Der Herzberuehrer
einfach besser in die Berge, und ich mochte ihren zarteren Geschmack mittlerweile lieber. Noch dazu war es für die Fanoeser Gesellschaft mal eine Abwechslung, da man an der See traditionell Meeresfische zubereitete.
Ob Hecht, Forelle, Saibling oder Barsch ließen wir noch offen. Je nach Angebot. Die Zubereitungsform legten wir jedoch fest. Es war klar, dass es eine Terrine geben würde. Dazu zwei Soßenspiegel, wobei der eine aus Himbeere mit dem dazu gehörigen Brand bestand, der andere aus Sahne, Noilly Pratt und Safran. Farblich wie geschmacklich ein grandioses Gericht.
Beim Fleisch einigten wir uns auf Roastbeef mit einem Waldpilzcarpaccio. Es war eigentlich ein Rezept unseres Vaters, das sich von der gängigen englischen Variante darin unterschied, dass es mit einer aromatischen Thymiankruste versehen war. Ich hatte das Rezept dann noch um eine Reduktion von roten Rüben, Merrettich und reichlich Barolo bereichert. Das Ergebnis war einer Hochzeit würdig.
Schließlich das Dolce: Da entschied sich Rebecca für Variationen von der Nuss, eine Idee von Chip, die uns damit einen angenehmen Spielraum verschaffte, denn so mussten wir uns noch nicht im Einzelnen festlegen. Parfait, Tarte, Creme, etwas in der Art.
»Gibt es ein Programm?« Ich fragte das, weil es wichtig für den zeitlichen Ablauf sein konnte.
»Sebastians Schwager spielt Akkordeon. Er und eine befreundete Geige... das ist das Programm.«
»Das klingt nach einer schönen Feier«, stellte Chip fest, während sie mit ihrem Kuli kleine Herzen auf ihre Merkliste kritzelte. »Es werden nur nicht alle in die Kapelle passen.«
»Das macht aber nichts. Da dieser Teil der Feier nur der engsten Familie vorbehalten ist, reicht der Platz bestimmt.«
»Gut. Das dürfte klappen." Chip setzte auch unter diesen Punkt einen Haken. »...Denk dran, dass wir noch passende Stühle dafür organisieren müssen.«
Ich notierte es.
»Eins ist natürlich klar, Luca...« sagte meine Schwester viel später, nachdem wir wieder unter uns waren. »...Ganz gleich, wer zum Zeitpunkt der Feier an deiner Seite stehen sollte, er ist natürlich herzlichst eingeladen«.
So war sie.
Dafür liebte ich sie.
Und tatsächlich - ich begann mich sogar ein bisschen auf das Fest zu freuen...
·
»Na? Hast du über meinen Vorschlag nachgedacht?«
Das hatte ich in der Tat. Ich hatte natürlich über Danieles Vorschlag nachgedacht, hatte ihn wieder verdrängt und immer wieder hatte ich versucht, mir vorzustellen, welche Konsequenzen es haben könnte, wenn ich mich darauf einlassen würde, wie ich mich wohl dabei fühlen würde. Und jedes Mal wenn ich das tat, begann meine Fantasie unmittelbar und ohne Umschweife Bilder zu malen. Bunte, intensive Bilder, von denen mir die einen gefielen, die anderen mich jedoch abstießen und mit Ekel erfüllten.
Es beschäftigte mich natürlich, warum ich es überhaupt in Erwägung zog, mich darauf einzulassen. Shiro befand sich hier, bei mir, in Sicherheit. In Kürze würde ich das operative Geschäft im L'amo übernehmen - alles sprach dafür, 'Ele und seine irre Forderung einfach in den Wind zu schießen, ihn...
»Ich bin einverstanden...«
»Wunderbar! Du wirst es nicht bereuen. Wann passt es dir?«
»Sag mir einen Zeitpunkt...«
»Kommende Woche, Mittwoch?«
»Das passt.«
»Du kommst zu mir. So gegen acht?« Ich hörte Aufregung aus seiner Stimme heraus.
»Gut...«, sagte ich leise. »...Ich werde da sein«
»Bis Mittwoch dann... ich freu mich«
»Bis Mittwoch.« Und damit legte ich auf.
·
Nach Rebeccas Abreise verspürte ich zum ersten Mal seit sehr langem diesen stechenden Moment des Verlusts. Es war mir noch nie leicht gefallen, mich von meiner Familie zu trennen, ganz gleich von wem und warum. Aber ganz besonders schwer fiel es mir, dabei an Rebecca zu denken. Oder aber an meinen Großvater Matteo. Er war mein Vertrauter in Fano, mein Freund, mein dritter Verbündeter innerhalb der Sippe...
Jetzt war ich also wieder allein, meine Aufmerksamkeit vollends auf die Küche und die Hotelgäste gelenkt, wobei - vollends traf es auch nicht so richtig, gab es doch immer noch eben diesen einen Punkt, der sich in schöner Regelmäßigkeit zwischen Gedanken zu mogeln verstand - Daniele nämlich.
Unser Treffen.
Niemand wusste davon, nicht einmal Jack und ich fragte mich, ob das wirklich so klug war. Doch auf der anderen Seite wollte ich mir keine Bedenken anhören müssen. Ich konnte sie schon auswendig vor mich hinbeten, gleichgültig von
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