Der Herzberuehrer
Aufmerksamkeit, die er mir zuteilwerden ließ - das fand ich gut.
Unsere erste Begegnung fand im Foyer des Savoya statt, dem ersten Haus am Platz. Bekannt war das Savoya vor allem für seine schräge open-Air-Whirlpoolanlage auf dem Dach. Hinzu kam ein Autoservice, wie man ihn sonst nur aus amerikanischen Filmen kannte. 'Brotzangen' bevorzugten das Savoya, betuchte Touristen mit rundum Anspruch. Wenn es mal ein Starlet nach Genova verschlug, dann stieg es in der Regel im Savoya Grand Hotel ab.
Sebastian ließ eine Runde Kaffee servieren, während wir noch auf seine Eltern und den verspäteten Lorenzo warteten.
Also übten wir uns im Smalltalk, beschnupperten uns und tauschten belanglose Freundlichkeiten aus.
Sebastian Cabarese war jünger als meine Schwester, soviel stand schon mal fest. Und er liebte sie. Das zeigte mir die Art, wie er sie ansah, wie er mit ihr umging, wie er lächelte, wenn sein Blick den ihren streifte. Es war schön, das mit anzusehen. Es war verblüffend.
Rebecca erstrahlte in seiner Nähe und zeigte Nuancen von sich, die ich niemals zuvor wahrgenommen hatte. Sie besaß den atemberaubendsten Mund von ganz Fano, nur so als Beispiel, aber ihre jetzige Leuchtkraft konnte einen schon umhauen. Ihre ganze Körpersprache, ihre Mimik, ja selbst ihre Stimme schrien nur: Hier! Seht her! Ich liebe!
»Rebecca hat mir so viel von dir erzählt...«, wandte sich Sebastian irgendwann zu mir, die Beine lässig übereinander geschlagen, lächelnd ein Glas Wasser zum Mund führend, »...Doch das mit deinem Auge hat sie mir gegenüber nie erwähnt«. Er hob entschuldigend die Schultern»...Ist doch komisch, oder? Einem Optiker so etwas nicht zu erzählen...?«
Ich nickte, irritiert darüber, dass es tatsächlich jemanden geben sollte, der darüber nicht Bescheid wusste. Ich trug an diesem Tag auf Fabios Wunsch hin mein blaues, und dazu kam - ich hatte tatsächlich mal wieder Lust auf Farbe. Außerdem schmerzte das Braune mittlerweile zu sehr. Ich musste wirklich dringend nachbestellen.
»Sie ist wahrscheinlich davon ausgegangen, dass es jeder weiß. So wie das damals durch die Presse ging...«, vermutete ich folgerichtig denn ich erntete ein verständiges Nicken.
»So ist das wohl...«
Ja, und dann, dann betrat Claudia Cabarese die Bühne - und mein Lächeln erstarb...
·
Es gibt Menschen, da ist es vom allerersten Moment klar: Das wird nicht funktionieren! Den kannst du nicht ausstehen. Mit dem kommst du nicht klar. Nicht in hundert Jahren. Niemals...
Claudia Cabarese war ein solcher Mensch. Dabei waren sich unsere Blicke noch nicht einmal begegnet, als ich in diesem Punkt Gewissheit erlangte. Es war einfach die Art, wie sie Rebecca ansah. Da war für mich alles klar. Ja, auf einmal gab auch das Savoya einen Sinn, das Treffen vor der Hochzeit, dieses Abendessen. All das passte für mich nun zusammen, und all dieses zog ich nur aus jenem einen Blick, den Claudia Cabarese Rebecca zugeworfen hatte.
Das ganze Tamtam hier war als exquisite Demütigung geplant.
Und, klar, im Gegensatz zu ihrem Sohn konnte sie mit meinem Gesicht durchaus etwas anfangen. Das bewies sie mir in dem Moment, als sie sich urplötzlich meiner gewahr wurde, Rebecca mitten im Satz stehen ließ und mit einem fast schon triumphierenden Lächeln auf mich zuschritt, als seien wir seit Jahren miteinander verbunden.
»Daarauf habe ich mich nun schon die ganze Woche gefreut...«, flötete sie in meine Richtung, als hätte es die Begrüßung mit Rebecca nie gegeben und etwas überrumpelt ergriff ich die schwer beringte Hand, die sie mir entgegen streckte. Ich schenkte ihr ein Automatik-Lächeln und wünschte mich an einen anderen Ort.
»...Wir haben uns soo viiel zu erzählen...«, raunte sie verschwörerisch in meine Richtung, so dass ich ihrem zoomenden Blick ausweichen musste. Meine Abneigung wuchs.
»...Ich denke, dass Cesare ihnen zusagt, für den heutigen Abend?« Für Claudia gab es jetzt nur noch sie und mich. Na, und natürlich ihre rein rhetorische Frage, die klangvoll im Raum verhallte.
Cesare? Ob er mir zusagte? Mann, ich liebte Cesare!
Tatsächlich wäre es beinahe sogar dazu gekommen, dass ich für ihn gekocht hätte, doch dann... für einen kurzen, liebevollen Augenblick dachte ich an Luisa, meine 'Cesare-Verhinderin', und ein feines Lächeln entglitt mir.
»Ein großer Koch...«, bestätigte ich in Claudias Richtung, was sie wiederum mit einem huldvollen Nicken quittierte.
»Wir haben uns viel zu erzählen ...«,
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