Der Herzberuehrer
Kontrolle!
Also war es an der Zeit, sie nun auch auszuüben, die Kontrolle. Ob es ihm nun passte oder nicht.
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Mein Spider war frisch betankt. Ich hatte ihm einen Satz frische Scheibenwischer spendiert, und, was nur ein- bis zweimal im Jahr vorkam, eine Heißwachswäsche obendrauf gelegt. Strahlend weiß und glänzend trug mich mein 132 PS-Liebling nun mit sattem Sound gen Norden, Richtung Kloster, die Berge hinauf. Nach Hause...
Fabios Rückkehr bedeutete in mehrerer Hinsicht eine Überraschung für mich. Selten hatte ich ihn so sehnend, so drängend und so emotional erlebt, wie an jenem Abend seiner Ankunft vor zwei Tagen. Ich schien ihm mittlerweile scheinbar doch mehr zu bedeuten, als ich es bislang wahrhaben wollte. Und auch bei mir selbst spürte ich, dass unser Zusammensein längst über einen netten Zeitvertreib hinausging.
Fußte unsere Beziehung bislang eigentlich nur auf körperlicher Anziehung, so hatten wir uns plötzlich was zu sagen.
Damals – da wollte ich ihn, und ich bekam ihn. Einfach nur als Mittel zum Zweck nutzte ich seine Zuneigung. Als netten Zeitvertreib sah er wiederum mich. Ich überlagerte dank ihm, zumindest für eine Zeitlang, meine Gefühle für Lorenzo, meinen Bruder, und er, ja, er hatte einfach seinen Spaß daran, mit einem Fernseh-Prommi was am Laufen zu haben. Ich glaube immer noch, dass das damals tatsächlich eine Rolle gespielt hatte.
Jetzt nun begegneten wir uns auf Augenhöhe und das, was uns verband, ließ sich wohl am Besten mit 'gewachsen' beschreiben.
All dies wanderte durch meinen Kopf, während ich in der einbrechenden Dunkelheit im zweiten Gang den Berg hinaufraste, »The Virgen Suicide« brüllend laut im CD Wechsler, so dass ich nicht mal meinen wunderbaren Motor hören konnte.
Auf der einen Seite spukte Daniele, dieser Wirre, in meinen Gedanken herum, auf der anderen Seite eben Fabio.
Na, und dann war da noch die Hochzeit, meine Familie... und Shiro.
Ja - Shiro. Vermutlich war er der Grund für Fabios urplötzliche Anhänglichkeit, da war ich ziemlich sicher, wenngleich er sich das nicht anmerken ließ. Shiro beschäftigte mich, das spürte Fabio, und nun, wo Shiros Strahlkraft, sein Charisma zurückgekehrt waren, nahm er ihn möglicherweise als potenziellen Rivalen wahr, als Bedrohung.
Da konnte ich tausendmal beteuern, dass es Quatsch wäre, sich deswegen Sorgen zu machen...
»Er arbeitet jetzt in der Küche, hab ich gesehen...?« Das war gestern gewesen.
»Ja, solange Orlando nicht richtig fit ist. Außerdem kann er ruhig mal was tun.«
Da begriff ich noch nicht, worauf seine Frage eigentlich abzielte und hängte daher noch ein unbedarftes »...Und er ist richtig gut!« dran.
»Ah soo, richtig guut . Ja dann...«
»Hey...« Ich musste grinsen. »...Eifersüchtig?«
Er lächelte ebenfalls, aber es kam nicht ganz so locker rüber wie das sonst bei ihm der Fall war. »Vielleicht so was ähnliches...«, wich er mir aus und wehrte einen spielerischen Annäherungsversuch meinerseits ab, »...Aber für 'übergangsweise', wie du es genannt hast, ist er jetzt ganz schön lange hier, oder?«
Da hatte er Recht. Bis es ihm besser geht - hatte damals meine Planung gelautet, und wurde dabei von Fabio unterstützt, ohne Wenn und Aber.
Doch nun ging es ihm wieder ausgezeichnet und Shiro - blieb.
»...Er weiß immer noch nicht wohin...«, versuchte ich es dünn, aber ich merkte, schon während ich es aussprach, dass mein Argument hinkte.
»Wenn du so weiter machst, wird er es auch nie erfahren...«
Ich nickte ergeben, da ich wusste, dass er Recht hatte.
Soll ich ihm sagen, dass er gehen soll? Willst du das?«
»Nein, natürlich nicht. Ich mag ihn ja. Und ich finde es ja auch irgendwie toll, was du alles für ihn tust. Ich will nur, dass du weißt, wie ich darüber denke. Und ich will, dass du ehrlich zu mir bist. Okay?«
Ich konnte nur still nicken, so beschämt war ich über seine Worte, oder besser - seine Haltung. Er gab mir einen Kuss, und dann, ja, dann hatte das eine das andere ergeben.
Wie soll ich ihm nun das mit Daniele verklickern , dachte ich bei mir, als ich meinen Wagen knirschend auf dem Kies zum stehen brachte. Irgendwie war zurzeit alles ziemlich verdreht. Für einen hilflosen Moment legte ich meinen Kopf auf das Lenkrad, dann atmete ich tief ein, drehte den 'Jungfrauenselbstmorden' den Saft ab und stieg aus.
Irgendwie würde sich schon alles fügen, dachte ich noch und ging gemächlichen Schrittes auf das Haus zu.
10.
Immer
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