht eigentlich nichts zu suchen hatte.
    »Wenn ich nur halb so gut kochen könnte, wie sie Fakten zusammen tragen...«, sagte er, während seine Finger durch die Papiere wanderten, »...tja, dann hätte ich mein eigenes Restaurant. Das sagt mir schon der erste Eindruck, aber...«
    »Ja?«
    »Fakten hin, Fakten her, all das Schriftliche hier - prima! Ich hoffe aber doch, sie sind auch bereit, mir ein bisschen mehr zu liefern. Was Griffiges hätt ich gern!«
    »Ich habe ihnen auf Seite Sieben Namen aufgelistet, alles Kontakte, die sicher bereit wären, mit ihnen zu sprechen. Dazu gehöre ich selbst, ehemalige Mitarbeiter aus dem L'amo, der eine oder andere Schüler aus Catanzaro... sicher Padre Almetti, das ist der Rektor dort... ein paar Eltern womöglich...«
    » Die wären bereit, mit mir zu sprechen? Sind sie da sicher?«
    »Ziemlich sicher!« Ich lächelte still, zog einen USB-Stick aus meiner Tasche und legte ihn in die Mitte des Tisches. »Nachdem sie das hier gesehen haben, müssen sie es!«
    ·
    'Jack' war scheinbar ein anderes Wort für 'Glück' in meinem Leben. Anders konnte ich es mir nicht erklären, dass sich dieser eigenartige, unerträglich arrogante, selbstverliebte Zyniker immer wieder ein Bein für mich ausriss. Jack hatte mich noch nie enttäuscht. So auch nicht in diesem Fall. Und dieses Mal hatte er sich selbst übertroffen.
    »Shiro kann jetzt antanzen, wenn er meint, dass er muss...« , kündigte Jack ohne Einleitung am Nachmittag vor Ricasolis Besuch telefonisch an.
    »Was ist 'jetzt'...?«, fragte ich, weil mir einfach nichts Präziseres einfallen wollte.
    »Raoul ist jetzt gerade dabei, seine Aussage zu machen...«
    »Und was heißt das konkret?«
    »Das heißt konkret, Herz, dass es einigem Geschmeiß in Kürze ans Eingemachte geht, wenn du verstehst, was ich meine?!«
    Ich versuchte es. »Die Vier aus Catanzaro?«
    »Die Vier aus Catanzaro, exakt. Aber dabei ist es nicht geblieben...«
    »Ja?«
    »Die Fisch-Hirne haben ihre Rendezvous alle fein säuberlich mit Handy-Cams dokumentiert. Meisten maskiert zwar, ich denke mal, um ihren Dreck ins Netz zu stellen, aber ein paar Filmchen sind dabei, hey, da grinsen sie gagga-geil zum Bildschirm raus, für den Privatgebrauch vermutlich. Feinstes Futter für deinen Ricasoli-Termin. Was sagst du nun?«
    »Wahnsinn!«
    »Worauf du einen lassen kannst! Hübsch rumgemailt haben sie die Dinger, und ihren alten Kumpel Raoul immer brav mitbedacht. Klar ist jedenfalls - solche Hardcore-Nummern haben sie nicht nur mit Daniele durchgezogen. Die hatten da richtig System drin, da gibt’s keinen Zweifel«
    »Und du?«
    »Wie - 'und ich'?«
    »Na, was ist mir dir? Wie geht es dir? Was passiert jetzt mit dir?«
    »Was soll sein? Es geht mir gut. Und was soll passieren? Glaubst du ernsthaft, Goldhase, dein Jackie hat nicht vorgesorgt? Mir wird gar nichts passieren.«
    »Oh Mann, Gott sei dank!«
    »Genau Halleluja-juchhee. Wir sehen uns die Tage, ja...?«, und als er das fragte, hörte ich zum ersten Mal heraus, wie müde und wie erschöpft er klang. »...Dann erzähl ich dir die Einzelheiten mal in Ruhe - ach, und, Luca-Maus?«
    »Ja?«
    »Sieh dir die Clips nicht an! Auf gar keinen Fall, ja? Versprich mir das...«
    Was wieder einmal zeigte, dass er so cool gar nicht war, wie er immer tat, sondern eigentlich ganz lieb.
    ·
    Der folgende Sonntagmorgen startete als ein verheißungsvoller, frischer Tag. Es war einer, an dem man mit etwas Gespür die zarten Düfte des Frühlings erahnen konnte. Vage zwar nur, aber sie schwebten als vorhandene, kleine unsichtbare Schwaden in der klaren, kühlen Bergluft.
    Ein Detail, dass der Familie Vanorio entgangen sein dürfte, als genau an diesem Tag die Carabinieri mit einem Haftbefehl vor ihrer Türe stand, um ihren noch zuhause lebenden Sohn Enzo in Gewahrsam zu nehmen.
    Gut sechzehn Stunden später hatte dieser dann die Privilegien innerhalb seiner Sippe verspielt. Laut Aussage seines Vaters hatten die Vonarios keinen Sohn mehr. Er sei für sie gestorben, hieß es.
    Die Reaktionen der drei verbliebenen Familien unterschieden sich

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