Der Herzberuehrer
weh. Mehr kann ich dazu nicht sagen, vorerst. Und leider seh ich auch keine Möglichkeit, eine Aussage zu der Sache zu machen. Ich erinnere mich einfach an Nichts - nun weiß ich ja auch warum! Was also kann ich tun? Das L'amo werde ich behalten. Ich freue mich sogar darauf, wieder dort anzufangen. Und ich werde in die Wohnung darüber ziehen. Mit etwas Farbe kann man da ja garantiert was draus machen. All das habe ich dir zu verdanken, mein Held. Es ist jetzt 'sauber' dort. Danke also nochmal.
Was unsere letzte Zeit in Catanzaro und auf deinem Berg angeht - ich bin glücklich, dass wir sie hatten. Ich vermisse dich natürlich. Mach es gut und denk ab uns zu mal an mich, deinen 'Japaner'! Grüße an Fabio,
S ayonara und Ciao, Shiro
Vier Mal las ich die Mail, dann klickte ich auf den kleinen Papierkorb im Programm, klappte den Laptop-Bildschirm nach unten und ging in die Küche, um mir etwas zu essen zu machen. Als 'Verdrängung' würde Fabio das vermutlich sehen, ich nannte es einfach 'Appetit'.
·
Die kommenden Tage verliefen nach außen gesehen völlig unspektakulär. Abgesehen von ein paar Vorstellungsgesprächen, die unserem Engpass in der Küche hoffentlich entgegen wirken würden, gab es keine besonderen Vorkommnisse.
Seit dem Streit mit Chip lief es reibungslos zwischen uns, und was die Zeit vor sowie nach meinen Schichten anging: Da sorgte Fabio für einen angenehmen Ausgleich. Wir gingen stundenlang spazieren, verbrachten Ewigkeiten im Bett oder sahen einfach nur fern. So schien es nach außen.
Innerlich spulte sich ein ganz anderer Film ab.
Raoul befand sich immer noch in diesem Horror-Zimmer vom L'amo - ebenso wie Jack, der daran 'arbeitete' mit einem möglichst umfangreichen Endergebnis die 'Sache' abzuschließen. Es war in etwa so, als hätten wir die Büchse der Pandora geöffnet, und zum ersten Mal hatte ich die vage Befürchtung, Jack habe sich da in etwas verrannt. Besaß er ein Rezept, sie wieder zu verschließen? Zumindest klang es für mich am Telefon nicht so.
»Du musst das beenden, Jack...«
»Bin ja dabei...«
»Du reitest dich da in was rein. Ist dir das klar?«
»Nein, nein, das... es ist schon alles richtig so. Mach dir keine Gedanken...«
»Jack, Shiro möchte ins L'amo zurück!«
»WAAS? Das... das geht jetzt gar nicht, nein! Da musst du... setz dich mit ihm in Verbindung! Das geht nicht...«
»Jack, was ist da los bei dir?«
»Na, kannst du dir das nicht denken? Shiro, hier? Nein, das geht einfach nicht. Noch ein, zwei Tage...«
»Zwei Tage?«
»...Drei Tage!«
»Zwei Tage!
»Guut, zwei Tage.«
»Das ist ein Versprechen?«
»Ist es, Erpresser!«
Jack hatte noch nie sein Wort gebrochen. Bis jetzt zumindest...
·
Ricasoli fuhr einen auberginefarbenen BMW, ein älteres Modell der 7er Baureihe. Kein Wagen dieses Universums passte besser zu dem Mann, als eben genau dieses Modell.
»Nett haben sie's hier...«, tönte es mir etwas polterig entgegen, während er versuchte, seinen massigen Körper möglichst lässig aus den seitlich verstärkten Sport-Sitzen herauszuschälen. »'n bisschen einsam gelegen, wie?«
»Das stimmt!« Wir begrüßten uns mit Handschlag. »Genau so wie ich es mag...«
»Passt zu ihnen, Lauro!« Eine Pranke landete krachend auf meiner Schulter - und damit war der Smalltalk beendet.
Ich hatte uns Tisch 12 reserviert, exakt jenen, wo an einem stürmischen Abend mit 'Eles überraschendem Besuch all das begonnen hatte, was nun durch Ricasolis Anwesenheit auf einen Höhepunkt zusteuerte, dessen Gipfel noch nicht ganz abzusehen war.
»Ich habe mir erlaubt, uns ein Menü zusammenzustellen...« Mein Lächeln wanderte gewinnend über den Tisch. »Hoffentlich sind sie damit einverstanden?«
»Ich hatte mir so etwas erhofft!«, parierte er freundlich.
Also konnte serviert werden.
Die mit Fasan gefüllten Ravioli gehörten zwar nicht unbedingt zu meinen Favoriten, bildeten aber, vor dem sehr scharf angebratenen Wolfsbarsch an extra süßem Weinkraut, die perfekte Überleitung zum Rehfilet im Wirsingmantel.
»Respekt, Lauro!«, lobte er bereitwillig und mit ehrlicher Überzeugung. »Ein feines Spektakel!«
Ich freute mich über den Erfolg. Zeit also, zum Wesentlichen zu kommen, bevor Dessert und Degistif uns den Schwung raubten.
»Ich habe hier etwas zusammengestellt...«, begann ich als Einleitung, griff nach einer Mappe, die ich zuvor neben meinem Stuhl deponiert hatte und reichte sie Ricasoli über den Tisch. »Das sind die Fakten, die ich
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