Der Herzensbrecher
Zimmer.
Heather blieb reglos liegen und redete sich ein, ihr Herzenskummer sei unbegründet. Gewiss, Sloan hatte sie gekränkt - aber nur, weil er sich selbst zutiefst verletzt fühlte. Nun war die schwache Hoffnung entschwunden, sie würden einander näherkommen. Zitternd richtete sie sich auf und schaute in die Flammen. Sie musste seiner Verbitterung und leidvollen Vergangenheit Zugeständnisse machen. Doch das fiel ihr nicht leicht. Trotz der Wärme erschauerte sie und schlang ihre Arme um die Knie.
Das Grab, mit aufgehäuften Steinen bedeckt, war unter einer dicken Schneeschicht verschüttet. Trotzdem lenkte Sloan sein kastanienbraunes Pferd in ersten Tageslicht zu der hohen Fichte. In der klaren Luft hingen die Atemwolken des Wallachs, der sich mühsam durch die Schneewehen kämpfte. Der nächtliche Blizzard hatte bittere Kälte zurückgelassen. Am eisblauen Himmel stieg die Sonne empor, und die grellen Strahlen, von weißen Hängen reflektiert, stachen schmerzhaft in Sloans Augen.
Zu dieser versteckten, von Espen umgebenen Lichtung hatte Doe ihn am Hochzeitstag geführt. Im Sommer würden blaue Akeleien die Wiese übersäen, im Herbst würde das Espenlaub in feurigem Gold leuchten. Hier hatten sie sich zum ersten Mal geliebt. Und jetzt lag Doe in dieser Erde begraben.
Er zügelte das Pferd und stieg ab. Behutsam wischte er den Schnee vom Granit des Grabsteins und las die Inschrift: »Hier ruht Sleeping Doe, S. McCords geliebte Frau.«
Sloan nahm seinen Hut ab und senkte den Kopf. Dann schloss er die Augen und versuchte, sich an Does Lächeln zu erinnern. Jenes scheue Lächeln hatte sein Herz sofort erobert. Süß und sanft und verheißungsvoll ...
Aber so sehr er sich auch bemühte, er konnte sich ihr Lächeln nicht vorstellen und sah nur ihr schmerzverzerrtes Gesicht, das Blut, das den Schusswunden entströmte.
Plötzlich glaubte er, die schrecklichen Ereignisse noch einmal zu erleben - so intensiv, als wären sie erst gestern geschehen.
Die letzten Augenblicke in Does Leben, die Atemzüge, die allmählich verebbten, das wilde Schluchzen, das ihn erschütterte, während er ihre reglose Gestalt an sich presste ...
An jenem Tag war seine Seele in einem schwarzen Abgrund versunken und nie mehr aufgetaucht.
Verzweifelt wandte er sich vom Grabstein ab. Würden ihn die qualvollen Erinnerungen niemals loslassen? Die Schuldgefühle, die ihn Tag und Nacht verfolgten?
Sein Blick wanderte zum Felsenhang oberhalb der Lichtung. Diese Berge, die Ranch, die Rinder und Pferde - dies alles hatte seine Tage völlig ausgefüllt, bevor er Doe begegnet war. Nie hätte er gedacht, eine Frau könnte ihm jemals mehr bedeuten als sein Erbe - als sein Leben.
Wie gern wäre er an ihrer Stelle gestorben ... Statt dessen musste er mit der bitteren Gewissheit leben, dass er die Schuld an Does Tod trug. Wäre er nicht so eifrig bestrebt gewesen, seine Herde und sein Land zu schützen, die Fehde unerbittlich fortzusetzen ...
Um sich zu rächen, hatten sich seine Feinde auf Doe gestürzt. Als sie in ihrem Wagen von Greenbriar zur Ranch zurückfuhr, erschossen sie das Gespann. Tapfer wehrte sie sich. Aber nachdem sie ihre Gewehre leer geschossen hatten, fielen Adam Kingsly und seine Spießgesellen wie ein Rudel hungriger Wölfe über sie her.
Sloan fand sie kurz danach und konnte sie nicht mehr retten.
Wie Doc Farley ihm später erklärte, wäre sie am Blutverlust infolge der brutalen Vergewaltigung gestorben, hätten die Schusswunden ihren Tod nicht schon früher bewirkt.
Zielstrebig und kaltblütig spürte Sloan jeden einzelnen der sieben Männer auf und hörte sie um Gnade winseln. Affe hatten einen schnelleren, barmherzigeren Tod gefunden als seine Frau.
Aber er konnte Doe nicht wieder zum Leben erwecken.
Eine Zeitlang überließ er sich den qualvollen Erinnerungen. Dann wandte er sich wieder zum Grabstein. »Doe, ich muss dir etwas erzählen«, flüsterte er. »Ich habe wieder geheiratet. Eine fremde Frau aus dem Osten, die mir nichts bedeutet. Nur Janna zuliebe habe ich sie ins Haus geholt. Unsere Tochter braucht jemanden, der sie betreut und erzieht. Sicher wäre das auch dein Wunsch. Natürlich wird sie deinen Platz niemals einnehmen. Ich betrachte sie nicht als meine Frau, auch nicht als Herrin der Bar M. Verdammt, sie hat keine Ahnung, wie's auf einer Ranch zugeht. Noch nie hat sie Tierhäute gegerbt oder Rinderherden durch einen Schneesturm getrieben.
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