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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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sich nicht durch mich oder die Vorurteile der anderen beeinflussen. Er blieb freundlich bis gleichmütig, und bedachte sie mit derselben Offenheit und Aufmerksamkeit wie uns alle.
    Zwei Dinge brannten mir nach der Abreise der Gäste auf der Seele. Zum einen wollte ich nach Busalla, um nach Orlando zu sehen, zum anderen zog es mich zu Daniele. Ich hatte lange nichts von ihm gehört und machte mir so meine Gedanken.
    Aber Orlando ging vor.
    »Kann ich dich begleiten?«, fragte Matteo später unter drei Augen, nachdem ich mein Vorhaben verkündet hatte. Sein Wunsch überraschte mich nicht. Die beiden hatten sich in den vergangenen Wochen angefreundet.
    »Gerne...«
    »Dann muss ich auch diese Frau nicht ertragen...«
    »Verstehe...«
    Wir starteten nach einer delikaten Portion Enten-Lasagne, die Shiro für uns alle zubereitet hatte. Es war ein frischer, aber kein kalter Tag, einer, wie ich ihn liebte. Überhaupt gefiel mir der Winter in den Bergen. Er war irgendwie konkreter, fassbarer als der klamme, graue an der Küste. Meinem Großvater schien es ähnlich zu gehen.
    »Du hast es gut getroffen...«, schrie Matteo gegen den Motor an. Ich hatte mich für den Transporter entschieden, da er bei meinem Spider ja Probleme mit dem Ein- und Aussteigen hatte.
    »Es gefällt dir bei uns...?«
    Der Alte nickte.
    »Du würdest gerne bleiben...«
    »War das jetzt eine Frage, oder eine Feststellung, Kleiner...?«
    Ich lächelte über den Diesellärm hinweg. »...Von beidem ein bisschen vielleicht...«
    »Es ist immer noch besser, einen alten Baum zu verpflanzen als ihm die Wurzeln zu kappen und am Wasser zu sparen.«
    »Verstehe...«
    »...Ist aber nur ein Grund...«
    Ich verkniff mir ein Nachhaken, denn sein Gesicht hatte sich dem Seitenfenster zugewandt, was mir zeigte, dass es nicht der richtige Zeitpunkt für ein Gespräch dieser Art war. Ich musste mich also in Geduld üben. So gut kannte ich den alten Mann. Und so erreichten wir schließlich, jeder in seine Gedanken versunken, Busalla.
    Busalla selbst ist eine eher gewöhnliche Schönheit, besticht aber durch seine Tal-Lage und einen Fluss, den Scrivia, der die Stadt in zwei Teile trennt. Das machte sie auf ihre Weise dann doch irgendwie interessant und unverwechselbar.
    Die Klinik, in der Orlando behandelt wurde, befand sich auf der linken Flussseite, an der via Romana. Ein schmuckloser grauverputzter Zweckbau, an einer ebenso schmucklosen, grauen Ausfallstraße Richtung Genova.
    Orlando befand sich auf Station sieben, wo er sich sichtlich wohlzufühlen schien. Den Eindruck vermittelte er zumindest, als wir sein Zimmer betraten.
    Seine Hochstimmung verdankte er vor allem der Tatsache, dass er erst zwei Stunden zuvor von der Intensiv- auf eine normale Station verlegt worden war.
    Zurück im Leben hieß das für ihn und genau diesen Einruck vermittelte er auch.
    »Wie ist die Hochzeit verlaufen...?« Es war mit eine seiner ersten Fragen, die er uns stellte, also berichteten wir ihm von der ungewöhnlichen Lösung, die wir dank Matteo gefunden hatten »Ich habe mir im Nachhinein solche Vorwürfe gemacht...«, verkündete er sichtlich erleichtert. Wir versicherten ihm, dass das völliger Quatsch sei und wir es nur seiner umsichtigen Vorbereitungen zu verdanken hatten, dass alles so reibungslos über die Bühne gegangen war.
    »Und? War es denn ein schönes Fest...?«
    Wir bestätigten mit synchronem Nicken, dass ebendies der Fall gewesen sei.
    »...Siehst du, Luca, die Familie ist es doch, auf die es ankommt... nicht wahr?...«, dozierte Orlando, sich behaglich in die Kissen zurücklegend. »...Wie schön, dass alles so gut verlaufen ist...«
    Sieben Tage müsse er noch in der Klinik verbringen, danach sei eine Reha angedacht und dann, ja dann, sei er vitaler denn je. Er freue sich schon wieder auf seine Aufgaben.
    Wir sagten erst einmal nichts dazu, beließen es dabei und verabschiedeten uns denn auch recht bald, um ihm die Ruhe zu ermöglichen, die er brauchte.
    »Mit der Einstellung schafft er es...«, prophezeite Matteo später bei einem Caffè im Ortskern von Busalla. »...So viele geben danach auf. Dann wird das auch nichts mehr mit denen. Aber die, die sich durchbeißen, wie Orlando...«
    Ich hoffte, er möge Recht behalten mit dieser Einschätzung.
    »...Was ist der andere Grund, Matteo...?«
    Er verstand sofort was ich meinte. Das sah ich daran, wie er meinem Blick zunächst auswich, ihn dann aber doch wieder suchte, zögerlich.
    Mit einer Handbewegung orderte er einen

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