Der Herzensbrecher
Schulter wie ein bleischweres Gewicht, das seine Eigentumsrechte bekundete. Dann entließ er die beiden Männer und nahm ihr gegenüber Platz.
Die Speisen sahen verlockend aus - Rehkoteletts in Pilzsauce, Fasanenkasserolle mit sautiertem Wurzelgemüse, Kartoffelgratin und grüne Erbsen. Zum Nachtisch gab es eisgekühlten Vanillepudding mit Apfelkompott und französischen Kaffee.
Eigentlich hätte Heather hungrig sein müssen, nachdem sie beim Hochzeitsfrühstück kaum einen Bissen hinuntergewürgt hatte. Aber sie stocherte lustlos mit ihrer Gabel auf dem Teller herum, voller Angst vor der Nacht. Auch ihre Differenzen mit Sloan bedrückten sie.
Von der ersten Begegnung an hatte diese Ehe unter einem schlechten Stern gestanden, und daran schien sich nichts, zu ändern, während sie sich besser kennenlernten.
Beklommen schaute sie zu dem breiten, von roten Vorhängen verhüllten Bett hinüber, was Sloan nicht entging. Nach einem letzten Schluck Kaffee legte er seine Serviette beiseite und stand auf. »Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest ...«
»Wohin gehst du?«
»Ins Raucherabteil. Da pokern ein paar Gentlemen.«
Wie ihre bestürzte Miene verriet, erinnerte sie sich an die Spielschulden ihres Vaters. »Vielleicht gewinne ich einen Teil der Summe, die ich Randolf gezahlt habe«, fügte er hinzu. »Inzwischen kannst du deinen Roman lesen. Du wirst mich wohl kaum vermissen.«
»Kommst du zurück?«
»Glaubst du womöglich, ich würde dich sitzenlassen?«
»Ist dieser Gedanke so abwegig?«
»Meine Liebe, ich bin ein Ehrenmann. Niemals würde ich meiner Frau davonlaufen.«
Verlegen senkte sie den Blick. »Aber - wie sieht es aus, wenn ...«
»Wenn meine Gemahlin in der Hochzeitsnacht allein in ihrem Luxuswaggon sitzt? Wer weiß denn, dass wir frisch verheiratet sind?«
»Keine Ahnung - ich dachte nur ...«
»Dass wir die Ehe vollziehen sollten?«
Brennend stieg ihr das Blut in die Wangen. »Das ist doch üblich, oder?«
Sloan unterdrückte einen Fluch. Von Gewissensqualen geplagt, die seiner verstorbenen Frau galten, hatte er gehofft, er könnte dem Ehebett in dieser Nacht entrinnen und warten, bis sie sich an die beunruhigende Situation gewöhnen würden.
Aber vielleicht sollten sie's möglichst schnell hinter sich bringen. Irgendwie musste er Heather über ihre unverhohlene Angst hinweghelfen. Sie sah aus, als erwartete sie, er würde sie an einen Bettpfosten fesseln und vergewaltigen.
Verdammt, er fühlte sich genauso unbehaglich wie sie, was sie gewiss nicht glauben würde.
Diese vornehme Dame, die französische Bücher las, war ihm völlig fremd. Kein Vergleich mit seiner geliebten Doe ... Andererseits - Heather übte eine wachsende, unerwünschte Anziehungskraft auf ihn aus.
Wie auch immer, es wäre eine grausame Demütigung, wenn er sie in der Hochzeitsnacht allein ließe. Es würde ihn auch keine allzu große Überwindung kosten, mit ihr zu schlafen.
Aber er fürchtete, dem Reiz ihrer kühlen Schönheit zu verfallen, obwohl er der Erinnerung an seine tote Frau treu bleiben wollte. Sein Verlangen nach Heather erschien ihm wie ein Betrug. Und doch - wenn er an jenen betörenden Kuss dachte, floss das Blut schneller durch seine Adern.
Wütend über die verräterische Schwäche seines Körpers, lehnte er sich an die Tür und verschränkte die Arme vor der Brust. »Soll ich hierbleiben?«
»Falls du unsere Ehe nicht vollziehen möchtest ...«
»Jetzt spielen meine Wünsche keine Rolle mehr. Weißt du, was auf dich zukommt?«
»Nicht - genau.«
Ihre Unerfahrenheit schien ihn nicht zu überraschen. Dank ihrer Freundin Winnie konnte sie sich wenigstens einigermaßen vorstellen, was von ihr erwartet wurde. Trotzdem hatte sie sich noch nie so verletzlich gefühlt. Durfte sie hoffen, dieser hartgesottene, kaltschnäuzige Fremde würde Mitleid und Verständnis für ihre Nervosität aufbringen?
»Zumindest weiß ich, was beim Liebesakt geschieht«, fügte sie tapfer hinzu.
»Hast du das in einem Buch gelesen?«
»Nein, Winnie hat's mir erklärt.«
»Tatsächlich?« Sloan hob seine goldbraunen Brauen. »Und was hat sie erzählt?«
»Ich sollte dir vertrauen, und du würdest das Richtige tun. Beim ersten Mal würde ich Schmerzen verspüren. Aber wenn du ein rücksichtsvoller Liebhaber wärst, könnte ich schon bald Freude empfinden.«
»Sonst hat sie nichts gesagt?«
Die Röte in Heathers
Weitere Kostenlose Bücher