Der Herzberuehrer
vorzustellen, und ich kam zu weniger schillernden Ergebnissen, als die unentwegt plappernde Claudia. Meine Geschwister sahen das sicher ähnlich, vermutete ich. Doch meine Blickkontakte zwischen ihnen gab keinen Aufschluss, wie sie das ganze Aufhebens dieses Abends werteten.
Rebecca zumindest lächelte entspannt in die Runde, nickte mir liebevoll zu, als ich versuchte, über mein Auge mit ihr zu kommunizieren und Lorenzo rutschte, ähnlich wie ich, leicht angenervt auf seinem Stuhl hin und her. Das war bei ihm auf formellen Zusammenkünften allerdings auch nicht anders zu erwarten.
Das Menü, das Cesare zubereitet hatte, entsprach hohem Standard, hatte aber wenig Überraschendes vorzuweisen. Irgendwie passte es perfekt zu diesem Abend. Amüsant wurde es für einen Moment, als Claudia Cabarese schließlich ihre Aufmerksamkeit auf Fabio lenkte.
»...Sagen sie... Fabio... richtig?« Fabio nickte ergeben, wohl ebenso gespannt, wie wir alle, was nun folgen möge. »...Sagen sie... Fabio...der dritte Bruder der Familie sind sie ja wohl nicht, wenn ich recht verstehe...?«
Ein weiteres Nicken folgte, sowie ein gespanntes Schweigen am ganzen Tisch.
»Ja, aber wie... wie gehören sie denn dann... zur Familie?«
Fabio lächelte sein charmantes Lückenlächeln und antwortete seelenruhig mit einem liebevollen Blick auf mich gerichtet. »Ich gehöre zu Luca. Mir geht es da genau wie ihnen. Ich treffe die Familie jetzt auch zum ersten Mal...«
»Ach... ja...«
Und das war es auch schon.
In dieser Hinsicht war mir Fabio weit voraus.
Irgendwann dann kam, wie es Usus ist, Cesare an unseren Tisch und als er meiner gewahr wurde, flammte der Abend noch einmal kurz zu Gunsten der Lauros auf. Denn der große Maître ließ es sich nicht nehmen, mich mit einer Umarmung zu begrüßen, die beinahe schon intimes Niveau erreichte.
»...Seine getrüffelte Wachholdersauce...«, schwärmte er unaufgefordert und ließ seinen Blick durch die staunende Runde wandern. »...Die habe ich noch hier vorne auf meiner Zungenspitze...« Dabei lächelte er, dass es für meine Seele die reinste Wonne war.
Ich lobte daraufhin meinerseits den Abend und wir verblieben dabei, uns doch mal zu einem fachlichen Austausch, einem Brainstorming unter Kollegen quasi, zusammenzusetzen, mit einem schönen Brunello oder so...
Claudia schwieg von da an.
Was ich als Sieg nach Punkten bewertete...
·
Den einzigen Nachwuchs an eine Familie abzutreten, deren Lebensinhalt vor allem darin bestand, andere zu bekochen, ihnen somit zu dienen, diese Tatsache musste Claudia Cabarese einige Nächte an Schlaf gekostet haben. So zumindest stellte ich es mir vor.
Doch Rebecca korrigierte mich.
»Ich bin nicht die Erste, die das durchmacht, Luca...«, versicherte sie mit ruhigem Lächeln.
Wir saßen noch zu dritt in der Küche am Fenster, an unserem kleinen hölzernen Personaltisch und tranken Roten. Alda war schon zu Bett gegangen. Es war dunkel um uns herum. Nur eine Kerze beschien unsere Gesichter und ließ die Schatten tanzen.
»...Sie kann ihn einfach nicht loslassen. Und da ist keine gut genug für ihn, verstehst du? Auch ich nicht... aber das ist nicht schlimm...«
Natürlich verstand ich, und plötzlich schämte ich mich sogar ein wenig, weil ich Claudia so rundweg abgelehnt hatte.
»...Übrigens, Fabio...?« Sie hob ihr Glas in seine Richtung. »Ich bin sehr froh, dass du mitgekommen bist. Ich möchte dir danken. Das war sicher nicht ganz leicht für dich...«
»Eine super Einleitung für morgen!«, sagte er nur, stieß mit ihr an, leerte sein Glas in einem Zug und stand auf. »...Aber ich muss jetzt wirklich ins Bett...«
Wir stimmten ihm zu, wünschten uns eine gute Nacht und verteilten uns kurz darauf auf unsere Zimmer.
Morgen dann, war es also soweit...
Il grande Giorno…
12.
Meine Mutter hatte sich verändert.
Ebenso wie mein Vater.
Es war, als wären die beiden eine Symbiose miteinander eingegangen, als gäbe es einen Pakt zwischen ihnen, der besagte, dass sich der Magenkrebs meiner Mutter in gleichen Teilen auch auf meinen Vater ausbreiten durfte.
Beide waren sie sehr schmal geworden und in beider Augen war das, was einmal wie Glut in ihnen gebrannt hatte, so gut wie erloschen.
Sie wirkten - verzehrt.
Ich stand da, mit hängenden Armen, auf meinem Innenhof, und die zwei standen mir gegenüber, ebenso unentschlossen wie ich, was nun zu tun sei.
Der Graben zwischen uns war unüberwindlich, so schien es, und diese Erkenntnis erfüllte mich
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