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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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welch ein Einschnitt Orlandos Infarkt für die anderen gewesen sein musste.
    »War Shiro auch mit dabei...?«, fragte ich aus einer plötzlichen Panik heraus, denn ich ahnte, wie sehr ihm solche Erlebnisse zusetzen konnten.
    »Nein...«, beruhigte sie mich. »...Er war für später eingeteilt. Er hat Orlando nicht einmal gesehen...«
    »Gut«
    »Soll ich ihn... mitnehmen? Schließlich ist das hier...«. Sie wies, ohne den Satz zu vollenden, durch die Scheibe in der Tür auf die neue Besetzung. Sie wusste um die mögliche Brisanz der Situation.
    »Ich werde ihn fragen...«
    Und damit war alles besprochen...
    ·
    Chip folgte den anderen nach Busalla.
    Shiro jedoch blieb.
    Und der Abend lief gut. Bedachte man die Umstände, so verlief er sogar sehr gut. Rosalia rutsche dann und wann, wie es ihre Art war, ein Scherz über die Lippen, was von allen dankbar mit einem befreienden Lachen quittiert wurde, und so normalisierte sich diese außergewöhnliche Situation schneller als erwartet.
    Nur einmal sorgte Fabio für Irritation, als er irgendwann einfach in die Küche kam, sich besorgt nach unserem Empfinden erkundigte und mir beim wieder rausgehen ganz mechanisch einen Kuss gab. Er hatte sich nichts dabei gedacht, war es doch eine ganz normale Geste, die zu unserem Alltag gehörte, jedoch nicht zu dieser Küchencrew.
    Und so spürte ich die Blicke in meinem Rücken, bildete sie mir zumindest ein, denn die Kommunikation verlief daraufhin spürbar holpriger, fand ich.
    Einen weiteren heiklen Moment galt es zu überstehen, als ich meinem Vater die Reduktion für sein Roastbeef unterschob. Verständlicherweise hatte er ein Problem damit, dass ich es einfach gewagt hatte, sein Rezept abzuändern. Der Gipfel war jedoch, dass ich nun von ihm erwartete, dass er diese Änderung auf meine Order hin eins zu eins umsetzte.
    Man hätte das Fallen einer Stecknadel hören können, so gespannt folgte die gesamte Crew dessen, was da zwischen uns geschah, denn sie konnten uns einschätzen.
    Sie wussten um das Ego meines Vaters, kannten es bis in die kleinste Nuance, so, wie sie in etwa eine Vorstellung davon hatten, was hier los sein würde, wenn er meinen Wünschen nicht entsprach. Ich kann bis heute nicht sagen, was mich dazu getrieben hatte, in dieser Situation meine Muskeln spielen zu lassen, aber ich tat es. Ihm musste es einer Demütigung gleichgekommen sein, doch - siehe da: Er fügte sich.
    Und wenn er das Ergebnis am Schluss auch nicht ausdrücklich lobte, so war ich mir doch sicher, dass er eingestehen musste: Meine Rote-Rüben-Merrettich-Barolo-Reduktion passte einfach gnadenlos gut zu seiner Kräuterkruste.
    Ansonsten fanden sich alle schnell zurecht. Da ich durch die 'Lauro-Schule' gegangen war, besaß meine Küche eine Struktur, die mit der in Fano durchaus zu vergleichen war. In einigen Bereichen hatte Chip ihr Veto als Chef de Cuisine eingelegt, doch im Großen und Ganzen...
    Und so konnten die Fanoeser überwiegend intuitiv arbeiten und mussten sich nicht mit Fragen oder Suchen aufhalten.
    ·
    »Harte Nuss für deinen Vater...«, bemerkte Rosalia irgendwann später, als wir draußen eine rauchten und Wasser tranken. »...In einer so schönen Küche zu arbeiten. In deiner Küche auch noch...« Und dann lächelte sie verschwörerisch, senkte ihre Stimmlage und fragte »Könnt ihr vielleicht noch jemand gebrauchen?« Sie grinste über ihr Glas hinweg, die Zigarette zwischen den Lippen. Ihre Frage mochte vielleicht taktlos wirken, dachte man an Orlandos Situation, aber ich war mir sicher, dass sie keinen Zusammenhang darin sah.
    »Es gefällt dir nicht mehr im D’Agosta?«
    »Ja was meinst du denn?« Sie wirkte ehrlich erstaunt. »...Antonio sehen wir vielleicht zweimal die Woche, für zwei, drei Stunden. Ansonsten hat Tomaso die Leitung übernommen und dann wäre da ja noch Giade...«. Sie sah abwartend in mein Auge. »Na?«
    »Verstehe...«, murmelte ich begreifend »Giade hat jetzt das Sagen im Restaurant...?«
    »So ist es!«
    »Mutter ist raus, und Rebecca... Mein Gott!"
    » So ist es!«
    Das Szenario, dass sich vor mir auftat ließ meinen Blick senken. Ich begriff mit einem Mal, dass es ihr bitterer Ernst mit ihrer Frage war. »Ich kann dir nicht... Chip ist der Chef. Sprich mit ihr. Ich will gerne dabei sein, doch sie ist der Boss.«
    Aber sie lächelte nur milde.
    »Lass mal, Kleiner. Ich kann doch Pietro und Gino nicht alleine lassen. Und mit Giade werde ich schon fertig. Ist eh nur eine Frage der Zeit, dass

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