Der Herzog und seine geliebte Feindin
„Es ist einfach nur so. Ich habe es zufällig gesehen und wollte, dass du es bekommst.“
Wie die Rubine, die er ihr geschenkt hatte, die nun in einer Schachtel darauf warteten, wieder hervorgeholt und angelegt zu werden.
„Es ist schwer“, bemerkte er und betastete die Kanten. „Ein Buch? Ein Atlas?“
„Ich werde es dir nicht vorher verraten“, erklärte sie. „Du wirst es öffnen und selbst herausfinden müssen.“
Er zog an dem Zwirn, und als die Schleife aufging, ließ er die Schnur fallen. Das Papier knisterte, als er es auffaltete.
Das Buch hatte einen cremefarbenen Ledereinband und war mit Prägedruck zurückhaltend gemustert. Vorne stand kein Buchtitel darauf und, als er es drehte, auch nicht auf dem Buchrücken. Sie hielt den Atem an, als er das Buch aufschlug und die ersten Seiten umblätterte.
Dieses Buch entstammte keiner Druckpresse. Es war liebevoll und perfekt von Hand illustriert. Sie glaubte, die Zeichnungen seien mit Wasserfarben gemalt, aber wenn sie das waren, waren sie erstaunlich lebhaft. Mehrere Lagen Farbe übereinander aufgetragen, bis das Rot so leuchtend war wie das sich verfärbende Herbstlaub und das Blau so strahlend wie der Sommerhimmel. Das erste Bild – ein großes A – stand auf der Spitze eines Hügels. Der Buchstabe selbst bestand aus lauter kleineren Bildern. Ein Apfelbaum, der sich im Wind bog, bildete die eine Seite des Buchstabens. Auf dem höchsten Ast stand ein Adler, der seine Flügel im Wind ausbreitete. Eine Antilope reckte sich, um an einen Apfel heranzukommen, und ihr Hals war die andere Seite des A. Ein Ameisenhaufen befand sich genau unter dem Baum, und die Ameisen umschwärmten eine Aprikose. Das ganze Bild setzte sich aus lauter Sachen zusammen, die mit einem A begannen.
Er starrte darauf, bis er auf die Seite mit dem B umblätterte – Bienen, Buchen und Butterblumen. „Du hast mir eine Lesefibel gekauft?“ Er wirkte verblüfft.
„Ich dachte …“ Sie schluckte. „Du hast gesagt, du wolltest eine Menge Kinder. Ich dachte, ich schenke dir eine Lesefibel, in der keine Worte gedruckt sind. Auf diese Weise kannst du dir alles Mögliche für jeden Buchstaben aussuchen oder ausdenken. Und es wäre nie falsch.“
Er blickte auf die Seiten. Er berührte sie am Rand, und sie fragte sich, ob er über das M nachdachte – das tatsächlich beides aufwies, eine Maus und eine Mutter, die ihr Kind im Mondschein an der Hand hielt, während Maikäfer um einen Maulbeerbaum schwärmten. Aber er schlug die Fibel nicht an diesem Buchstaben auf, sondern drehte sich zu ihr um, schaute sie an.
„Du hast das hier für mich besorgt“, sagte er.
Sie nickte.
„Weil …“
„Weil ich an dich gedacht habe.“
Er stand auf. Sie konnte in seiner Miene nichts lesen.
Aber dann legte er ihr die Hand auf die Schultern, und als sie zu ihm aufschaute, küsste er sie. Er küsste sie ohne Raffinesse, ohne Sanftheit. Er küsste sie mit all den Gefühlen, die er nicht mehr gezeigt hatte, seit er durch die Tür hereingekommen war – wild und leidenschaftlich, als sei er nach einer Abwesenheit von zehn Jahren heimgekehrt und müsse sie an alles erinnern, was geschehen war. Er schlang seine Arme um sie, so eng und fest wie Ketten. Er war sengende Hitze. Kuss folgte auf Kuss folgte auf Kuss, und er erlaubte es ihr kaum, Luft zu holen. Er zog sie an sich, so fest, dass sie es kaum merkte, als er sie anhob und vor sich auf den Tisch setzte. Er gab ihren Mund lang genug frei, um sie auf Kinn und Hals zu küssen, und überall dort, wo seine Lippen gewesen waren, hinterließ er kleine Wonneherde. Er hörte nicht auf, glitt mit seinen Küssen immer weiter abwärts – bis er die Knöpfe ihres Nachthemdes öffnete, gerade weit genug, um es ihr über die Brüste nach unten zu ziehen.
Dann schloss sich sein Mund um eine Brustspitze, und sie überließ sich ihm. Es gab nichts als die Hitze seiner Zunge auf ihr, seine Hände auf ihren Hüften. Er drückte sie nach hinten, bis ihr Rücken die Tischplatte berührte.
„Gott, Minnie“, hauchte er. „Was werde ich nur ohne dich tun?“
„Warum solltest du das wissen wollen? Ich gehe nirgendwohin.“
Er schien sie gar nicht zu hören. Er ließ sie lange genug los, um seine Hose aufzuknöpfen und sie dann an den Handgelenken zu packen. Aber er schaute ihr nicht in die Augen.
„Ich bin hier“, sagte sie. „Du musst mich nicht festhalten. Ich gehe nirgendwohin.“
Er ließ sie nicht los. Stattdessen gab er einen Laut wie ein Grollen
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