Der Herzberuehrer
die...«
»Dass die was...?«. Ich war hellhörig geworden.
Aber Rosalina lächelte nur ihr mildes Lächeln und schüttelte entschieden den Kopf. »Ich bleibe in Fano, Luca...«
Mehr war aus ihr nicht herauszubekommen. So sehr ich es auch versuchte...
·
Das Essen wurde ein voller Erfolg.
Alleine schon deshalb, weil die Umstände es dazu machten.
Wo gab es das schon: Ein Hochzeitsessen, das spontan von den angereisten Gästen zubereitet wurde.
Als wir dann endlich einigermaßen geschafft und wieder umgezogen im Restaurant erschienen, empfingen uns Applaus und Standing Ovations, eine Reaktion, die gut tat, angesichts des Abends.
Also reihten wir uns dankbar vor der U-förmigen Tafel auf, blickten über unzählige Kerzenleuchter in äußerst zufriedene Gesichter und verbeugten uns, als hätten wir gerade die Vorstellung unseres Lebens abgeliefert.
Aber irgendwie hatte es ja auch was davon. Ein Stückweit zumindest.
Und als ich meine Hand in der meines Vaters spürte, als wir uns noch in der Verbeugung einen vorsichtigen, zaghaften Blick zuwarfen, da wurde mir eines schlagartig klar: Ich mochte ihn noch, den alten Despoten.
Es war das eingetreten, von dem ich niemals gedacht hätte, dass es jemals würde passieren können...
Als ich sein so vertrautes Gesicht erfasste, seine wachen braunen Augen, den tapferen Versuch eines Lächelns und die einsetzende Freude darüber, dass ich es erwiderte, da wurde es mir klar. Ich mochte ihn...
Ich spürte seine abgearbeiteten, furchigen Finger, die die meinen umschlossen und die unbewusst ihren Druck erhöhten, als er sich meiner Sympathie gewiss sein konnte. Da registrierte ich erstaunt eine Freude in mir selbst. Die Freude darüber, ihn mögen zu können, so komisch das auch klingen mag.
All dies geschah im Bruchteil von Sekunden, und es gesellte sich zu der eh schon vorhandenen Euphorie, die uns alle durch den Abend trug.
Jetzt konnte gefeiert werden...
13.
Sechs Stunden waren vergangen, seit der Verbeugung.
Noch vor sechs Stunden war ich überglücklich über dieses Fest gewesen, über die Empfindungen in mir.
Glücklich über die Entwicklung...
Das Gefühl vom Nachmittag hatte in mir geschwungen jenes, als ich mit Fabio vor unserem Spiegel gestanden hatte, seine Schönheit genießend als auch mein Leben, in diesem Moment.
In sechs Stunden kann alles passieren.
Theoretisch weiß man das.
Ein Zugunglück beispielsweise oder ein Flugzeugabsturz. Das geht rasend schnell. Kein Flugzeug stürzt sechs Stunden ab. Ertrinken dauert nur Minuten, ein Bein bricht man sich in Sekunden.
Sechs Stunden sind also eine lange Zeit, um etwas völlig umzukehren. Da gibt es viele Möglichkeiten.
Wir nutzten sie!
Doch zunächst einmal wurde gefeiert...
·
Die Musiker, die Sebastian organisiert hatte, verzauberten mit ihren einfachen, wunderbaren Melodien die Gesellschaft. Akkordeon, Geige und Kontrabass brachten die Luft zum Schwingen und mit ihr die Gäste.
Das 'U' der Tafel war zu Gunsten einer Tanzfläche in viele kleine Einzeltische aufgelöst worden. Unser Wein wurde geliebt, und selbst meine Mutter schien sich wohlzufühlen, ein untrügliches Stimmungsbarometer, seit jeher.
Den ganzen Abend über wurden ich und die anderen der Küchencrew auf unser 'Wunder' angesprochen. Dadurch spürte ich seit langem einmal wieder in mir, warum ich eigentlich machte, was ich tat.
Kochen war - Magie.
Es hatte etwas mit Zauberei zu tun, konnte Menschen verändern. Es konnte Stimmungen erzeugen, sie verwandeln, Emotionen wecken. Keine andere Tätigkeit war den Elementen, der Natur so nah wie das Kochen. Wir arbeiteten mit Hitze, mit Eis. Wir verwendeten Produkte aus den Tiefen der Erde, der Luft, dem Wasser oder welche, die zuvor geatmet hatten. Aus einem ungeborenen Huhn und einer Hand voll gemahlenem Weizen schufen wir so etwas grandioses wie - Pasta. Und gab man uns Wein, Zwiebeln, Möhren und Fleisch, so machten wir seit Generationen Menschen damit glücklich...
»Orlando ist stabil - Chip hat gerade angerufen...«
Beppo lächelte zuversichtlich, als er mich mit dieser beruhigenden Nachricht aus meinen Gedanken holte.
»Hat sie sonst noch was gesagt?«
»Nur, dass man morgen mehr weiß. Wie im Film halt, da sagen die das auch immer. Aber sie sind alle zusammen und kümmern sich um Sandra...«. Er klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. »So schlecht klingt das doch gar nicht...«
Da hatte er Recht. - stabil - war eine gute Nachricht. Ein stabiler Stuhl brach nicht
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