Der Herzensbrecher
belasten. Und angesichts der schlechten Marktlage ...«
Deutlicher konnte er sich nicht ausdrücken. Mit jenem Geld hatte er ihre Schulden bezahlt. »0 Sloan, es tut mir so leid.«
»Jetzt kann man‘s nicht mehr ändern.« Er zuckte die Achseln und beugte sich wieder über seine Rechnungsbücher.
Unglücklich beobachtete sie ihn. Hätte er sie nicht geheiratet, wäre er jetzt nicht so hoch verschuldet. Wie sollte sie ihm helfen? Es drängte sie, Freud und Leid mit ihm zu teilen, wie in einer richtigen, Ehe. Doch seine Erinnerung an Does tragischen Tod versperrte ihr den Weg zu seinem Herzen. Immerhin - soeben hatte er ihr einen Teil seiner Probleme anvertraut, und sie schöpfte neue Hoffnung.
Am nächsten Tag stritten sie zum ersten Mal wegen seiner Tochter. Vernon Whitfield, der Schullehrer von Greenbriar, hatte Heather im Laufe des Nachmittags besucht, ein attraktiver, gebildeter Junggeselle mit dunkelbraunen Locken, der aus Chicago stammte.
Beim Tee unterhielten sie sich eine Zeitlang über ihre Lieblingsschriftsteller, bevor Heather ein Thema anschnitt, das ihr besonders wichtig war. Jannas Ausbildung.
Während Vernon in seinem Buggy davonfuhr, kehrte Sloan von der Weide zurück, viel früher als sonst, und betrat die Küche.
»Was wollte Whitfield von dir?« fragte er missbilligend.
»Er hieß mich in der Gemeinde willkommen«, erwiderte Heather, die gerade einen Biskuitteig fürs Dinner knetete. Klugerweise verschwieg sie, dass sie nach der langen Einsamkeit endlich eine verwandte Seele gefunden hatte. »Ich habe mich sehr gefreut, ihn kennenzulernen. Vor allem, weil wir Jannas Ausbildung besprechen konnten ...«
»Was heißt das?«
»In ein paar Jahren wird sie zur Schule gehen. Ich möchte das SchuIhaus mit ihr besuchen, damit sie die Kinder trifft, und ...«
»Moment mal, wir haben vereinbart, dass du sie unterrichten wirst.«
»Gewiss, in den ersten Jahren. Aber Vernon ist ebenso wie ich der Meinung, es wäre vorteilhafter ...«
»Tatsächlich? Nur um irgendwelchen Missverständnissen vorzubeugen - niemand erklärt mir, was für meine Tochter gut oder schlecht ist, am allerwenigsten ein Bücherwurm, der ein Gewehr nicht von einem Revolver unterscheiden kann.«
Geduldig versuchte sie, seinen Zorn zu ignorieren. »Bevor du seinen Rat verschmähst, solltest du ein bisschen nachdenken. Janna soll von der weißen Bevölkerung akzeptiert werden, nicht wahr? Deshalb muss sie in der Welt dieser Menschen aufwachsen und lernen, mit weißen Kindern umzugehen. Jetzt ist sie noch ein Baby. Aber je früher sie sich der Umgebung anpasst, in der sie einmal leben wird, desto besser. Und wenn ich ab und zu mit ihr in die Schule gehe, werden sich auch die anderen Kinder an sie gewöhnen.«
In diesem Augenblick streckte Janna, die auf einer Decke am Boden spielte, eine Hand nach Heather aus. »Ma-ma - Mama ... Essen ...«
»Du bist nicht ihre Ma«, betonte Sloan mit eisiger Stimme.
»Natürlich nicht, und ich habe sie auch nicht veranlasst, mich so anzureden. Aber sie hat gehört, wie Ryan seine Mutter nennt.«
»Sie darf nicht >Mama< zu dir sagen!« stieß Sloan hervor.
»Würdest du bitte in Jannas Gegenwart etwas leiser sprechen? Du jagst ihr Angst ein.«
Als er sich zu seiner Tochter wandte, sah er Tränen in ihren Augen. Sofort eilte er zu ihr und hob sie hoch.
»Tut mir leid, Schätzchen, ich wollte dich nicht erschrecken«, beteuerte er und hauchte zärtliche Küsse auf ihre Wangen, bis sie fröhlich zu glucksen begann. Dann drehte er sich zu Heather um. »Sie soll dich nicht >Mama< nennen. Ist das klar?«
»Völlig«, entgegnete sie honigsüß. »Und nun will ich dir was klarmachen. Obwohl ich deine Frau bin, lasse ich mich nicht von dir tyrannisieren, Sloan McCord.«
Er starrte sie an, schien das Ausmaß ihres rebellischen Temperaments abzuschätzen und wechselte das Thema. »Zunächst wirst du sie unterrichten - nicht Whitfield.«
»Gewiss, und ich werde ihr die Manieren beibringen, die sie von ihrem unzivilisierten, ungehobelten Vater niemals lernen wird.«
Ausdruckslos erwiderte er ihren Blick und schwieg.
»Sei versichert, ich werde meine Pflichten nicht vernachlässigen«, fuhr sie fort. »Jannas Wohl ist meine einzige Sorge, und ich will ihr eine möglichst gute Ausbildung ermöglichen. Aber vorerst müssen wir keinen Entschluß fassen. Wir haben noch genug Zeit, um ihre Zukunft zu erörtern und zu
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