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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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Gestelze einfach nicht ertrage. Darum, Giade, könntest du nicht... dachte ich, und hörte mich sagen: »Wenn es sich um ein paar Tage handelt, in Ordnung«.
    Und als ob das nicht genügt hätte, stellte ich auf einmal ernüchtert fest, dass meine Müdigkeit wie verflogen war. Ich fühlte mich hellwach. An Schlaf war nun nicht mehr zu denken... danke auch... vielen Dank!
    ·
    »...will er nicht?«
    »Genau! Vorerst möchte er es noch behalten. Bis er sich im Klaren darüber ist, wohin seine Reise geht ...«
    Wenn ich schon nicht schlafen konnte, dann sprach auch nichts dagegen, die Zeit sinnvoll zu nutzen und unerledigte Dinge zu Ende zu bringen. Der Anruf bei Jack war so etwas. Also lag ich auf meinem Bett, sah durch die halb geschlossenen Fensterläden in den wolkenverhangenen Himmel und gab meinen Lagebericht ab.
    »Tja, das ist jetzt allerdings nicht die Antwort, die ich hören wollte...«
    »Tja, dann geht es dir wie mir. Ich höre hier ständig Antworten, die ich nicht hören will. Ich antworte sogar mit Antworten, die ich nicht hören will, wie findest du das?«
    »...Traurig...«
    »Du sagst es! Aber es ist ja noch keine Entscheidung. Keine endgültige zumindest...«
    »...Und du siehst keine Möglichkeit, da vielleicht ein wenig lenkend einzugreifen?«
    »Jack! Was ist los mit dir? Was soll das?« Sein Ansinnen irritierte mich. Und es gefiel mir nicht. »Ich habe Shiro gefragt, und jetzt kennst du seine Antwort. Hab einfach Geduld...«
    »Nicht gerade eine meiner Stärken, Pinselstrich. Ist wider meiner Natur, wie du dir vielleicht denken kannst...?«
    »Sieh`s mal so: Wenn er verkauft, dann mit Sicherheit an dich.«
    »So gesehen...« Er schien nachzudenken. »...Neues Kapitel. Wie wär’s mit einem Treffen. Die Gläser klingen lassen, feinen Zeiten frönen, so in der Art...?«
    »Gedankenübertragung... Wann passt es dir?«
    »Morgen, am Abend? Raoul schwingt die Töpfe. Was sagst du nun?«
    »Dass ich gespannt bin. Freue mich...«
    Ein komisches Gefühl blieb, nachdem ich aufgelegt hatte. Telefonate mit Jack verliefen in der Regel anders, weniger griffig.
    Dieses Gespräch hingegen... Ich konnte mir nicht erklären, was es war.
    Aber irgendetwas war anders...
    ·
    »Weißt du, Giade ist gar nicht so übel...«
    Ich hatte Anna gegen Nachmittag vorgeschlagen, einen Spaziergang mit mir zu machen. Nur wir beide. Irgendwie war es an der Zeit, dass wir uns mal aussprachen.
    Meine Wahl fiel auf einen geschützten Waldweg, der zunächst etwas ins Tal hinab, dann aber völlig eben, Richtung Osten führte. Jetzt, im Spätherbst, lag der Reiz darin, dass das Lichtspiel durch die blattfreien Bäume malerische Bilder auf den Waldboden zeichnete. Dort, wo sonst flockiges Moos und dichtes Gestrüpp den Weg säumten, schmückte ihn nun ein goldbraunes Laubbett. Und ganz genauso duftete es auch. Nach erdiger Würze.
    »...Giade... Sie war eigentlich immer für mich da, wenn ich mal jemanden gebraucht habe, in den letzten Monaten.«
    »Und Mutter...?«
    Anna wich meinem Blick aus und sah schuldbewusst zu Boden.
    »Sie ist zu düster, stimmt’s?«
    Ich sah an ihren Augen, dass ich Recht hatte, und tatsächlich folgte ein vorsichtiges Nicken. »Irgendwie schon. Aber ich müsste mich auch mehr um sie kümmern...«
    »Nein, Anna. Das stimmt nicht. Das ist nicht deine Aufgabe. Und das erwartet sie auch nicht von dir, oder?«
    Wieder ein Kopfschütteln. »Nein, sie sagt nichts. Aber da ist eben Giade. Und die ist fröhlich, und sie versteht mich. Und wenn ich Rat brauche, ist sie für mich da...«
    »Und Rebecca?«
    »...Mutter und Sebastian. Damit ist sie voll ausgelastet. Na ja, in der letzten Zeit nur Sebastian... Außerdem wohnt sie ja nicht mehr bei uns, also sehe ich sie auch nur selten.« Sie hatte sich einen Stock aus dem Laub gefischt und zog schlingernde Linien durch die Blätter vor sich.
    »Ich weiß, dass es kaum jemanden von euch gibt, der sie mag und sie kann auch extrem nerven, das weiß ich. Sie hat ihre Launen, das stimmt. Aber ich wüsste nicht, was ich machen würde, wenn sie nicht da wäre...«
    Mit einem Mal hatte ich ein Bild vor Augen. Ich sah das D’Agosta vor mir, düster, fein, nach guter Küche duftend. Die überkopf gekippten Stühle auf den Tischen. Den Berg vorbereiteter Kerzenleuchter, die es am Abend tatsächlich schafften, dem kühlen, dunklen Speiseraum eine heimelige Atmosphäre zu verleihen, aber auch nur dann.
    Ich sah den Stapel mit den Speisekarten, in tiefblauem Leinen, der direkt

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