Der Herzberuehrer
aber auch mit der Familie umsprang. So war sie eigentlich schon immer gewesen. Dieses Verhalten entsprach ganz ihrer Art. Es wurde damals nur nicht gesehen, wurde ignoriert, negiert. Eines der Grundprobleme der Lauros, wie ich fand.
Irgendwann später trat Fabio durch die Flügeltüre.
Er wusste von den Neuigkeiten, denn zwischenzeitlich war ich dazu gekommen mich umzuziehen und ihm währenddessen von Matteos Ankunft zu berichten.
»Oh Mann...«, hatte seine Reaktion da gelautet, und ich konnte beobachten, wie er etwas blass wurde. »Weiß er von mir?«
Ich hob die Schultern, so genau konnte ich ihm diese Frage nicht beantworten.
»Was meinst du - wird er mich mögen...?«
»Matteo ist Matteo ...«, antwortete ich wenig hilfreich, »Aber er wird dich akzeptieren . Das weiß ich!«
»Damit... kann ich leben...«, hatte er da zaghaft lächelnd gesagt, um mich gleich im Anschluss wieder nach unten zu schicken, zu meiner Sippe.
Nun, als ich sah, wie er auf uns zusteuerte, sprang ich auf, um ihm beizustehen. Jetzt war mein Platz an seiner Seite, fand ich. Fabio lächelte, strich mir beruhigend durchs Haar, gab mir einen unauffälligen Kuss und ging dann mit federndem Schritt auf unseren Tisch zu. Er streifte Lorenzo mit einem vertraut begrüßenden Blick, fixierte daraufhin Matteo, zeigte sein feinstes Zahnlücken-Lächeln, streckte ihm seine Hand entgegen und ergänzte dieses formvollendet durch ein »Ich freue mich, Matteo kennenzulernen.«
Für einen Moment stutzte der Alte, sah fragend von mir zu Renzo, nahm zögerlich die angebotene Hand, doch dann schien er zu begreifen. »...Fabio... nicht wahr...?«
Nun war es an mir, zu staunen. Matteo musterte Fabio ohne größere Regung, doch er wies schließlich auf den Stuhl ihm gegenüber, jenen, auf dem eben noch ich gesessen hatte. Fabio nahm mit einem Nicken Platz, und für einen Moment bestimmte Schweigen den Raum.
»Meine Enkelin Rebecca hat mir von dir erzählt...«, sagte Matteo schließlich, was mir alles erklärte. Erstmals tauchte ein feines Lächeln in seinem rechten Mundwinkel auf, eines, das allen Anwesenden erleichtert den Atem entweichen ließ.
Das war also schon mal gut gegangen...
·
»Er ist doch ganz nett...«
»Warte ab, bis du die anderen kennen lernst...«
Wir lagen auf dem Bett, bliesen gekonnt Rauchringe gen Zimmerdecke und hörten Fabios Lieblingssound, seinen nervtötenden Britpop. Warum nur teilten meine Süßen nie meine Liebe zu Soundtracks...
»...Ja, aber mit deiner Schwester und Lorenzo sind`s dann doch schon mal drei, die gehen ...«
»Das machen die anderen doppelt wett, glaub mir. Mein Bruder Tomaso zum Beispiel ...«
»Aber Idioten in der Familie hat doch jeder...«
»Du nicht!«
»Stimmt...«
Hinter uns lag ein schöner Abend, wenn auch aus verschiedenen Perspektiven. Während ich in der Küche turnusmäßig die Leitung übernommen hatte, amüsierten sich die anderen bei Muscheln in Soave und Kalbsschnitzel. Aber es machte mir nichts aus, ganz im Gegenteil. Ich würde noch eine Menge Gelegenheit bekommen, Zeit mit Matteo zu verbringen. Auf diese Weise hatte Fabio die Möglichkeit, sich ganz auf seine Weise mit meinem Großvater anzufreunden.
»Er ist hier?«, fragte Shiro ungläubig, nachdem ich ihm von unserem Überraschungsgast erzählt hatte. »...Wie geht es ihm?«
Noch waren wir die Einzigen in der Küche, also blieb uns Raum für Privates.
»Er ist gut drauf, finde ich. Eigentlich wie immer... älter halt...«
»Weiß er, dass ich hier bin?«
»Ich denke schon. Rebecca wird's ihm gesagt haben.« Immerhin wusste er auch über Fabio Bescheid, und den hatte sie nicht mal kennengelernt.
Shiro hatte mittlerweile sein Messer beiseite gelegt und schaute betont traurig in meine Richtung.
»Ich sollte bei der Hochzeit wohl besser nicht dabei sein... oder?«
Froh darüber, dass er es ansprach, nickte ich ihm zu. »Es könnte komisch werden.«
»...Obwohl - eingeladen hat sie mich ja...«
»Ehrlich gesagt fänd ich’s gut, wenn du in der Küche mitarbeiten würdest...«, wich ich seinem durchschaubaren Ansinnen aus. »...Wir sind an dem Abend eh unterbesetzt. Und auch wegen Fabio...«
Ich sah, wie er den Blick senkte, dann aber wieder zu seinem Messer griff, um die harten Stielansätze an den Artischocken zu entfernen. Wir brauchten deren Böden später für einen Langusten-Dipp.
»...Wenn du willst, dass ich arbeite, dann arbeite ich natürlich...«
Mir war klar, er hätte lieber etwas anderes von mir
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